Hamburg. „Ich fühle mich schuldig“: Teresa Matthies hat ihren Hund einschläfern müssen. Wie die Hamburgerin über den Verlust hinwegkommt.
- Wer sein Haustier einschläfern lassen muss, fühlt sich oft schuldig
- Trauerbegleiterin Anemone Zeim aus Eimsbüttel bietet Trauergruppen für Tierhalter
- Wie Trauernde die Kontrolle über ihr Leben zurückbekommen
Es ist nicht nur der Tod des geliebten Haustiers, der vielen Menschen schwer zu schaffen macht. Häufig sind auch die Umstände sehr belastend für die Trauernden. In Hamburg hilft Trauerbegleiterin Anemone Zeim darum nicht nur Menschen, die um einen Angehörigen trauern, sondern auch Tierhaltern, deren Hund, Katze oder auch Pferd verstorben ist. Teresa Matthies aus der HafenCity hat sich bei ihr Hilfe geholt und Trost gefunden.
Waldo ist mit sieben Jahren bei Teresa Matthies eingezogen. Der kleine schwarze, spanische Wasserhund-Mischling aus dem Tierschutz ist mit fast 17 Jahren zwei Tage vor Weihnachten gestorben. Zehn Jahre lang war er ihr Begleiter. Nun ist da kein Hund mehr, mit dem die 60-Jährige mehrmals am Tag rausmuss, der auf sie wartet, mit dem sie kuscheln kann. Stattdessen ist da immer noch eine unerträgliche Leere.
Hunde in Hamburg: Mischlingsrüde Waldo starb kurz vor Weihnachten
„Er hat, hatte, einen tollen Charakter“, sagt die alleinstehende Frau und knetet dabei ihre Hände. „Wir haben uns verstanden.“ Der Anfang mit Waldo war jedoch nicht einfach. „Er hatte Schwierigkeiten mit Artgenossen und war unsicher mit Menschen.“ Doch das haben die beiden in den Griff bekommen.
Und auch die vielen Krankheiten, die Waldo mitbrachte, haben sie gemeistert – Analdrüsenkrebs, Herz- und Nierenprobleme, Allergien. Immer war etwas mit ihm. Und dann, kurz vor Weihnachten, war die Zeit gekommen, Waldo konnte nicht mehr.
„Ich wollte meinen Hund nicht loslassen, aber er sollte auch nicht leiden“, sagt Teresa Matthies. Und wenn sie beschreibt, wie sie ihm beim Tierarzt den Kopf beim Einschläfern gehalten, Waldo ein letztes Mal beiseitegestanden hat, fließen die Tränen. Sie hat ihn auch noch im Arm gehabt, als er für immer eingeschlafen war. „Er fühlte sich so warm an.“
Eimsbüttel: In der Erinnerungswerkstatt „Vergiss mein Nie“ finden Trauernde Trost
Diese Einschläferung ist etwas, mit dem sie hadert. Denn beim Tierarzt ging alles ganz schnell. Die Entscheidung, ihn jetzt gehen zu lassen, kam völlig überraschend. „Ich war nicht vorbereitet. Ich hatte Hoffnung, denn seine Blutwerte waren die Male davor gut“, erzählt sie beim Treffen in einem Café in Eimsbüttel.
Das Café liegt schräg gegenüber der Erinnerungswerkstatt „Vergiss Mein Nie“ von Anemone Zeim. Zu ihr geht Teresa Matthies regelmäßig in die Trauergruppe, trifft sich mit Gleichgesinnten. Wie so viele andere Tierhalter fühlt sich Teresa Matthies schuldig. Schuldig, weil sie die Entscheidung über Leben und Tod so plötzlich treffen musste, schuldig, dass sie mit ihrem Waldo nicht noch eine letzte Gassirunde gehen konnte.
„Da spielen höchst komplexe Gefühle eine Rolle, manche fühlen sich regelrecht wie Mörder“, sagt Anemone Zeim. Diese Sorgen und Nöte versuchen die 43-Jährige und ihre Kolleginnen aufzufangen.
Eimsbüttel: Das Umfeld kann die Trauer um einen Hund oft nicht nachvollziehen
Teresa Matthies hilft es, sich mit Gleichgesinnten alle zwei Wochen dienstags an der Eimsbütteler Chaussee zu treffen. „Das ist eine große Hilfe für mich, weil mein Umfeld mit meiner Trauer nicht belastet wird“, sagt sie. „Ich will von niemandem hören: Ach, das war doch nur ein Hund.“ Bei „Vergiss Mein Nie“ hat ihre Trauer Platz. „Ich muss für mich einen Weg finden, damit ich durch meine Schuldgefühle keinen Schaden nehme.“
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In der Trauergruppe geht es auch darum, wieder die Kontrolle über sein Leben zu gewinnen. Dazu gehören auch kreative Einheiten, und so hat Teresa Matthies den Namen ihres Hundes gestaltet. Die Papierrolle liegt nun zu Hause neben dem Porträt ihres Hundes auf der Kommode. Das tröstet.
Hunde Hamburg: „Waldo ist auf der anderen Seite, und es geht ihm gut“
Und es gibt noch viel mehr, das ihr Trost spendet: „Mein Hund hatte das Glück, dass er sehr lange leben durfte“, sagt Teresa Matthies. Sie stellt sich nun vor, wie er über die sogenannte Regenbrücke geht, wie sich das die Halter von verstorbenen Menschen ganz häufig ausmalen. „Er ist auf der anderen Seite, und es geht ihm gut. Vielleicht treffen wir uns irgendwann wieder.“
Waldo wird ihr letzter Hund gewesen sein, aus gesundheitlichen Gründen wird sie sich keinen neuen mehr zulegen.