Hamburg. Nargis S. war seit 2013 verschwunden, doch erst der grausige Fund brachte die Wende. Der mutmaßliche Täter fühlte sich wohl sicher.
Es war der genetische Fingerabdruck, der den Ermittlern der Mordkommission verriet, wem die skelettierten Leichenteile zuzuordnen sind, die am 15. Januar aus dem trüben Wasser der Wilhelmsburger Dove-Elbe geboren wurden. Es sind die sterblichen Überreste von Nargis S., einer zum Zeitpunkt ihres Verschwindens 29 Jahre alten Bulgarin. Seit Frühjahr 2013 wurde nach ihr gesucht. Schon damals wurde ihr Lebensgefährt Cengiz K., heute 43 Jahre alt, verdächtigt mit ihrem Verschwinden zu tun zu haben. Nach der Identifizierung der Leiche wurde der Mann verhaftet. Der Vorwurf lautet auf Totschlag.
Seit dem 8. März 2013 galt die 29-Jährige aus Wilhelmsburg verschwunden. Zunächst dachte sich niemand viel dabei. Die Frau lebte in Bulgarien und war auch immer wieder für längere Zeit dort. Regelmäßig kam sie dann wieder nach Wilhelmsburg, wo ihr Freund, ein verheirateter Familienvater, lebt.
Leichenteile in Wilhelmsburg: Polizei reiste sogar nach Bulgarien
Die Polizei nahm im Rahmen der Ermittlungen auch Kontakt zu den Eltern der 29-Jährigen auf. Beamte flogen nach Bulgarien. Dadurch wurde nicht nur klar, dass die Frau nicht zu ihnen gereist war. Die Mordkommission hatte zu dem Zeitpunkt den Fall bereits übernommen.
Bekannt wurde auch, dass der Mann nichts mehr von der Frau wissen wollte, die aber angeblich „nicht von ihm lassen konnte“. Auch ungewöhnlich: Tagsüber im Raum Wilhelmsburg aufgehängte Suchplakate wurden nachts immer wieder abgerissen.
Verdächtiger hatte Kontakte ins Rotlichtmilieu – doch Leiche fehlte
So geriet der Freund der 29-Jährigen, Cengiz K., ins Visier der Ermittler. Der Mann wurde damals sogar zunächst festgenommen. Doch konnte der Verdacht nicht erhärtet werden, dass er, der nicht nur in einer Hinterhofwerkstatt arbeitete, sondern auch Kontakte ins Rotlichtmilieu gehabt haben soll, die Frau getötet oder zumindest den Auftrag dafür gegeben hatte. Was fehlte war die Leiche.
Im Dezember 2013 suchte die Polizei im großen Stil nach der zu dem Zeitpunkt bereits tot glaubten Frau. Hundertschaften wurden eingesetzt, um Nargis S. zu finden. Dabei durchkämmten sie größere Areale im Bereich Wilhelmsburg. Doch die 29-Jährige blieb verschwunden. Die Frau galt deshalb weiter als vermisst.
Ein grausiger Fund brachte in dem Fall die Wende
Am 15. Januar dieses Jahres brachte ein Angler die Wende in dem Fall. Er hatte unterhalb der Eisenbahnbrücke einen skelettierten Fuß aus der Wilhelmsburg Dove-Elbe gezogen und sofort die Polizei alarmiert. Taucher rückten an. Sie holten noch an dem Tag und bei einem zweiten Taucheinsatz weitere skelettierte Überreste eines Menschen aus dem Wasser – ebenso wie einen Damenschuh. Bei der Suche wurde auch eine Eisenplatte entdeckt, mit der die Leiche vermutlich beschwert worden war.
In der Rechtsmedizin wurde die Frau identifiziert. Aus den Knochen konnte noch DNA extrahiert werden. Sie stimmte mit der DNA überein, die 2013 nach dem Verschwinden der Frau gesichert und in einer Datenbank gespeichert worden war.
Leichenfund Wilhelmsburg: Verdächtiger fühlte sich sicher – bis Handschellen klickten
Die Staatsanwaltschaft erwirkte einen neuen Haftbefehl gegen den 43-Jährigen, der in Wilhelmsburg lebt. Doch Cengiz K. war „ausgeflogen“. Zielfahnder des Landeskriminalamtes lokalisierten den Mann in der Türkei. Der 43-Jährige fühlte sich offenbar sicher oder er war völlig ahnungslos, dass nach knapp zehn Jahren die sterblichen Überreste seiner ehemaligen Lebensgefährtin gefunden worden waren.
Am Donnerstag setzte er sich in Istanbul in die Maschine mit der Flugnummer PC 1045 von Pegasus Airlines. Um 15.11 Uhr hob der Flieger verspätet vom Flughafen der türkischen Metropole ab. Zu dem Zeitpunkt wussten die Zielfahnder bereits, dass Cengiz K. an Bord der Maschine war. Als der Flieger gegen 16:30 Uhr in Hamburg aufsetzte, waren bereits Bundespolizisten und LKA-Beamte im Terminal 2 des Flughafens Hamburg postiert.
Kurz danach klickten die Handschellen. Jetzt sitzt der 43-Jährige in Untersuchungshaft.