Die Hamburger Uni-Klinik hat 900.000 Euro Fördermittel vom US-Verteidigungsministerium erhalten. Deutsche Universitäten und Institute sollen für Rüstungsforschung bezahlt worden sein.

Hamburg. Das US-Verteidigungsministerium hat offenbar mehr als 20 deutsche Universitäten und Wissenschaftseinrichtungen mit mehr als neun Millionen Dollar bezuschusst. Dabei soll es unter anderem um Rüstungsforschung gegangen sein. Das geht aus einem gemeinsamen Bericht des NDR und der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) hervor. Auch das Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) erhielt 900.000 Dollar zur Überprüfung von Krebstherapien.

Seit dem Jahr 2000 unterstützte das Pentagon demnach die deutschen Forschungseinrichtungen mit Geld aus dem US-Verteidigungsetat. Bei manchen Projekten handelte sich es um Grundlagenforschung wie etwa Spracherkennung (Universität Saarbrücken) oder Erdbebenerkennung im Iran (Universität Frankfurt). Die dabei erlangten Ergebnisse könnten nach Einschätzung des NDR und der „SZ“ jedoch auch für Geheimdienste oder bei der Erkennung von Atombombentests von Nutzen sein.

Wie das UKE mitteilte, erhielt das Hamburger Klinikum seit 2003 die Fördermittel vom Pentagon. Diese dienten der Grundlagen- und klinischen Forschung bei Neurofibromatose, einer erblich bedingten Tumor- und Fehlbildungserkrankung. Bei der Zusammenarbeit mit dem US-Verteidigungsministerium habe es sich um ein öffentlich ausgeschriebenes Forschungsprogramm gehandelt, sagte Christine Trowitzsch, Sprecherin des UKE. „Eine Einschränkung der wissenschaftlichen Freiheit oder eine militärische Zweckbindung sind mit der Annahme der Gelder nicht verbunden“, betonte Trowitzsch.

Die UKE-Arbeitsgruppe habe ihre Ergebnisse der letzten Jahre zudem in viel beachteten Publikationen veröffentlicht. Vor dem Hintergrund sehr geringer Fördermöglichkeiten sei man als Forschungseinrichtung auf Drittmittel angewiesen. Diese beliefen sich gegenwärtig jährlich auf mehr als 60 Millionen Euro.

In Norddeutschland erhielt außerdem die Universität Bremen insgesamt knapp 300.000 Dollar, um für das US-Militär Messungen auf einem Umweltsatelliten vorzunehmen. Auch die Universität Hamburg und die Universität Hannover sollen finanzielle Förderung erhalten haben.

Die Universität Hamburg wollte auf Anfrage am Montag keine Auskunft zu dem „angesprochenen Fall der Forschungsförderung geben, die vor fünf Jahren endete“. Eine Sprecherin erklärte lediglich: „Als Grundrechtsträger entscheiden die Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen selbst über ihre Forschungsgegenstände, -methoden und Finanzierungsquellen.“

Jan van Aken, Bundestagsabgeordneter der Linken aus Hamburg, forderte daraufhin von der Wissenschaftsbehörde der Hansestadt, „umgehend eine allumfassende Auskunft darüber zu geben, was Forschungsgegenstand und Ergebnis des Projekts aus dem US-Verteidigungsministerium war“.

Eva Gümbel, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der grünen Bürgerschaftsfraktion und wissenschaftspolitische Sprecherin, bezeichnete die Zahlungen als „höchst fragwürdig“. Die Hamburger Grünen planen eine Kleine Anfrage zum Senat zu dem Thema.

Hochschulpolitiker im Deutschen Bundestag sollen bislang nichts über die Forschungskooperationen gewusst haben. „Hochschulen sind staatliche Einrichtungen“, sagte Swen Schulz, hochschulpolitischer Sprecher der SPD, dem NDR. Da sie staatlich finanziert sind, gelte: „Wenn sie anderswo irgendwo Drittmittel einwerben, Kooperationen eingehen, dann hat die Öffentlichkeit das Recht zu erfahren, mit wem sie kooperieren. Was wird gemacht und wie viel Geld fließt?“

Besonders problematisch seien Projekte, bei denen es sich um Rüstungsforschung handele. So forschten etwa Wissenschaftler der Universität Marburg im Auftrag der US-Luftwaffe daran, Drohnen und präzisionsgelenkte Munition zu verbessern. Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik arbeitete an neuartigen Sprengköpfen. Und auch die Ludwig-Maximilians-Universität in München habe vom US-Verteidigungsministerium 2012 mehr als 470.000 Dollar erhalten, um militärische Sprengstoffe weiterzuentwickeln.

Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven hat Berichte zurückgewiesen, es betreibe Rüstungsforschung für die USA. Bei dem Projekt „Office of Naval Research“ gehe es um den Schutz der Wale vor Unterwasserlärm. Außerdem sei ein Workshop unterstützt worden, in dem es um Messungen der Bodentemperaturen in der Arktis ging, teilte das Institut am Montag mit.

Der Geschäftsführer der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, Reiner Braun, kritisierte dem NDR zufolge vor allem solche Universitäten, die sich per Zivilklausel zu einer friedlichen Forschung verpflichtet haben - darunter auch die Universität Bremen. Auf Nachfrage erklärte die Universität demzufolge, es habe sich dabei lediglich um Grundlagenforschung gehandelt. Ein Verstoß gegen die Zivilklausel sei deshalb nicht zu erkennen.