Hamburg. Landgericht weist Räumungsklage gegen das Maharaja ab. Betreiberin hatte sich gegen Abriss gewehrt. So geht es nun weiter.
Für das Paulihaus, den an der Ecke Neuer Kamp/ Neuer Pferdemarkt geplanten sechsgeschossigen Bürokomplex, bedeutet die Entscheidung: Stillstand. Das am Dienstag verkündete Urteil des Landgerichts macht die ursprüngliche Konzeption komplett zunichte. Voraussichtlich wird das ehrgeizige Projekt jetzt fast zwei Jahre auf Eis liegen.
Für Kathrin Guthmann fühlt sich das Urteil hingegen an „wie ein Hauptgewinn“. So erzählt es die Inhaberin des indischen Restaurants Maharaja dem Abendblatt. Ihr Restaurant in dem berühmten Flachbau neben der Rindermarkthalle sollte dem Paulihaus weichen – doch jetzt muss das Paulihaus dem Maharaja weichen.
Eigentlich wollte ihr Vermieter, die städtische Sprinkenhof GmbH, Guthmann bereits zum 30. Juni 2019 vor die Tür setzen, damit der Flachbau abgerissen und das Paulihaus gebaut werden kann. Doch die Gastronomin wehrte sich – und bekam Recht. Am Dienstag wies das Landgericht Hamburg die Räumungsklage der Sprinkenhof GmbH ab.
Paulihaus verhindert: Kann das Maharaja bis 2021 bleiben?
Ob das Restaurant, wie im Mietvertrag vorgesehen, bis Ende 2021 dort bleiben kann, steht aber noch nicht endgültig fest. Zumal die Sprinkenhof GmbH noch Berufung einlegen und vor das Oberlandesgericht ziehen könnte. Für Guthmann ist das Urteil indes ein Beleg dafür, dass Mieter nicht immer klein beigeben müssen, wenn ein mächtiger Vermieter ihnen die Daumenschrauben anlegt. Sie findet: „Die Gerechtigkeit hat hier gesiegt.“
Dabei hätten genau jetzt auf dem Gelände die Baufahrzeuge anrücken sollen, Ende Dezember hatte die Stadt endgültig grünes Licht für das Paulihaus gegeben. Hinter dem Projekt steht eine Baugemeinschaft aus vier Unternehmen: die Stadtentwicklungsgesellschaft (steg), Argus (Stadt- und Verkehrsplanung), die Markenmacherei Pahnke und der Projektentwickler Hamburg Team.
„Das Bauvorhaben wird sich um zwei Jahre verzögern“, sagt Projekt-Sprecherin Regine Jorzick. „Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und unsere Planungen entsprechend anpassen“. Damit stehe aber auch fest, dass der Neubau teurer wird als geplant. Frühestens in viereinhalb Jahren, so schätzt Jorzick, könne das Paulihaus bezogen werden.
Das Restaurant Maharaja musste schon einmal umziehen
Bereits 2016 musste Guthmann den alten Standort des Maharaja an der Detlev-Bremer-Straße aufgeben, weil auch dort ein Neubauprojekt realisiert werden sollte. Die damals gerade freiwerdenden Räume in dem Flachbau neben der Rindermarkthalle boten ihr die Chance, das Lokal in nicht allzu großer Entfernung fortzuführen. Zuvor residierte dort das Restaurant Feuerstein.
Sie habe rund 500.000 Euro in das neue Maharaja gesteckt, unter anderem in die Renovierung. Auslaufen sollte der vom Vormieter übernommene Zehn-Jahres-Vertrag Ende 2021, das sei ihr natürlich bewusst gewesen, sagt Guthmann. Allerdings sei ihr nicht mitgeteilt worden, dass vor Ende der Laufzeit auf dem Areal ein Bürohaus hochgezogen werden solle. „Sonst hätte ich das ja nie gemacht“, sagt die Gastronomin.
Im Dezember 2018 kündigte ihr die Sprinkenhof Gmbh: Sie wolle von ihrem vertraglich verbrieften Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Demnach sei eine vorzeitige Kündigung möglich, wenn das Grundstück einer anderen Nutzung zugeführt werden soll. Guthmann müsse bis Ende Juni 2019 die Räume verlassen.
Andere Mieter akzeptierten Kündigung der Sprinkenhof GmbH
Doch Guthmann blieb, während andere Mieter die Kündigung akzeptierten. Folge: Die Sprinkenhof GmbH reichte beim Landgericht Räumungsklage ein. Dass während des Rechtsstreits der Richter der Zivilkammer wechselte, spielte Guthmann offenbar in die Karten.
Eine Kündigung der Mieterin auf Basis der Sonderkündigung sei unwirksam, entschied das Gericht jetzt. Viel zu unbestimmt sei die Klausel und viel zu unkonkret formuliert. So sei bei Vertragsabschluss für Guthmann unter anderem nicht absehbar gewesen, unter welchen Voraussetzungen eine vorzeitige Kündigung tatsächlich droht und vor allem: wann.
Guthmann und die Initiative „St. Pauli Code jetzt!“ protestieren seit langem gegen den Neubau auf dem Gelände. Sie habe mit weiteren Kritikern schon Pläne für eine alternative Bebauung in unmittelbarer Nähe des Flachbaus entwickelt, sagt Guthmann. Ginge die Stadt darauf ein, bliebe der Kult-Immobilie die Abrissbirne erspart – und ihrem Maharaja ein erneuter Umzug. Das zumindest ist es, was die Gastronomin hofft.