Hamburg . Nach der Vergewaltigung in einer Bar kämpfen Betreiber um den Ruf der Partymeile. Was Polizei und Clubinhaber für Silvester planen.
Das hat gerade noch gefehlt: Knapp drei Wochen vor Silvester steht die Große Freiheit auf St. Pauli wieder in den Schlagzeilen. Wie berichtet, soll ein 34 Jahre alter Mann am Sonntagmorgen in der Bar "99 Cent" eine 24-Jährige in einer Toilettenkabine vergewaltigt haben. Zuvor hatte der gebürtige Marokkaner, der im September 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen war, die junge Frau "mehrfach angetanzt", wie ein Polizeibeamter sagte.
Eine Tat, die bei vielen sofort die Erinnerungen an die vergangene Silvesternacht hervorruft. Damals hatten nach Silvester mehr als 400 Frauen in Hamburg vorwiegend wegen Sexualdelikten Anzeige erstattet. Viele von ihnen schilderten, sie seien im Gedränge auf der Großen Freiheit von mehreren Männern belästigt und im Intimbereich, am Po oder am Busen berührt worden. Die Polizei gründete daraufhin eine eigene Taskforce "Silvester", um die Fälle aufzuklären. Jedoch kam es in nur drei Fällen zur Anklage.
Türsteher sollen verstärkt Präsenz zeigen
Auf der Großen Freiheit hoffen viele Betreiber nun, dass sich die Feierwütigen trotz allem in diesem Jahr nicht davon abschrecken lassen, Silvester auf dem Kiez zu feiern – vor allem junge Frauen. "Natürlich haben wir die Befürchtung, dass weniger Gäste kommen", sagt Geschäftsführer Christian Fong (u.a. Dollhouse, Shooters, Safari Bierdorf). "Deshalb ist klar, dass wir etwas tun müssen." So sollen Polizei, Betreiber und Security-Unternehmen in diesem Jahr noch enger zusammenarbeiten. "Wir werden an jeder Tür mindestens zwei bis drei Security-Mitarbeiter haben", so Fong weiter. "Sie werden nicht nur einen Blick auf die Situation auf der Straße haben, sondern auch in den Läden verstärkt präsent sein."
Einzelne Betreiber wollen zudem die Zahl der Türsteher deutlich erhöhen. "Wir werden in der Silvesternacht insgesamt sechs Türsteher einsetzen, die vor und in unserem Club für die Sicherheit der Gäste sorgen", sagt Tom Stutz, Betreiber der „Kiez Alm“ an der Großen Freiheit. Das seien noch einmal zwei mehr als sonst. "Die Menschen können sich bei uns sicher fühlen."
Auch Dragqueen Olivia Jones will das Personal in ihren beiden Bars "Olivias Show Club" und "Olivia Jones Bar" zu Silvester aufstocken. "Bei uns gilt zudem das Prinzip der 'freundlichen Tür': Jeder, der Unterstützung braucht, kann sich an unsere Mitarbeiter wenden", so ein Sprecher der Olivia Jones Familie. Das Sicherheitspersonal sei insbesondere anhand der blauen Armbinden gut zu erkennen, die viele Türsteher an der Großen Freiheit an diesem Abend tragen würden.
Benjamin Steinicke, Geschäftsführer der „Großen Freiheit 36“, befürchtet zwar, dass in diesem Jahr etwas weniger Gäste zu Silvester auf den Kiez kommen, dennoch sei er zuversichtlich, dass sich Fälle wie im vergangenen Jahr nicht wiederholen werden. "Wir werden unser Personal nicht aufstocken, aber alle unsere Mitarbeiter werden ein Auge darauf haben, was in und rund um das Gebäude passiert", so Steinicke. "Wir hoffen, dass die Gäste mit einem guten Gefühl zu uns kommen und wir ihnen die Angst nehmen können – auch wenn die hohe Polizeipräsenz für den einen oder anderen vielleicht etwas bedrohlich wirkt."
Polizei plant mobile Wache am Nobistor
Tatsächlich will die Hamburger Polizei am Jungfernstieg und auf dem Kiez in diesem Jahr besonders viel Präsenz zeigen. So soll nach Abendblatt-Informationen am Nobistor, unweit der Großen Freiheit, eine mobile Polizeiwache errichtet werden. Des Weiteren soll eine Hundertschaft von erfahrenen Einsatzkräften für die Große Freiheit abgestellt werden. Clubbetreiber werden zudem gebeten, die Außenbeschallung auf der Straße möglichst gering zu halten, um die Kommunikation der Polizeibeamten nicht zu behindern. "Wir haben uns intensiv auf den Silvestereinsatz vorbereitet", sagte Polizeisprecher Timo Zill vor kurzem dem Abendblatt. Die Hamburger Polizei will ihr Sicherheitskonzept für Silvester noch in dieser Woche vorstellen.
Alle Beteiligten wissen, wie wichtig eine gute Vorbereitung mit Blick auf Silvester in diesem Jahr ist. "Weder die Polizei, noch die Betreiber können es sich leisten, dass es in diesem Jahr wieder zu ähnlichen Vorfällen wie im vergangenen Jahr kommt", sagt Christian Fong. Der Imageschaden wäre nicht nur für St. Pauli, sondern für die Stadt Hamburg insgesamt gewaltig. "Daher werden wir gemeinsam alles menschenmögliche dafür tun, dass die Gäste in diesem Jahr sicher feiern können."