Hamburg. Am 14. Oktober 1948 erschien die erste Ausgabe des Hamburger Abendblatts. Die erste Geschäftstelle war eine schlichte Holzbaracke.
Es dauerte nur vier Stunden, bis am 14. Oktober 1948 alle 60.000 Exemplare der ersten Ausgabe des Hamburger Abendblatts verkauft waren. Er wolle eine Zeitung machen, „die den Menschen in den Mittelpunkt ihrer ganzen Betrachtungen stellt“, sagte Verleger Axel Springer.
Dazu gehörte von Anfang an, die Zeitung auch mithilfe eines besonderen Anlaufpunkts im Zentrum der Stadt zu verankern. Und so eröffnete mit dem Erscheinen der Zeitung auch die erste Abendblatt-Geschäftsstelle: eine schlichte Holzbaracke an der Adolphsbrücke, nur einen Steinwurf vom Rathaus entfernt.
Dort konnten Interessierte draußen ein in Glaskästen ausgehängtes Exemplar des Abendblatts gratis lesen oder sich eine Zeitung kaufen oder eine Anzeige aufgeben. Zugleich war dieser Ort für die Verteilung der Zeitung unverzichtbar. „Nach den Verkäufern vom Jungfernstieg holen Expressradfahrer dicke Zeitungspakete bei der Geschäftsstelle ab und verkaufen sie an Kioske und Zeitungsläden“, hieß es zum 60. Geburtstag des Abendblatts.
Gut ein Jahr nach der Erstausgabe zog die Geschäftsstelle an den Gänsemarkt um. Das Grundstück sei ausgesprochen traditionsreich, berichtete die Zeitung seinerzeit. „Dort eröffnete im Januar 1678 das erste Deutsche Opernhaus seine Pforten. 1765 wuchs ein neues, größeres Gebäude empor: das Deutsche Nationaltheater, das später baufällig wurde und verschwand.“
Rasch entwickelt sich die Abendblatt-Geschäftsstelle zu einem viel besuchten Ort. In einem Leseraum konnte man die Zeitungen des Springer-Verlages lesen oder an einem Kiosk kaufen. Auch ein politischer „Leserservice“ wurde geboten. „Das Abendblatt hat von der neuen Hamburger Verfassung Sonderdrucke angefertigt“, berichtete die Zeitung am 6. Juni 1952. „Sie sind ab heute in unserer Geschäftsstelle am Gänsemarkt kostenlos erhältlich.“
Dass die Geschäfte gut liefen, hatte auch mit den Jahr für Jahr steigenden Anzeigenumsätzen zu tun. „Gestern, Freitag den 13. Juni 1952, ereignete sich in unserer Hauptgeschäftsstelle am Gänsemarkt etwas, was sich seit der Währungsreform in keiner deutschen Stadt und bei keiner deutschen Tageszeitung ereignet hat: Die millionste Anzeige wurde aufgegeben“, berichtete das Abendblatt tags darauf.
Doch die Hauptgeschäftsstelle war nicht nur ein Ort, an dem die Menschen Geld ausgeben konnten. Die Leser konnten hier auch Ungewöhnliches erleben. So berichtete das Abendblatt im Oktober 1949 von „dicken Menschentrauben“, die sich vor den Fenstern drängten. „In die Bilder, die das Abendblatt bisher ausgehängt hat, ist Leben gekommen, und die bisher toten Münder haben zu sprechen begonnen. Hinter einer Mattglasscheibe rollt ein Tonfilmstreifen ab. Das lebendige aktuelle Geschehen unserer Tage präsentiert sich unseren Freunden, die sich draußen drängen, im lebendigen Bild.“
Im August 1952 saß ein Mensch im Schaufenster. Der Hamburger Metallbildhauer Fritz Henneke zeigt dort sein Handwerk. Einige Jahre später konnten Schallplatten abgehört werden. „Keine gewöhnlichen Schallplatten, sondern der letzte Schrei auf dem Gebiete der Plattentechnik: stereophonische Aufnahmen.“
1953 wurde die Fläche verdoppelt. Nun stand „ein vorbildlicher Reisedienst zur Verfügung, der alle Wünsche, die mit einer Reise zusammenhängen, erfüllt. Hier gibt es auch die Flugkarten für Rundflüge über Hamburg (ein etwa 15-Minuten-Flug kostet nur 10 Mark).“
Es waren zudem Kulturveranstaltungen, mit denen die Geschäftsstelle punkten konnte. Hamburgs Lesekistenwettbewerb, die Präsentation der schönsten deutschen Bücher oder Signierstunden mit dem Ballettdirektor John Neumeier und dem Jazzmusiker Axel Zwingenberger zogen nicht nur Abendblatt-Leser an.
Mehr als 28 Jahre blieb die Abendblatt-Geschäftsstelle am Gänsemarkt. Danach folgten Stationen an der ABC- und der Dammtorstraße. Als Ende der 90er-Jahre das am Rathausmarkt gelegene Modehaus Dyckhoff geschlossen wurde, zog das Abendblatt in die Räume ein, 2005 in die Axel-Springer-Passage an der Caffamacherreihe. Längst wurden in den Geschäftsstellen – im Umland gab es sie in Bergedorf, Norderstedt, Harburg und Ahrensburg – auch Konzertkarten, Bücher und Kalender verkauft.
Nun wird es wieder eine Geschäftsstelle in Rathausnähe geben. Am 25. April eröffnet im Abendblatt-Verlagsgebäude am Großen Burstah 18–32 eine neue, gut 130 Quadratmeter große Geschäftsstelle. Kunden können hier Anzeigen aufgeben, Bücher über Hamburg kaufen und bekommen Fragen zu Abonnements beantwortet. Daneben gibt es den Abreißkalender, die Lebkuchendose und den Adventskalender. Und – nicht zuletzt – Eintrittskarten für fast alle kulturellen Veranstaltungen in Hamburg.