St. Pauli. Entwürfe für Neubau am Spielbudenplatz wurden vorgestellt. Vorgesehen sind Dachgärten, ein Hotel, Senioren-Apartments und WGs.
Wo soll das „Molotow“ wiedereröffnen? Auf welchen Dächern können sich Skater und Basketballer austoben? Wie abwechslungsreich werden die Neubaufassaden? Mit einer Bürgerwerkstatt im Ballsaal des FC St. Pauli hat die Neuplanung des Esso-Areals wieder Fahrt aufgenommen. Nach dem städtebaulichen Wettbewerb im September 2015, aus dem der deutsch-niederländische Entwurf von NL Architects (Amsterdam) und BeL (Köln) als Sieger hervorgegangen war, wird nun im hochbaulichen Wettbewerb die Feinarbeit geleistet: Wie sollen die einzelnen Gebäude aussehen? Neben den Gewinnern stellten vier weitere Büros Entwürfe dazu vor, nämlich Coido aus Hamburg, feld72 aus Wien, Lacaton & Vassal aus Paris und Ifau/Jesko Fezer aus Berlin.
Begrünte Innenhöfe und Dächer
Das viel gelobte Konzept von NL Architects und BeL sieht unterschiedlich hohe Gebäude, begrünte Innenhöfe und Dächer, eine Quartiersgasse zwischen Spielbudenplatz und Kastanienallee sowie eine bunte Mischung aus Wohnen, Bars, Clubs und Stadtteil-Treffpunkten vor; am Spielbudenplatz wird ein großes Hotel entstehen.
Die von der „Planbude“ organisierte Bürgerbeteiligung hatte Kleinteiligkeit, stadtteilaffine Gewerbe, Räume für nachbarschaftliche Nutzung und eine abwechslungsreiche Dachlandschaft gewünscht. Diese Parameter des „St. Pauli Codes“ wurden vom Siegerentwurf erfüllt und auch vom Bauherrn, der Bayerischen Hausbau, akzeptiert.
Eines ist allerdings klar: Die Bebauung auf dem 6178 Quadratmeter großen Areal wird sehr dicht. Der Siegerentwurf hatte die geforderte Bruttogeschossfläche von 28.000 Quadratmetern unterschritten. Nach der Überarbeitung wird jetzt allerdings wieder eine höhere Bruttogeschossfläche verlangt: Oberirdisch sollen 28.500 Quadratmeter umbaut werden. Dabei entfallen auf Wohnungen insgesamt 14.800, auf Gewerbe 11.000 (allein auf das Hotel 6500 Quadratmeter) und auf Clubs/Subkultur 1970 Quadratmeter. Unterirdisch sind neben einer großen Tiefgarage weitere Räume für Clubs, Gastronomie und Studios geplant.
Kritik an Nachverdichtung
Die Planbude sieht die Nachverdichtung skeptisch: Es sei schwierig für die Architekturbüros, dabei eine große Wohn- und Aufenthaltsqualität zu gewährleisten, meint Tina Röthig von dem Büro. Im Falle des Wohnturms an der Taubenstraße etwa waren zusätzliche Quadratmeter nur durch ein weiteres Stockwerk zu erreichen. Das aber kann für eine zusätzliche Verschattung im Innenhof und bei benachbarten Häusern sorgen. Wie stark, soll eine in Auftrag gegebene Belichtungsstudie klären, sagt Jörg Leeser von BeL. „Diese dichte Bebauung wird in vielen urbanen Projekten thematisiert werden“, glaubt er. „Aber eine Stadt kann dabei auch gewinnen. Wichtig ist Vielfalt: Die Bewohner müssen ihr Haus erkennen und unterscheiden können, sie wollen nicht in einem großen Stück Stadt verschwinden.“
Bei den Detailplanungen haben sich die Büros viel einfallen lassen. In zwei Gebäuden neben dem Panoptikum werden beispielsweise das St. Pauli Museum und (im Untergeschoss, wie gehabt) das „Molotow“ Platz finden, daneben das Rock-Hotel Kogge mit acht Etagen.
An der Taubenstraße entstehen unterschiedlich hohe Gebäude mit kleinen Apartments, die teilweise optional zu WG-Wohnungen zusammengelegt werden können. „Im ,Balkonhaus‘ mit geförderten Wohnungen gruppieren wir 20 Senioren-Appartments um einen Gemeinschaftsraum mit Balkon“, sagt Kirsten Hüsig von NL Architects. Eine Rampe zur Tiefgarage wird von den Wiener Architekten von feld72 kurzerhand zu einer Tribüne umgewandelt, auf der Filme gezeigt werden könnten und die mit der „St. Pauli Kantine“ verbindet.
Starke Beteiligung aus dem Stadtteil
„Wonach und wie letztlich entschieden wird, ist uns allerdings nicht klar“, sagt der Sozialwissenschaftler Jens Dangschat, der den Wettbewerb für die Wiener Architekten begleitet. „Es wird auf einen Kompromiss zwischen Immobilienlogik und Planbude hinauslaufen. Aber was bisher geschafft wurde, ist schon phänomenal“, so Dangschat. Die Planbude wird in ganz Deutschland eingeladen: Wie habt ihr das gemacht?“
Kamiel Klaasse von NL Architects freut sich, „wie kreativ die anderen Büros mit unserem Basisentwurf gearbeitet haben“. Auch Bernhard Taubenberger, Geschäftsführer der Bayerischen Hausbau, zeigte sich von den gezeigten Entwürfen angetan. „Die Büros haben die Voraussetzungen Kleinteiligkeit und Heterogenität erfüllt, auch sämtliche verlangten Nutzungsarten sind abgebildet worden. Wir sind mit der starken Beteiligung aus dem Stadtteil auf dem richtigen Weg.“
Bis zum Abend kamen Hunderte Bürgerinnen und Bürger und schauten sich Visualisierungen und Modelle an und diskutierten mit den Architekten. Die Entwürfe für die einzelnen Baufelder müssen bis Ende August eingereicht werden. Die Jury entscheidet dann am 22. September.