Hamburg . Premiere für Geburtenmelder nach dänischem Vorbild. Song in 14 Sprachen. Viele Anwohner begeistert, aber auch kritische Stimmen.
Aus dem blau illuminierten Hochhaus erklingen sanfte Töne, die sich durch zusätzlich aufgestellte Lautsprecher am Boden in die nähere Umgebung verteilen. Langsam füllt sich der Platz nahe der U-Bahn-Haltestelle Mümmelmannsberg. Kinder, Erwachsene, Rentner – sie alle warten jedoch auf einen ganz anderen Klang, darauf, dass endlich die Hymne gespielt wird.
Die Hymne, das ist eine Willkommensmelodie, mit der von heute an Neugeborene im Stadtteil begrüßt werden sollen. Diese haben Bewohner, Schulklassen und Bands in Kooperation mit dem Stadtteilkantorat komponiert und eingesungen. Am Dienstag wurde sie feierlich präsentiert und zum ersten Mal öffentlich gespielt.
Neue, stadtteileigene Musik
„Es ist eine stadtteileigene Musik, ein ganz buntes Stück entstanden“, sagt Franziska Wellner vom Stadtteilmarketing Mümmelmannsberg bei der Begrüßung. Dann ist es endlich so weit, und der Willkommensgruß erklingt aus den eigens für diesen Zweck angebrachten Lautsprechern am Hochhaus an der Kandinskyallee 20. „Herzlich willkommen. Schön, dass du da bist. Mitten in Mümmelmannsberg“, hört man zunächst verschiedene Stimmen sagen. Danach in anderen Sprachen, bevor daraus eine Melodie mit Gesang wird.
Insgesamt seien rund 150 Menschen an dem Projekt „Willkommensklänge. Der Geburtenmelder von Mümmelmannsberg“ beteiligt gewesen, schätzt Franziska Wellner. Von der Idee bis zur Realisierung habe es ein Dreivierteljahr gedauert, sagt die 36-Jährige, die das Projekt geleitet hat.
„,Mümmel‘ ist wie ein Dorf"
Die Hymne ist eine Kombination aus einer Grundmelodie mit Gesang und variierenden Willkommensgrüßen in verschiedenen Sprachen. „Mümmelmannsberg ist ein bunter Stadtteil mit vielen Kulturen“, sagt Wellner. Insgesamt wurden Grüße in 14 Sprachen aufgenommen, die unterschiedlich kombiniert in der Hymne erklingen. Deshalb existieren 20 bis 30 unterschiedliche Versionen. Welche dieser Versionen bei einer Geburt gespielt wird, entscheidet ein Zufallsgenerator. „Es war so schön, mir sind fast die Tränen gekommen“, sagt die 26 Jahre alte Celina Siebert, die selber vor drei Monaten Mutter geworden ist, nachdem sie die „Willkommensklänge“ zum ersten Mal gehört hat. „,Mümmel‘ ist wie ein Dorf. Es ist toll, dass wir ein neugeborenes Mitglied jetzt auf diese Weise begrüßen.“
Kritik an Neuerung
Auch Rentner Hans Budischewski, der bereits seit 46 Jahren hier lebt, ist begeistert. „Es ist eine sehr schöne Idee, damit die Leute zusammenkommen.“ Die zehn Jahre alte Lilian, die mitgesungen hat, freut sich, „dass es so ein schönes Lied geworden ist“. Es gibt aber auch kritische Stimmen. „Wir haben hier andere Probleme als neugeborene Kinder. Drogenhandel, Kriminalität, zu wenig Angebote für Kinder und alte Menschen“, sagt eine 62 Jahre alte Anwohnerin, die ihren Namen nicht nennen möchte.
Die Idee zum Geburtenmelder wurde in der dänischen Stadt Aarhus begründet. Dort gibt es den sogenannten Geburten-Gong, der in der öffentlichen Bücherei ertönt, wenn ein Baby geboren wird. Begeistert von der Idee, wollte man nach diesem Vorbild auch in Mümmelmannsberg Neugeborene willkommen heißen. „Mümmelmannsberg ist ein sehr familienfreundlicher Stadtteil. Wir haben sehr viel positives Feedback bekommen“, sagt Projektleiterin Wellner.
Die Zahlen geben ihr recht. Allein im Jahr 2017 sind 196 Babys in Mümmelmannsberg zur Welt gekommen. „Die Bewohner freuen sich, dass etwas so Positives gefeiert wird. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Eltern im Stadtteil es mitbekommen“, sagt Wellner.
Alle zwei Tage abgespielt
Trotz der berechtigten Freude, kann so eine Melodie, die im Schnitt alle zwei Tage durch die Straßen tönt, nicht auch nervig sein? „Wir haben darauf geachtet, dass die Hymne in einer Lautstärke abgespielt wird, die weder die Bewohner noch Passanten stören wird“, betont Franziska Wellner.
Auch die Zeiten sind eingeschränkt. Die Willkommensklänge werden nur werktags in der Zeit von 10 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr abgespielt. Die Lautsprecher werden über eine Website gesteuert, die nur Mitarbeiter vom Stadtteilmarketing freischalten können.
Damit die Hymne anlässlich der Geburt des eigenen Kindes gespielt wird, müssen Mümmelmannsberger aktiv werden und sich online registrieren. Die Anmeldung erfolgt anonym. Wer möchte kann den Namen des Kindes jedoch auf der Website des Stadtteils veröffentlichen.