Hamburg. Das Klubhaus St. Pauli mit Bars, Bühnen und Discos wird am 23. September offiziell eröffnet, zeitgleich mit dem Reeperbahn Festival.

Im Eingang stapeln sich noch Plastiksäcke mit Müll. Handwerker in staubbedeckten Blaumännern wuseln auf jeder Etage herum. Es werden Lampen montiert, Fußböden versiegelt, Kabel gezogen. Vieles im Klubhaus St. Pauli sieht noch unfertig aus, das ist vor Eröffnungen nicht ungewöhnlich. Wenn der Neubau am 23. September zum Start des Reeperbahn Festivals in Betrieb genommen wird, wird das Gebäude in jenem Glanz erstrahlen, wie ihn sich die fünf Bauherren wünschen.

„Der Spielbudenplatz und St. Pauli werden mit dem Klubhaus um eine Attraktion reicher“, sagt Norbert Aust. Mit seinem Partner Corny Littmann und Gastronom Axel Strehlitz hat er der Stadt das Grundstück am Spielbudenplatz abgekauft und den fünfstöckigen Neubau zwischen Docks und Schmidt-Theater forciert, in dem vier Musik- und Tanzclubs, ein Theater und zwei Bars Programm machen werden. Einmalig wird die dreidimensionale Lichtfassade: „Das ist nicht nur Projektion, das ist Mediatektur“, sagt Aust.

Livemusik von Jazz, über Pop bis Klassik

Als erster Club hat das Kukuun seine Türen im ersten Stock schon vor fast zwei Wochen geöffnet. Betreiberin Julia Staron war schon mit ihrem alten Kukuun an derselben Stelle zu Hause, jetzt ist sie Chefin über einen niegelnagelneuen Club mit einer Kapazität von 200 Besuchern, einer geräumigen Bühne, vorzüglicher Technik und sogar einem Flügel. Das Kukuun wird täglich von 18 Uhr an geöffnet sein, zwei- bis dreimal pro Woche werden hier Musiker und Bands auftreten, Singer/Songwriter und Popbands genauso wie Jazzkapellen. Auch in den Klassikbereich will Staron sich vorwagen. „Wir sind sehr glücklich, dass wir an unseren alten Standort zurückkehren konnten“, sagt die Kulturaktivistin mit den kurzen weißblonden Haaren. „Dieses ist ein Stück Zuhause.“

Auch das Reeperbahn Festival findet im Klubhaus ein festes Domizil im ersten Stockwerk vis-à-vis vom Kukuun und mit gleicher Grundfläche. „Wir überlegen schon seit zehn Jahren, immer wieder mal einen eigenen Club zu eröffnen, weil Konzerte zu unserem Kerngeschäft gehören“, sagt Alexander Schulz, Chef des Reeperbahn Festivals.

Häkken heißt seine Spielstätte, benannt nach dem Resthof, den Schulz in Mittelschweden besitzt. Häkken wird von Mittwoch bis Sonnabend von 18 Uhr an geöffnet sein und einen Mix aus Konzerten, Tanzveranstaltungen und Barbetrieb bieten, die Türen öffnet der Club am 17. September. „Wir wollen uns hier ausprobieren, weil es Spaß macht, noch unbekannten Künstlern ein Forum zu bieten, so, wie wir es beim Festival auch tun. Geld verdienen kann man mit so einem Club nicht viel, aber der wirtschaftliche Reiz stand auch nicht im Vordergrund.“ Mit Darkstar (16. Oktober) und Willis Earl Beal (18. Dezember) stehen schon zwei hochkarätige Konzerte auf dem Programmzettel von Häkken.

