Hamburg. Der Umzug des Abendblatts war eine logistische Meisterleistung, von der die Leser nichts bemerken sollten. Die Großaktion ist geglückt.
Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Selten war diese Volksweisheit so zutreffend wie beim Umzug des Hamburger Abendblatts am Wochenende. Dass eine komplette Redaktion und diverse andere Abteilungen ihren Einsatzort absolut plangemäß verlegen – und trotzdem nahtlos weiterarbeiten – gleicht einem kleinen Wunder. Auch wenn unsere Zeitung von einem Tag zum anderen noch zentraler ins Zentrum gerückt ist, hat der Leser gar nichts bemerkt. So soll es sein.
Motto der Aktion: Abendblatt mittenmang. Vom Neustart am Großen Burstah – zwischen Rödingsmarkt und Handelskammer gelegen – zeugten eigentlich nur ein gesperrter Standstreifen auf der Einkaufsstraße und drei 7,5-Tonner, die zwischen Kaiser-Wilhelm-Straße und neuer Heimat pendelten. 22 starke Männer des Umzug- und Logistikunternehmens LaHeRo aus Werdau in Sachsen hatten alle Hände voll zu tun, 3600 Kartons, Mobiliar, Computer und jede Menge Kleinkram an genau den richtigen Ort zu stellen. Weitere Zahlen siehe Kasten. Mindestens ebenso wichtig war die tadellose Funktion der gesamten Technik. Sofort und störungsfrei.
Dass diese Großaktion auf bestem Wege zum Erfolg war, registrierte Online-Vizechef Christoph Rybarczyk als Redakteur der buchstäblich ersten Stunde. Als er am Sonnabend um 7.30 Uhr seinen PC am neuen Arbeitsplatz anwarf, kam Freude auf: „Ich bin verblüfft, dass alles auf Anhieb so reibungslos funktioniert.“ Brigaden ächzender Umzugsprofis, höchst aktive IT-Spezialisten, eine fröhliche Putzkolonne und alle möglichen weiteren Helfer konnten dieses Glücksgefühl nicht trüben. Um 8.13 Uhr ging der erste Beitrag bei abendblatt.de online. Das Thema: Brand eines Reetdachhauses in Neugraben. Es folgten Aktualisierungen des Flugzeugabsturzes.
65 Fragen zum Hamburger Abendblatt – und die Antworten
Während sich die Innenstadt nach und nach mit Einkaufslustigen füllte, war im siebenstöckigen Neubau am Großen Burstah ein Großteil der Schlacht geschlagen. „Läuft alles nach Plan“, bilanzierte Projektmanager Malte Ramm von der Firma M.O.O.CON mit Hauptsitz in Frankfurt. Seite an Seite mit seiner Kollegin Sarah Leuchtenmüller aus Wien beaufsichtige Ramm den präzisen Verlauf des Mammutunternehmens. Trotz der Anspannung blieb Zeit für motivierende Worte und einen kleinen Scherz.
14 Mitarbeiter des Sicherheitsunternehmens Power trugen zum ordnungsgemäßen Fortschritt bei. Zwei von ihnen standen vor dem Haupteingang. Immer wieder wollten neugierige Passanten wissen, was sich dort denn tue. Antwort: eine ganze Menge. Denn zwischen der Haspa-Zentrale und dem just eröffneten Einrichtungsgeschäft Habitat ist demnächst auch die neue Abendblatt-Geschäftsstelle präsent.
Eine plietsche junge Frau eilte aus dem Zeitungshaus über die Straße gegenüber in den dritten Stock eines anderen Bürohauses: Es war Sophia Seiderer, die im Auftrag der Abendblatt-Verlagsleitung seit Juni vergangenen Jahres für die Initiative Umzug in Aktion ist. Die Zusammenarbeit mit dem Bauherrn lief auch am Umzugswochenende harmonisch und lösungsorientiert. Der Bauleiter hat eine erstaunliche Zahl parat: Pro Monat wurde das Volumen von knapp 15 Ein- familienhäusern ausgebaut. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Zurück ins künftige Abendblatt-Haus. Längst ist Sophia Seiderer im neuen Gebäude zu Hause. Wo sich andere anfangs noch leicht verirren, kennt die 31-Jährige jeden Meter. Als eine monströse Grünpflanze der Fotoredakteurin Ute Prumbs nur mit Mühe Platz im Aufzug fand, flitzte sie zu Fuß die Treppen hoch. Vor allem hat sie das Talent, im Umgang mit der Männerwelt der Handwerker, Kartonschlepper und Techniker den passenden, aufmunternden Ton zu finden.
Der Umzug des Hamburger Abendblatts
Zuletzt tummelten sich auf der Baustelle Tag für Tag 240 Handwerker. Jetzt, am Sonnabend, sind es „nur noch“ vier Dutzend. Überall wurde gehämmert, gebohrt und geschweißt. Schön zu sehen, wie ein Rädchen in das andere griff. Projektmanager Malte Ramm erläuterte den Ablauf. Phase eins: Entlastungsumzug am vergangenen Donnerstag. Aus dem Springer-Haus wurde alles zu diesem Zeitpunkt schon Mögliche zum Großen Burstah transportiert. Zweiter Schritt war der Hauptumzug am Freitag von 12 Uhr bis nach 21 Uhr. Am Sonntag folgte der Rest.
Applaus für weit mehr als 100 Heinzelmännchen, die nach Kräften anpackten. Ein Teil von ihnen sprach Sächsisch. „Erstaunlich, was meine Männer leisten“, lobte Mario Schröter, Teamleiter der Umzugsfirma aus Werdau. Deren Einsatz war so präzise geplant, dass am Großen Burstah grundsätzlich mindestens ein Lkw zum Ausladen vor der Tür stand. Das Fachgeschäft Lenffer begrüßte den neuen Nachbarn gegenüber mit einem großen Aufkleber an der Scheibe. Die Botschaft: Herzlich willkommen, Hamburger Abendblatt! Nach mehr als 60 Jahren am alten Standort bricht jetzt ein neues Zeitalter an. Mittenmang eben.
Kleine Pannen würzten den Ablauf. Wer am Sonnabend im Neubau eine Toilette aufsuchen wollte, stand in Räumen, in denen entscheidendes Porzellan fehlte. Gut, dass es in der Sylter Milchbar vis-à-vis einen freundlichen, verständnisvollen Wirt gab. Aber auch dieses Problem war praktisch über Nacht gelöst. Schön, wenn am Ende alles läuft.