St. Georg. Die Bahn lässt die Verkehrsströme in dem Gebäude untersuchen. Auch eine Umgestaltung des Bahnhofsumfelds wird geprüft.
Wer im Hamburger Hauptbahnhof zur Hauptverkehrszeit seinen Zug erreichen muss, steht häufig vor einer Herausforderung: Denn vor allem auf dem Südsteg ist dann kaum noch ein Durchkommen. Menschenmassen steuern in Richtung der Abgänge zu den Bahnsteigen. Unten stehen die Fahrgäste dann dicht gedrängt und warten auf ihre Züge.
Für viele Bahnkunden seit Jahren ein Ärgernis, doch jetzt hat sich die Situation weiter verschärft. Inzwischen nutzen mehr als eine halbe Million Menschen täglich den Hauptbahnhof. Etwa 50.000 mehr als in den vergangenen Jahren – und schon damals gab es ein Kapazitätsproblem.
Kommentar: Ausbau des Hauptbahnhofs kann Innenstadt aufwerten
Die Stadt macht jetzt Druck: „Da die tägliche Frequenz inzwischen bei mehr als einer halben Million Menschen liegt, muss die Erweiterung des Hauptbahnhofes möglichst zeitnah erfolgen“, sagt Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) dem Abendblatt. Die Deutsche Bahn handelt bereits: „Wir werden jetzt eine Verkehrsstromanalyse in Auftrag geben. So kann untersucht werden, inwiefern und vor allem wo es zu Engpässen kommt“, so Sprecherin Sabine Brunkhorst.
Steintorbrücke könnte überdacht werden
Klar ist, der Südsteg muss entlastet werden, da dieser zu den Hauptverkehrszeiten besonders stark frequentiert wird: Ein möglicher Plan der Bahn ist die Überdachung der Steintorbrücke, die an der Südseite des Hauptbahnhofs St. Georg mit der Innenstadt verbindet. Auf dieser „Plaza“ könnte ein neuer Eingangsbereich für den Südsteg des Bahnhofs geschaffen werden, mit Treppen und Fahrstühlen zu den Bahnsteigen. So gäbe es mehr Platz für die Reisenden und der Bahnhof wäre entlastet. Über diese Pläne hatte das Abendblatt bereits Anfang 2014 berichtet, doch nun kommt Bewegung in das Vorhaben, denn auch Staatsrat Rieckhof sagt: „Wir unterstützen daher den Ansatz der DB, zusätzliche Bahnsteigzugangsanlagen von der Steintorbrücke zu schaffen.“
Allerdings müsste der Autoverkehr dann wohl von der Brücke verbannt werden. Wie so etwas funktionieren könnte, soll auch Bestandteil einer Verkehrsuntersuchung sein, mit der ein externer Gutachter nach Abendblatt-Informationen in Kürze beauftragt werden soll. In dieser soll auch generell die Möglichkeit einer Umgestaltung des engeren Umfelds des Hauptbahnhofs geprüft werden: „Es steht außer Frage, dass auch die Verkehrsführung im Umfeld verbessert werden muss“, sagt Staatsrat Rieckhof.
Der SPD-Verkehrsexperte Ole Thorben Buschhüter hat noch weitergehende Vorschläge: „Es könnten mehr Kapazitäten geschaffen werden, wenn an Gleis 9 ein zusätzlicher Bahnsteig gebaut würde. Das wäre möglich, sobald die S 4 zwischen Altona und Bad Oldesloe fährt, denn dadurch würde die Regionalbahn 81 wegfallen und damit die Rangierfahrten.“ So könne ein Gleis eingespart und Platz für den Bahnsteig geschaffen werden, so Buschhüter weiter. Das hatte der Fahrgastverband Pro Bahn ebenfalls angeregt. Allerdings ist mit einer Realisierung der S 4 nicht vor 2024 zu rechnen.
Zustand um den Bahnhof hat sich verbessert
Jahrelang war nicht die Größe des Hauptbahnhofs das entscheidende Thema, sondern der Zustand darum herum. Angefangen von der „Pinkel-Ecke“ an der Ecke Steintorwall bis hin zum Vorplatz an der Kirchenallee, wo sich Reisende und Passanten an herumlungernden Personen und dem Unrat auf dem Boden störten. Die Stadt, die des Problems nicht Herr wurde, fand 2012 eine elegante Lösung für das Problem: Sie übertrug der Deutschen Bahn das Hausrecht auch für die überdachten Flächen außerhalb des Bahnhofs.
Seitdem gilt dort Rauchverbot und auch das Sitzen auf dem Boden, das Betteln und Trinken sind untersagt. Ebenso das Wildpinkeln. Mehrfach täglich patrouillieren Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes, auch ein Putzdienst ist im Einsatz. „Mittlerweile hat sich die Situation sehr verbessert“, sagt Sprecherin Sabine Brunkhorst, die für diese Aussage allerdings keine Zahlen und Statistiken, sondern nur die eigene Wahrnehmung und die von Reisenden und Kollegen heranziehen kann.
Michael Osterburg, Grünen-Fraktionschef im Bezirk Hamburg-Mitte, ist allerdings der Meinung, dass die Zustände hinter dem Hauptbahnhof „nicht wirklich besser“ seien. „Das Erscheinungsbild hat sich durch die Sicherungsmaßnahmen nicht verändert.“ Eine Lösung könne es nur geben, wenn Vor- und Parkplatz umgestaltet würden. Das habe seine Partei bereits vor drei Jahren beantragt. „Aber geschehen ist nichts“, so Osterburg.