Hamburg. Olaf Beck führte jahrelang das Side Hotel in Hamburg, traf Topstars. Doch es gab auch ein düsteres Kapitel in seinem Leben.
- Oalf Beck, ehemaliger Manager des Hamburger Side Hotels, hat ein Buch über seinen Weg geschrieben.
- Er zeigt dabei die Schattenseiten des Lebens der Reichen und Schönen. Er selbst kämpfte jahrelang mit seinem Alkoholismus.
Olaf Philip Beck war ein erfolgreicher Hoteldirektor. In seiner Vita tauchen renommierte Häuser auf: das Hamburger Side Hotel, das Savoy Düsseldorf und das Aalernhüs in St. Peter-Ording. Schon mit Mitte 20 stand er weit oben auf der Karriereleiter, traf Stars wie Whitney Houston oder Sophia Loren. Udo Jürgens erwies ihm eine besondere Ehre und schenkte ihm den weißen Bademantel, den er stets zum Abschluss seiner Konzerte trug.
Beck – ein Typ, der gerne feierte und sich mit den Reichen und Schönen vergnügte – hatte allerdings auch eine dunkle Seite. Er wurde von Ängsten geplagt. Und begann viel Alkohol zu trinken, um diese zu betäuben.
Hamburger Ex-Hotelmanager betäubte Ängste mit Alkohol
In seinem Buch „Abgestürzt“ schildert der heute 57-Jährige ein dunkles Kapitel seines Lebens. Den freien Fall aus einem bürgerlichen Dasein ins Nichts, mit Süchten, Kontrollverlust und Scham.
„Bei einer Panikattacke versuchte ich mich von der Liege loszureißen, auf der ich festgeschnallt lag. Ich schrie und strampelte. Mein Herz, so fühlte es sich an, schwoll auf die Größe eines Medizinballs an. Die Pfleger, die mich begleiteten, gaben mir eine Spritze zur Beruhigung. Bis diese wirkte, schrie ich weiter, als wolle mich jemand schlachten“, heißt es in dem Buch, das Beck gemeinsam mit „Spiegel“-Bestsellerautor Kai Psotta verfasst hat. Die Tage, die der Manager in Kliniken verbracht hat, gehören zu seinen düstersten Erinnerungen.
Autor Olaf Beck schildert im Buch seine Suchtgeschichte
Beim Gespräch mit dem Abendblatt beschreibt der Autor seine Motivation, auszupacken und selbst intimste Erlebnisse zu veröffentlichen. In seinem Büro an der Außenalster – einen Steinwurf vom Hotel Atlantic entfernt – sitzt Beck, im weißen Hemd, dunklem Sakko und bunten Socken, scheinbar aufgeräumt am Tisch. Direkt neben dem Konferenzraum, in dem er heute regelmäßig Mitarbeiter schult.
Doch, er sei nervös, gibt er zu. Im Verlauf des Interviews ringt er mit den Tränen, vieles erlebt er noch einmal, wenn er über seine Erinnerungen spricht.
Denn es ist eine immer wieder schmerzhafte Offenheit, mit der Beck über seine Vergangenheit spricht. Sein autobiografischer Bericht „Abgestürzt – Egal, wie tief du fällst, du kannst immer aufstehen“ schildert auf 240 Seiten seine Suchtgeschichte bis ins Detail. Sie endet damit, wie er es geschafft hat, nach acht Jahren schwerer Abhängigkeit Schluss zu machen mit dem Alkohol, Angststörungen und 70 Kilo Übergewicht.
Olaf Beck erlebte einen rasanten Aufstieg in der Hotellerie
Vor seinem Fall in die Sucht hatte Beck einen rasanten Aufstieg hingelegt. „Mit 26 Jahren verdiente ich 5000 Mark im Monat. Sehr viel mehr Geld als die meisten meiner Freunde. Ich hatte einen Dienstwagen, ein Spesenkonto und Personalverantwortung. Alles, was ich anpackte, funktionierte“.
Die Welt des Olaf Beck in jungen Jahren war noch in Ordnung, mehr als in Ordnung. „Sprosse für Sprosse kletterte ich auf der Leiter der Lokalprominenz nach oben. Ich wurde in Kreisen geduldet, von denen ich niemals gedacht hätte, einmal dazugehören zu dürfen“, heißt es über seinen Karrierestart.
