Hamburg. Stadtplaner entwickeln Vorschläge zur Gestaltung des Geländes auf Kleinem Grasbrook und schlagen Varianten zur nachhaltigen Nachnutzung vor.
Die erste offiziell angemeldete Demonstration gegen die Bewerbung Hamburgs um die Ausrichtung der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 ist friedlich verlaufen. Rund 300 Teilnehmer hatten am Sonnabend an einem Protestzug durch Wilhelmsburg teilgenommen. Die Kritiker der Bewerbung fürchten unabsehbare Kosten für die Stadt, rapide steigende Mieten vor allem im Umkreis des geplanten Olympiageländes auf dem Kleinen Grasbrook restriktive Sicherheitsvorkehrungen, die nach den Spielen andauern könnten. Ihr Motto kehrt die bisherige Werbekampagne ins Gegenteil: „NOlympia, weil Hamburg nur verlieren kann.“ Zu einer Demonstration für die Durchführung der Spiele hatten sich am 20. Februar etwa 20.000 Menschen mit Fackeln rund um die Binnenalster versammelt.
Jene, die weiter fest daran glauben, dass Hamburg mit Olympia nur gewinnen kann, arbeiten derzeit das Konzept für die Bewerbung beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) aus. Es sind acht renommierte Planungsbüros, die in Kooperation mit dem Senat und den Behörden verschiedene Ideen aufzeigen, wie die Spiele in der Stadt umgesetzt werden könnten. Was die Olympiamacher vorhaben, stellen sie am Dienstag (19 Uhr, MagnusHall, Amsinckstraße 70) auf einer Informationsveranstaltung der Öffentlichkeit vor.
Die Präsentation der Vorschläge in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt fiel am Freitagabend bei den 40 geladenen Personen auf ein durchweg positives Echo. Für das Olympiazentrum auf dem Kleinen Grasbrook hatten die Gestalter vier mögliche Anordnungen entwickelt. „Alles befindet sich in einem Anfangsstadium, aber da waren hochinteressante Ansätze dabei“, sagte Jürgen Mantell, Präsident des Hamburger Sportbundes (HSB).
Der ehemalige grüne Hamburger Umweltsenator Alexander Porschke, Vorsitzender des Hamburger Naturschutzbundes (Nabu), sprach von hochkompetenten Experten, die verantwortungsvoll darüber diskutieren, „was Hamburg nach den Spielen mit den Stadien und Hallen anfangen soll“. Es sei richtig, sich schon jetzt intensiv mit den Fragen der Nachnutzung zu beschäftigen, damit Olympia nicht zu einer dauerhaften Last für die Stadt werde. „In London“, sagt Porschke, „mussten nach den Sommerspielen 2012 rund 200 Millionen Euro für den Umbau des Olympiastadions in eine Fußballarena aufgewendet werden.“ Die wird künftig vom Premier-Club West Ham United genutzt. Dass der HSV später mal vom Volkspark auf den Kleinen Grasbrook zieht, wäre immerhin möglich. Planen kann man das Stand heute nicht seriös.
Idee: Ringförmige Wohnanlage
Das Olympiastadion für 70.000 Zuschauer, Kosten: 300 bis 400 Millionen Euro, bleibt – im Gegensatz zu den anderen Sportstätten – die problematischste Anlage, wenn es um nachhaltige Nachnutzung geht. Eine Arena dieser Größe ist in den Jahren danach kaum zu bespielen, ein Rückbau aus betriebswirtschaftlichen Aspekten alternativlos. Die Hamburger Olympiaplaner haben vorgeschlagen, die Ränge abzureißen und auf dem Fundament einen Ring mit Wohnungen zu errichten. Leichtathletik-Laufbahn und Rasen sollten als Sportpark erhalten bleiben, für Meisterschaften könnten auf den Erdwällen temporär Tribünen aufgestellt werden.
HSB-Präsident Mantell wünscht sich eine Mischnutzung: Wohnungen ja, aber der übrige Teil des Stadiongeländes sollte dem Sport dienen. „Da könnte der HSB mit seinen Verbänden einziehen, dazu eine Sportschule, aber auch für Sportagenturen und -Gewerbe wäre Platz.“ In Hamburg arbeiten rund 15.000 Menschen in diesen Bereichen.
Ob sich Olympische Spiele ökonomisch und ökologisch für Hamburg rechnen, sei heute schwer vorauszusagen, meint Naturschützer Porschke: „Die Gebäudetechnik zum Beispiel wird sich bis 2024 entwickeln und den Emissionsausstoß weiter verringern.“ Er schlägt vor, beim Olympiareferendum in die Fragestellung ein Ausstiegsszenarium einfließen zu lassen. Wenn die Kosten aus dem Ruder liefen und ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit nicht mehr gegeben seien, „müsse der Senat verpflichtet werden, aus der Olympiabewerbung wieder auszusteigen“. Damit könnten sich selbst Olympiaskeptiker anfreunden.
Mit zwei neuen Kommissionen, Mitglieder internationaler Organisationen wie der Uno und einem höheren Frauenanteil (32 Prozent) treibt das IOC die Umsetzung seiner Reformagenda 2020 voran. Mitglied der Kommission für Kommunikation wird Michael Vesper, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Ihr Ziel: die Vermittlung olympischer Werte zu verbessern.