Hamburg/Berlin. Beim Arbeitsamt bekam er den Tipp, Regisseur zu werden. Nun erhält Ilker Çatak den Studenten-Oscar in Gold für seinen Film „Fidelity“.
Bereits 2014 war Ilker Çatak (31) für seinen Film „Wo wir sind“ für den Studenten-Oscar nominiert - der Film über eine drogenabhängige Mutter, die um das Sorgerecht für ihre Tochter kämpft, ging aber leer aus. „Für einen Zweit-Semesterfilm ist das vielleicht auch ein bisschen viel verlangt“, schmunzelte der Jungregisseur mit den deutsch-türkischen Wurzeln damals. Ein Jahr später hat es dann doch geklappt: „Fidelity“ hat am Donnerstagabend (Ortszeit) in Beverly Hills bei Los Angeles den Studenten-Oscar in Gold verliehen bekommen.
Film spielt während der politischen Unruhen in der Türkei
Das teilte die Academy of Motion Picture Arts and Sciences mit. Der Film, auf Türkisch „Sadakat“, ist Çataks Abschlussfilm an der Hamburg Media School. Dass der Studenten-Oscar in der Sparte „Ausländischer Film“ in diesem Jahr nach Deutschland geht, war seit Wochen klar. Erst jetzt wurde aber bekannt, wer mit Gold, Silber und Bronze geehrt wird. Alle drei Teilnehmer der Endrunde waren zum ersten Mal aus Deutschland. Silber gewann Dustin Loose von der Filmakademie Baden-Württemberg für den Film „The Last Will“ („Erledigung einer Sache“). Der Nachwuchsregisseur Patrick Vollrath aus Bad Grund im Harz hat Bronze gewonnen. Der 30-Jährige wurde für sein Werk „Alles wird gut“ ausgezeichnet, wie die Academy of Motion Picture Arts and Sciences mitteilte.
„Das ist ein wahnsinniges Hochgefühl, zu wissen, dass der Film sein Publikum findet und die Leute universell berührt“, sagte der Filmemacher nach der Bekanntgabe. „Fidelity/Sadakat“ spielt während der politischen Unruhen in der Türkei rund um den Taksim-Platz und wurde 2014 mit großem Risiko in Istanbul gedreht.
„Es geht um Mut und Haltung“
„Ich habe einfach das Bedürfnis gehabt, einen Film zu machen, der die politische Situation in der Türkei aufgreift“, sagt Çatak. Der Film erzählt von einer jungen Ärztin, die in einem Krankenhaus arbeitet. Auf der Straße toben Krawalle zwischen Demonstranten und der Polizei. In einer spontanen Aktion bietet sie einem politischen Aktivisten Schutz - dadurch gerät auch ihre Familie ins Visier der Polizei. „Es geht um Mut und es geht um Haltung und darum, dass man zu gewissen Dingen steht im Leben“, sagt der 31-Jährige.
Geboren wurde Ilker Çatak 1984 in Berlin. Im Alter von 12 Jahren zog er mit seiner Familie nach Istanbul und machte dort sein Abitur. Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück und studierte Film- und Fernsehregie in Berlin - nachdem ein Sachbearbeiter beim Arbeitsamt ihn nach seinen Hobbys gefragt und ihm dazu geraten hatte.
Sein Idol ist der Hamburger Regisseur Fatih Akin
2011 wird er Autorenstipendiat des Bayerischen Rundfunks und arbeitet nebenher als Werbefilmregisseur. 2012 bis 2014 macht Çatak, der den Hamburger Regisseur Fatih Akin („Gegen die Wand“) sein Idol nennt, seinen Master in Filmregie an der Hamburg Media School. Seitdem lebt er in Hamburg und Berlin. Nach Los Angeles wird der Filmemacher in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal reisen - nachdem er dort bereits seinen Film beim Palm Springs Festival gezeigt hat.
Im vergangenen Jahr waren zwei deutsche Regisseure in der Endrunde. Die goldene Trophäe ging an den Münchner Regisseur Lennart Ruff für seinen Abschlussfilm „Nocebo“, der an der Hochschule für Fernsehen und Film in München entstanden war. Peter Baumann holte Bronze mit seinem schwarzhumorigen Kurzfilm „Border Patrol“.
Chance auf Preis bei der großen Oscar-Verleihung
Mit den Studenten-Oscars ehrt die Akademie seit 1972 Auslands-Regisseure und junge Talente von Filmhochschulen in den USA. Gewinner der Nachwuchspreise mischen häufig auch in den Kurzfilm-Sparten bei der großen Oscar-Verleihung mit.
Der Studenten-Oscar hat sich als Sprungbrett für eine Hollywood-Karriere erwiesen. Regisseure wie John Lasseter (“Toy Story“, „Findet Nemo“), Spike Lee (“Malcolm X“, „Inside Man“) und Robert Zemeckis (“Zurück in die Zukunft“, „Cast Away“) zählen zu den früheren Preisträgern.