Club-Besitzer: „Konkurrenz belebt das Geschäft“

Die neuen Clubs werden von den Kiez-Konkurrenten begrüßt: „Je mehr richtige Liveclubs aufmachen, desto besser für die Szene. Hauptsache, es gibt nicht noch mehr Bekleidungs­ketten, Getränkemärkte und Ballermann-Scheiß wie an der Reeperbahn gegenüber unserem alten Standort, der nur geschmacksfreie Party-Touristen anlockt“, sagt Andi Schmidt, der nach dem Abriss der Esso-Häuser mit dem Molotow ein Ausweichquartier am Nobistor bezogen hat. Auch Leif Nüske vom Mojo Club begrüßt das Klubhaus: „Je mehr Clubs, die Programm machen, desto besser für alle. Konkurrenz belebt das Geschäft. Ich bin sehr gespannt auf die bunte Mischung im Klubhaus. Es ist eine Bereicherung für den Kiez.“

Das sieht auch Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) so. „Das Klubhaus ist ein weiterer Baustein einer bewussten Politik. Der Kiez ist stark von Livekultur geprägt, mit dem Klubhaus sind wir auf dem Weg zu einer höheren Clubdichte.“ Grote hat in der Vergangenheit seinen Einfluss geltend gemacht, um dem Mojo Club einen sicheren Standort zu bieten, er hat dem Molotow geholfen, ein attraktives Ausweichquartier zu finden, und er hat sich auch für das Klubhaus stark gemacht.

Getanzt werden soll dort auch. Der Sommersalon, den Axel Strehlitz betreibt, kehrt im Klubhaus an seinen Ursprungsort zurück. Der Sommersalon, eine Tanzbar mit kleiner Bühne, soll wieder genau so aussehen wie vor dem Abriss des ursprünglichen Gebäudes. Selbst das alte Tapetenmuster ist nachgedruckt worden, damit das studentische Publikum sich schnell wieder heimisch fühlt. Vom 26. September an hat der Sommersalon täglich ab 17 Uhr geöffnet. Ein- bis zweimal pro Woche werden auf der kleinen Bühne Open-Stage-Abende veranstaltet.

Noch im Rohbau befindet sich die Rooftop-Bar in der fünften Etage

Im Untergeschoss des Klubhauses eröffnet Strehlitz im November unter dem Namen Bahnhof Pauli eine Diskothek mit einer Kapazität von 400 Gästen. „Wir haben eine Hamburger U-Bahn-Station nachempfunden. Der Club soll wie ein Bahnhofstunnel wirken. Getanzt wird im Gleisbett.“ Im Bahnhof Pauli gibt es auch eine geräumige Bühne, so dass die Disco zum Liveclub umfunktioniert werden kann. „Wenn die Nachfrage nach Konzerten im Häkken oder im Kukuun zu groß wird, können Julia und Alex in den Bahnhof Pauli ausweichen“, sagt Strehlitz.

Überhaupt verspricht er sich weitere Synergieeffekte durch die Zusammenarbeit aller Betreiber. Noch im Rohbau befindet sich die Rooftop-Bar in der fünften Etage, die der Gastronom Claus Hock gemietet hat. Die Gäste des Jahresempfangs des Bezirks Mitte konnten sich in der vergangenen Woche schon ein Bild von den Räumlichkeiten machen und den Blick von der Terrasse über den Kiez genießen.

Bereits seit Juni ist das Schmidtchen in Betrieb, ein schmuckes Theater mit 200 Plätzen und die kleinste Bühne, die Littmann und Aust neben Schmidts Tivoli und dem Schmidt betreiben. Angeschlossen daran ist im Erdgeschoss die Alte Liebe, eine Bar und Kneipe mit einer kleinen Bühne, auf der es in Zukunft unter anderem Lesungen geben soll. Die erste Nagelprobe erlebt das Klubhaus am 23. September mit der Eröffnung von Haus und Reeperbahn Festival. „Dann werden wir sehen, wie die Besucherführung klappt und wie die Akustik der einzelnen Läden zueinander passt“, sagt Alexander Schulz. Vor allem aber wird die von Urban Space entwickelte Medienfassade zum ersten Mal aufleuchten und mit ganzer Strahlkraft den Weg zu einem weiteren Zugpferd auf der Kulturmeile am Spielbudenplatz weisen.