Nach der Umbenennung der Hindenburgstraße in Otto-Wels Straße gingen zahlreiche Hinweise auf weitere problematische Straßennamen ein. Die Grünen fordern jetzt ein hamburgweites Konzept zur Überprüfung.

Hamburg. Die Bezirksversammlung Nord fordert vom Hamburger Senat ein stadtweites Konzept für den Umgang mit Straßen, die nach mit dem Nationalsozialmus in Verbindung stehenden Personen benannt sind. Hintergrund ist eine Häufung entsprechender Fälle im Bezirk. Prominentestes Beispiel ist die Hindenburgstraße, die nach monatelangen Diskussionen im vergangenen Herbst in Otto-Wels-Straße umbenannt wurde. Mit der Umbenennung sollte der historisch umstrittenen Figur Hindenburgs mit Otto Wels ein demokratischer Kontrapunkt entgegengesetzt werden. Der Sozialdemokrat Wels hielt die letzte freie Reichstagsrede gegen das Ermächtigungsgesetz der Nazis.

Ausgehend von diesem Fall hat es im Bezirk Nord inzwischen zahlreiche Hinweise auf Straßennamen gegeben, die geprüft werden sollten. Konkret geht es derzeit um zwei Straßen in Langenhorn. Die Konjetznystraße und die Max-Nonne-Straße. Bei Georg Ernst Konjetzny handelt sich um einen Chirurg, der ab 1939 am Krankenhaus Eppendorf (heute UKE) tätig war und der unter anderem Mitglied im NS Ärztebund und förderndes Mitglied der SS gewesen sein soll.

Die knapp zwei Kilometer entfernt liegende Max-Nonne-Straße ist benannt nach dem Neurologen Max Nonne, der unter anderem ein maßgebliches Gutachten zum ersten Kindereuthanasieprozess in Hamburg erstellt hat, in dem er ausführte, dass die Tötung „geistig völlig Toter“ kein Verbrechen und keine unmoralische Handlung sei.

Grüne fordern einheitliche Linie


„Es ist davon auszugehen, dass nicht nur in Hamburg-Nord, sondern auch in anderen Bezirken noch Straßen nach NS-belasteten Personen benannt sind. Es erscheint daher sinnvoll, eine einheitliche Linie zu finden, wie mit solchen Straßenbenennungen stadtweit umgegangen werden soll“, so Michael Werner-Boelz von der Grünen-Fraktion.

Generell ist das Prozedere bei Umbenennungen klar geregelt: Im jeweiligen Bezirk wird ein entsprechender Beschluss gefasst, der im Staatsarchiv geprüft wird. Die Entscheidung fällt die Senatskommission. Im Fall der zwei genannten Straßen aus Langenhorn sind die Prüfvorgänge zwischen Bezirk und Senat noch nicht abgeschlossen.

In den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder Fälle von Umbenennungen, weil NS-Bezüge festgestellt wurden. „In den vergangen Jahren lief das allerdings nicht mehr so systematisch“, sagt Enno Isermann Sprecher der Kulturbehörde. Weiter verweist er auf die Landeszentrale für politische Bildung, die derzeit an einer Datenbank arbeitet, die sich unter anderem mit NS-belasteten Straßennamen beschäftigt. „Wir rechnen im kommenden Frühjahr mit dem Ergebnis. Ob ein stadtweites Konzept notwendig ist, werden wir dann auf Basis der Daten entscheiden.“

Pro Jahr werden im Schnitt etwa 36 Straßen neu und umbenannt. „Umbenennungen finden auch aus ganz unterschiedlichen Gründen statt. Neue Erkenntnisse über die Person, nach der die Straße benannt wurde, sind nur ein Grund.“ So wurde die Wandsbeker Straße beispielsweise in Werner-Otto-Straße umgewandelt, um den Hamburger Firmengrüner zu ehren, in Bahrenfeld wurde ein Teilstück der Kohlentwiete in Tasköprüstraße zum Gedenken an das NSU Opfer Süleyman Tasköprü umbenannt. In wieder anderen Fällen wurde nicht der Straßenname, sondern einfach der Namernsgeber geändert. Die Schottmüller Straße, die sich einst auf den Arzt und NSDAP-Mitglied Hugo Schottmüller benannt wurden, beziehe sich laut Kulturbehörde jetzt auf die Widerstandskämpferin Oda Schottmüller, die 1943 von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde.