Kunst im öffentlichen Raum: Zwei Hamburger Maler haben das großflächige Bunkerbild an der Löwenstraße vor dem Verschwinden gerettet.

Hamburg. Ein schmuckloser, dreigeschossiger Betonbau versteckt sich hinter dem auffälligen, ringsum laufenden Wandbild, das den Hochbunker an der Löwenstraße ziert. Vor drei Jahrzehnten wurde die Fassade aus verwaschenem Grau im Auftrag der Kulturbehörde zur Leinwand für Kunst im öffentlichen Raum.

„Durch die Bemalung von Bunkern wollten wir uns damals kreativ in die Stadtteilarbeit einbringen, haben uns initiativ an die Kulturbehörde gewandt und stießen auf Interesse“, erzählt der Künstler Sönke Nissen-Knaack (60). Gemeinsam mit seinem Kollegen Eckhart Keller (64) und einer Vielzahl helfender Hände schuf er das Bunker-Wandbild im Herbst 1982.

Pünktlich zum 30. Jubiläum haben Nissen-Knaack und Keller die stellenweise verblasste Wandbemalung mit Unterstützung der Kulturbehörde und der Kunststiftung Heinrich Stegemann restauriert und teilweise sogar neu gestaltet. Anlass war die im vergangenen Jahr notwendig gewordene Sanierung des Bunkers aus dem Zweiten Weltkrieg, der unter anderem der Mietergenossenschaft Falkenried-Terrassen gehört. „Außerdem wurde die Fassade teilweise geöffnet. Das hat natürlich nicht nur die Architektur des Gebäudes verändert. Auch die Gestaltung des Bildes musste angepasst werden“, erzählt Darja Martens vom Vorstand der Mietergenossenschaft.

Dem Konzept von früher sind die beiden Hamburger Künstler treu geblieben. „Wir wollten so viel erhalten wie möglich“, sagt Nissen-Knaack. Im Einzelnen heißt das: „Auf der zur Löwenstraße gelegenen Seite haben wir uns kreativ mit der Frage nach der Funktion eines Bunkers auseinandergesetzt“, so Keller. „Schutz und Gefahr waren wiederkehrende Begriffe, also haben wir sie in Variationen umgesetzt.“ In sechs thematisch unterteilten Bildstreifen sind unter anderem Motive zur Atomkraftdebatte, zum Verhältnis von Mensch und Maschine und zum Umweltschutz entstanden.

Die zum Innenhof der Terrassenhäuser gerichtete Seite steht ganz im Zeichen der Nachbarschaft. Kleine Szenen aus dem Leben der Anwohner und der Geschichte der Falkenried-Terrassen sind hier verewigt. „Gemeinsam mit den Mietern haben wir damals wie heute nach Motiven gesucht, die diese Wand zu einem ganz individuellen Gemälde machen“, erzählt Nissen-Knaack. „So wollten wir Identifikation mit der Wohnumgebung schaffen und die Bewohner in den kreativen Prozess einbeziehen.“

Das ist den beiden Künstlern gelungen. Es wimmelt nur so von liebevoll gestalteten Szenen, die ehemalige oder aktuelle Bewohner zeigen: Da ist zum Beispiel Opa Max, ein älterer Herr, der immer auf einer Bank saß und den Kindern beim Spielen zusah. Oder auch ein junger Mann namens Prince, der schon als kleiner Junge in einem der Terrassenhäuser lebte und es noch immer tut. Auch historische Fotografien einer ehemaligen Schlosserei auf dem Gelände und ein Stofftierhase, der einst in einem der Luftschächte des Schutzbaus gefunden wurde, haben Nissen-Knaack und Keller in Übergröße auf der Bunkerwand verewigt.

Seit mehr als dreißig Jahren beschäftigen sich die beiden Hamburger Künstler schon mit Wandmalerei, public art und street art. Für beide ginge ein großer Wunsch in Erfüllung, wenn „der Hochbunker an der Löwenstraße erst der Anfang einer ganzen Reihe von Bunkerbemalungen wäre“.