Hamburg . Essen auf Herd löst das bisher verheerendste Feuer des Jahres aus. 20 Bewohner in Sicherheit gebracht. Lange Reihe gesperrt.

Vor dem Zindler-Haus an der Straße Koppel wimmelt es am Dienstagvormittag von Feuerwehrleuten, es ist kurz nach 11 Uhr. Rauch strömt aus einem Fenster im zweiten Obergeschoss der Wohnanlage für Senioren. Direkt an das trutzige Rotklinkergebäude – es gehört der Heerlein- und Zindler-Stiftung – grenzt ein Pflegeheim. Schon allein deshalb, weil ältere Menschen betroffen sind, ist die Hamburger Feuerwehr gleich bei der ersten Alarmierung mit einem Großaufgebot ausgerückt. Zwei Löschzüge sind zum Brandort gerast – üblich ist nur einer.

Feuerwehrleute geleiten eine alte Dame ins Freie, sie steht auf wackligen Beinen, muss sich auf ihren Rollator stützen; weitere ältere Herrschaften folgen. Rettungskräfte und Mitarbeiter der Stiftung müssen insgesamt 20 überwiegend hochbetagte Menschen aus dem Gebäude an der Koppel 17 in Sicherheit bringen. Gleichzeitig bekämpfen Feuerwehrleute den Brand im zweiten Obergeschoss. Nach gut einer Stunde sind sie sicher: Alles ist unter Kontrolle. Doch es kommt ganz anders.

Flammen fressen sich an Wandverkleidung hoch

Die Nachlöscharbeiten in der Brandwohnung sind bereits voll im Gang, als die Feuerwehrleute bemerken, dass dichter Rauch aus dem Dachgeschoss aufsteigt. Unbemerkt haben sich die Flammen in einer Wandverkleidung auf der für die Feuerwehr nicht zugänglichen Rückseite des Hauses zu einer Zwischendecke hochgefressen – und dort weiter ausgebreitet. Die Folgen sind verheerend: Binnen kurzer Zeit steht der Dachstuhl auf einer Fläche von 30 mal 15 Metern in Flammen.

Und damit wird aus dem sogenannten „Feuer 2“ endgültig ein Großbrand der Kategorie 4. Es ist der erste Großbrand für die Hamburger Feuerwehr im neuen Jahr. Vier Löschzüge und bis zu 130 Feuerwehrleute sind im Einsatz. Damit die Löschfahrzeuge und Rettungswagen ungehindert zum Brandort kommen, wird die Straße Koppel abgesperrt, später auch die Lange Reihe. Die Buslinien 6 und 37 müssen umgeleitet werden. Stundenlang können die Busse zwei Haltestellen nicht anfahren, darunter auch die Asklepios Klinik St. Georg.

Löscharbeiten gestalten sich extrem aufwendig

Die Rauchsäule, die über dem Zindler-Haus aufsteigt, ist gewaltig und noch aus mehreren Kilometern Entfernung zu sehen. Selbst von Winterhude aus sind die dunklen Schwaden gut zu erkennen. Während die Feuerwehr das Dach per Teleskopmastfahrzeug fortlaufend von außen mit Wasser kühlt und die Flammen von innen mit mehreren C-Rohren bekämpft, sitzen die 20 Bewohner sicher in der Kantine des an die Wohnanlage grenzenden Pflegeheims der Stiftung. Doch auf ein Ende des Einsatzes warten sie vergebens.

Zumal sich die Löscharbeiten ex­trem aufwendig gestalten. Am Nachmittag, gegen 15 Uhr, ist der Brand zwar endlich gelöscht – abrücken können die Feuerwehrleute aber noch lange nicht. Stattdessen bauen sie Flutlichtmasten vor dem Gebäude auf, damit sie in der nahenden Dunkelheit noch etwas erkennen können. „Die Nachlöscharbeiten sind extrem kompliziert“, sagt ein Feuerwehrsprecher. Immer wieder würden seine Kameraden neue Glutnester in dem Dachstuhl entdecken. Um sie zu lokalisieren, müssten sie Zwischendecken aufbrechen. Noch am späten Abend dauert der Feuerwehreinsatz an.

Feuer-Opfer können ins Pflegeheim nebenan umziehen

Nach Abendblatt-Informationen war das Feuer in der Küche der zunächst betroffenen Wohnung durch brennendes Essen auf dem Herd ausgebrochen. Da die Wohnung offenbar mit allerlei Gegenständen vollgestellt war, fanden die Flammen reichlich Nahrung. Die Bewohnerin konnte sich aus eigener Kraft ins Freie retten und kam mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus. Schon am frühen Nachmittag kehrte sie aber zum Brandort zurück.

Die Wohnung der alten Dame ist komplett ausgebrannt. Insgesamt haben 21 Wohnungen durch die Rauchentwicklung und die Löschwassermassen Schaden genommen. Bauprüfer und Feuerwehrleute inspizierten noch am Dienstag sämtliche Wohnräume in dem betroffenen Gebäude – und konnten Entwarnung geben, zumindest teilweise. Einige Bereiche in dem Haus seien weiterhin bewohnbar, hieß es, andere nicht mehr. „Ansonsten stehen den Betroffenen Zimmer in dem angrenzenden Pflegeheim zur Verfügung“, sagte Feuerwehrsprecher Werner Nölken. Die Umquartierung sei aber nicht mehr Sache der Feuerwehr, sondern obliege der Einrichtungsleitung.