Hamburg. Bezirk und Bauunternehmen stellen sich der Kritik der Groß Borsteler. Am alten Güterbahnhof sollen 750 Wohnungen entstehen.
Regelrecht überlaufen war der kleine Saal der beschaulichen St. Peter-Gemeinde in Groß Borstel am Mittwoch: Rund hundert Anwohner kamen, um sich über die Großsiedlung zu informieren, die in ihrer Nachbarschaft entstehen soll. Unter ihnen ist das Bauvorhaben „Tarpenbeker Ufer“ auf dem brachliegenden alten Güterbahnhof weiter umstritten. „Alles in allem war es aber ein sehr erfolgreicher Abend“, relativiert Harald Rösler, Leiter des Bezirksamtes Nord. Man habe nun ein Begleitgremium gegründet, das den Bürgern eine Beteiligung an dem Bauprojekt ermöglichen soll.
Bewohner sollen einander „nicht kritisch beäugen“
750 Wohnungen, davon etwa ein Drittel gefördert, samt Parkanlage und Kita plant das Bauunternehmen Otto Wulff auf dem seit Jahren brach liegenden Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Lokstedt unweit des Nedderfelds. Viele Anwohner befürchten einen drohenden Verkehrskollaps. In den vergangenen Jahren hatte das umstrittene Bauvorhaben immer wieder Menschenmassen in die planenden Ausschüsse der Bezirksversammlung gezogen. Anwohner versuchten bis zuletzt, das Projekt zu verhindern.
Seit Februar liegt Baurecht vor. In der vergangenen Woche hat das Bauunternehmen damit begonnen, die Sackgasse Kellerbleek - die bisher einzige Zufahrt zu dem abgeschiedenen Areal - tiefer zu legen und für folgende Bauarbeiten zu erneuern. Die Arbeiten am Hochbau sollen planmäßig im Herbst 2016 starten.
„Nun geht es darum, die Bürger konkret in die Planungen miteinzubeziehen, damit sich die neuen Bewohner der Siedlung und die alteingesessenen Einwohner des Stadtteils nicht am Ende kritisch beäugen“, sagt Rösler. Gemeinsam mit dem Bauunternehmer Stefan Wulff hatte er die Anwohner zu dem Infoabend eingeladen und sie dort über die Pläne für das 120.000 Quadratmeter große Gelände informiert.
„Eine Buslinie reicht schon jetzt nicht mehr“
Kritische Fragen von Seiten der Anwohner bezogen sich an dem Abend vorrangig auf die Parkplatzsituation und auf die schlechte Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr. „Auch wir sehen bei diesen Themen noch großen Bedarf“, sagt Rösler und wird konkreter. „Eine einzige Buslinie in Groß Borstel reicht schon jetzt nicht mehr aus. Das wird mit der Entstehung des neuen Quartiers dringender.“ Die Buslinie 5 am Nedderfeld ist die einzige Anbindung an die Innenstadt in Reichweite des alten Güterbahnhofs. Konkrete Pläne, um diese Situation zu verbessern lägen aber noch nicht vor. Man wolle diesbezüglich nun Ideen sammeln.
Dazu haben Bezirk und Bauunternehmen einvernehmlich ein so genanntes Begleitgremium eingerichtet. Dieses setze sich aus Vertretern des Kommunalvereins, der aus langjährigen Bewohnern Groß Borstels besteht, der Kirchengemeinde, der Grundschule, Lokalpolitikern, der Stadtteilkonferenz, Vertretern des Bezirks und des Bauunternehmens zusammen.
„Letztlich haben alle verstanden, dass es an dem Bauprojekt nichts zu rütteln gibt“, sagt Bezirksamtsleiter Rösler überzeugt. „Und viele haben auch schon gefragt, wo sie sich denn für die neuen Wohnungen bewerben können.“