Eine Panikattacke im Büro, „wahrscheinlich ausgelöst durch ein Burnout, was man damals noch nicht so kannte“, sagt Beck im Rückblick, sei dann der entscheidende Auslöser für die Flucht in den Alkohol gewesen. „Ich habe aus Angst vor der nächsten Attacke prophylaktisch getrunken. Es war eine Flucht vor der Attacke“, schildert der gebürtige Wuppertaler seine Gefühle aus einer Zeit, in der ihn sein Ehrgeiz in die Überforderung getrieben hatte.
Aus Bier wurde bei Olaf Beck schnell Wodka
Und weil der Körper „die Gabe hat, sich anzupassen, er sich nicht mehr mit Bier zufriedengab, musste ich die Alkoholmenge erhöhen“, berichtet Beck über den Verlauf seiner Abhängigkeit. Um zum gleichen Rausch zu gelangen, wurde aus Bier Wodka.
Die Beziehung zu seiner holländischen Freundin wurde schwierig. Sie hatte sich in einen Mann verliebt, der gerne Sport trieb und gerne feierte. Nicht in einen „alkoholabhängigen, schwitzenden Fettsack“.
Denn Beck trank nicht nur, er hatte sich auch körperlich verändert, wog 160 Kilogramm. „Je betrunkener ich war, desto höher war auch mein Kontrollverlust vor dem Kühlschrank. Ich aß nicht mehr, sondern stopfte mich hemmungslos voll.“
Olaf Beck: „Meine größte Sorge war es, entdeckt zu werden“
Es sei nun immer schwieriger geworden, die Sucht zu verheimlichen, erinnert sich Beck. „Meine größte Sorge war es, entdeckt zu werden.“ Damals arbeitete er im Renaissance Hotel in Dortmund und knüpfte dort unter anderem die Kontakte zu seinem Lieblingsclub Borussia Dortmund.
Er sei häufiger an den Punkt gelangt, an dem er etwas ändern wollte. „Aber mir fehlte der Mut, tatsächlich etwas zu tun. Wenn ich in den Entzug gehe, redete ich mir ein, bin ich am unteren Ende der Gesellschaft angekommen“, schildert er die schwer zu ertragenden Gedanken an einen Klinikaufenthalt.
Schlimmes Erlebnis: Beck erbrach sich auf Bademantel von Udo Jürgens
Schließlich war Becks eigene Welt nach außen hin „so weiß, rein und elegant“ – das Hotelleben brachte einen Glamour-Faktor mit sich. „Doch innen drin war sie wie der Kotzfleck.“ Denn Beck hatte sich auf ein Andenken erbrochen, das Udo Jürgens ihm für seine Mutter geschenkt hatte: Auf den legendären weißen Bademantel, mit dem sich der Sänger stets am Ende seiner Auftritte an den Flügel setzte.
„Nachdem ich ihn in die Waschmaschine gesteckt hatte, war schließlich das letzte bisschen Udo-Jürgens-Geruch verschwunden, sodass es keinen Sinn mehr machte, ihn meiner Mutter zu überreichen. Ich beschloss trotz meiner Angst vor der Hölle einen Entzug zu wagen“, so Beck über einen Tiefpunkt in seiner Trinkerlaufbahn.
Diagnose der Ärzte: „Sie werden nicht mehr lange leben“
Und in einem Leben, das er ohne diese Entscheidung wohl auch nicht mehr lange hätte führen können. Mehrmals die Woche erbrach er Blut. Die Speiseröhre war durch den Wodka zerstört. Es war Ende des Jahres 2000, als er schließlich die entscheidenden Worte hörte, in einer Berliner Arztpraxis: „Herr Beck, wenn Sie auf dem Level weitertrinken, werden Sie nicht mehr lange leben. Vielleicht ein Jahr. Bestenfalls zwei bis drei Jahre.“
„Doch ich wollte weiterleben – und nicht sterben“, sagt Beck, der seiner damaligen Freundin alles beichtete. Schließlich hätte sie sich gewundert, wenn er ohne Erklärung für einige Wochen in die Entgiftung verschwunden wäre.
Zwei Entzüge in Suchtkliniken, drei Wochen in der Geschlossenen
Dass er es letztlich schaffte, von der Droge loszukommen, hatte der ehemalige Marinesoldat seiner militärischen Disziplin zu verdanken. Und weiteren Medizinern. Die ihm mit Medikamenten Linderung verschafften und mit einer Konfrontationstherapie seine Ängste vor geschlossenen Räumen und Menschenmengen bekämpften.
Nach zwei Entzügen in Suchtkliniken, drei Wochen in der geschlossenen Abteilung einer Nervenheilanstalt, nach einem verlorenen Führerschein und dem Verlust des Jobs ging es für den Manager schließlich wieder bergauf. „Seit dem 18. Februar 2001 bin ich trockener Alkoholiker und werde es bis zu meinem Tod bleiben.“
Olaf Beck redete bei „Wer wird Millionär“ über seine Sucht
Dass sich Beck zur Schilderung seines Leidenswegs entschlossen hat, verdankt er einem weiteren ungewöhnlichen Ereignis. Durch seinen aufwendigen Lebensstil – mit Schulden belastet – entschied er sich, alles auf eine Karte zu setzen und bei Günther Jauchs „Wer wird Millionär?“ mitzumachen. Die TV-Sendung, in der er 2022 nicht nur 64.000 Euro gewann, sondern auch über seine Sucht sprach, brachte ihm Hunderte Zuschriften von Betroffenen. „Und von noch mehr sogenannten Co-Abhängigen“, erinnert sich Beck an die Hilflosigkeit, die Angehörige und Freunde von Menschen mit Alkoholproblemen ihm schilderten.
Die große Resonanz von gut 600 Fernsehzuschauern waren für ihn die größte Triebfeder dafür, den Weg aus der Sucht in einem Buch zu schildern. Eine Lektüre, die anderen Menschen mit Drogenproblemen einen Anstoß geben könnte. Schließlich müsse jeder Betroffene selbst an den Punkt gelangen, an dem er sage „ich brauche Hilfe, ich will das nicht mehr.“
Eigentümer des Side Hotels zeigte Beck die Gelbe Karte
Beck hat diese Wende erfolgreich gemeistert. Er kam nach der Therapie 2004 nach Hamburg, leitete jahrelang das Side Hotel in der City, machte allerdings auch hier noch einmal schwierige Zeiten durch. Denn Inhaber Gregor Gerlach musste seinen Hoteldirektor auf die rechte Bahn bringen, wie er im Buch offen zugibt. „Ich war zu einem egozentrischen ‚Generaldirektor‘ mutiert“, erinnert sich Beck, „abgehoben, arrogant“. Die Mitarbeiter beschwerten sich über ihren Chef.
„Ich habe die Gelbe Karte bekommen, drei Monate Zeit, mit meinem Team wieder alles in Ordnung zu bringen – und den Hinweis, ein Seminar für Persönlichkeitsentwicklung bei meinem Bruder Tobias Beck zu besuchen. Beides habe ich gemacht.“ Ein weiterer großer Lernschritt für Beck. Es folgten noch einige erfolgreiche Jahre im Side, bis er schließlich 2010 nach sechs Jahren eine neue Herausforderung annahm.
Olaf Beck ist der Hotellerie treu geblieben
Heute führt Beck ein neues, erfolgreiches Leben, arbeitet seit 2018 als Director Human Relations bei der Hotelkette Novum Hospitality und betreut über 65 Standorte der angeschlossenen City-Hotels in Europa. In seinem Büro in Hamburg kommen regelmäßig Führungspersönlichkeiten zu Schulungen zusammen. Das Ziel: Weiterbildung in Sachen Management und Service.
Als Gastdozent an der Internationalen Hochschule Bremen und als Coach widmet er sich zudem seinem neuen Thema Persönlichkeitsentwicklung. Beck will auch auf diese Weise anderen Menschen dabei helfen, ein suchtfreies und selbstbestimmtes Leben zu führen.
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Olaf Beck: Ohne Alkohol, mit Auszeiten in St. Peter-Ording
Zugleich achtet der Fußballfan heute mehr auf sich, läuft regelmäßig um die Alster. Wenn er mal durchatmen muss, fährt er nach St. Peter-Ording, lässt sich Zeit für die schönen Dinge des Lebens – und ist frisch verliebt, wie er mit einem Lächeln erzählt.
Und er richte sich nach einem wunderbaren Leitsatz, sagt der in St. Georg lebende Wahl-Hamburger: „Die Qualität deiner Gedanken bestimmt die Qualität deines Lebens.“ Er arbeitet auch für sich weiter daran, seine Gefühle nicht in Sorgen abgleiten zu lassen. Im kommenden Jahr steht ein Flug an, nach Zypern, ins Ferienhaus seines Bruders. Vor Jahren hätte er die Maschine nicht besteigen können, aus Angst vor einer Panikattacke. Jetzt will er sich der Situation stellen.
Das Buch „Abgestürzt“ erscheint am 11. Oktober bei Ariston.