Die Betreiber des Verrückten Hauses aus Bispingen wollen ihren vierten Standort eröffnen – in der Hansestadt, am liebsten auf St. Pauli. Projekt wurde von der EU als Leuchtturmprojekt gefördert.
Hamburg/Bispingen. Jörg Oster ist irgendwie verdreht. Vielleicht sogar verrückt. Zumindest hört er das immer wieder. Zum Beispiel, wenn er seinen Kopf in die Toilette steckt. Wenn er so tut, als ob er in der Kloschüssel abtauchen will. Diesen Scherz erlaubt er sich fast immer, wenn er in seinem Haus in Bispingen ist. Dann geht er ins Badezimmer, stützt die Hände auf dem WC-Rand ab und tut so, als würde er einen Handstand auf der Toilette machen. So sieht es zumindest auf dem Foto aus. Tatsächlich steht Jörg Oster, 41, aber auf dem Fußboden. Denn die Toilette hängt an der Decke. So wie die Dusche. Und das Sofa im Wohnzimmer. Der Kühlschrank in der Küche und das Bett im Kinderzimmer.
Im Haus der Osters in Bispingen steht die Welt auf dem Kopf. Oder besser gesagt: ein Haus. Hier ist oben unten und unten oben. Der Fußboden ist die Decke und die Decke der Fußboden. Klingt verdreht. Nahezu verrückt. Denn das soll es sein: ein verrücktes Haus. Drei dieser umgedrehten Häuser hat Familie Oster bereits gebaut, jetzt soll der vierte Standort dazukommen – in Hamburg. Dort, wo alles seinen Anfang genommen hat. Dort, wo Jörgs Vater Dirk Oster, 69, lebt und die verdrehte Idee entwickelt hat.
Nachdem er in einem Freizeitpark in Polen ein auf dem Kopf stehendes Haus gesehen hatte. „Allerdings war diese Haus drinnen komplett leer und nur von draußen eine Attraktion. Trotzdem war mein Vater davon so begeistert, dass er das Konzept importiert und weiterentwickelt hat“, sagt Jörg Oster. 2010 hat er gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Jan, 31, das erste Verrückte Haus im Tierpark Gettorf aufgezogen. Mit kompletter Inneneinrichtung.
Das Projekt wurde von der EU als Leuchtturmprojekt mit 80.000 Euro gefördert, die restlichen Kosten in Höhe von 170.000 Euro hat die Familie aus Eigenmitteln und mithilfe der Haspa finanziert. Rund 250.000 Euro hat das erste Verrückte Haus gekostet, bei dem zweiten Haus in Bispingen lag die Investitionssumme rund ein Jahr später schon bei 750.000 Euro. „In Gettorf mussten wir nur das Haus bauen und finanzieren, in Bispingen sind zudem enorme Kosten durch den Kauf des Gründstücks sowie den Bau des Parkplatzes und des angeschlossenen Cafés entstanden“, sagt Jörg Oster und erklärt, dass das zehn mal zwölf Meter große Einfamilienhaus in normaler Bauweise entsteht und dann mithilfe von zwei Kränen umgedreht wird.
Betreiber suchen Grundstück auf St. Pauli
Außerdem wird das Haus in Längs- und Querrichtung um zirka sieben Grad geneigt, um die Besucher zusätzlich aus dem Gleichgewicht zu bringen – „und den Spaßfaktor zu erhöhen“, so Oster, der mit seiner verdrehten Attraktion weiter auf Expansionskurs ist. Nachdem die Familie 2012 ein drittes Verrücktes Haus auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums Nova Eventis in der Nähe von Leipzig errichtet hat, steht jetzt Hamburg an. „Die Hansestadt ist ideal, weil es hier große Besucherströme gibt“, sagt Jörg Oster.
Die Verrückten Häuser im Tierpark Gettorf und auf dem Gelände des Nova Eventis werden von jeweils rund 25.000 bis 30.000 Menschen pro Jahr besucht, in Bispingen sind es zwischen 65.000 und 70.000 jährlich. Eintrittspreis: fünf Euro für Erwachsene, vier Euro für Kinder. „Der Standort in Bispingen direkt an der Autobahn mit dem Snow Dome, dem Kartcenter von Ralf Schumacher und McDonald’s in der Nähe sind ideal. Wir haben viele Besucher, die das Haus beim Vorbeifahren sehen und spontan reinkommen“, sagt Jörg Oster, der hauptberuflich bei einem Mineralölkonzern arbeitet. Die Suche nach einem geeigneten Standort in Hamburg läuft auf Hochtouren. Für ein schwimmendes Verrücktes Haus auf einem Ponton im Hafen haben die Unternehmer mit den verdrehten Ideen jedoch keine Genehmigung bekommen.
Aus diesem Grund haben sie umgeplant und suchen jetzt ein Grundstück auf St. Pauli. Ihr Favorit: ein Standort direkt auf dem Heiligengeistfeld – oder in der nächsten Umgebung. „Die Fläche ist zentral gelegen und zieht dank diverser Veranstaltungen viele Besucher an“, sagt Jörg Oster. Oberste Devise sei es, gesehen zu werden. „Es reicht nicht, von uns zu hören! Das auf dem Kopf stehende Haus muss man selbst von außen sehen – dann geht man auch rein.“ Erste Gespräche laufen bereits, mehr will Jörg Oster jedoch nicht sagen. Nur soviel: „Wir möchten in Hamburg nicht nur ein Verrücktes Haus bauen, sondern planen darüber hinaus noch eine vollkommen neue Attraktion.“
Und die Osters wollen die Welt noch weiter verdrehen. „Wir prüfen laufend neue Standorte.“ Zuletzt waren es Istanbul und Miami, auch mit dem Legoland sowie dem Serengeti-Park gab es bereits Gespräche. „Wir sehen noch großes Potenzial, die Welt weiter auf den Kopf zu stellen“, sagt Jörg Oster, bevor er sich verabschiedet und in sein Auto steigt. Hier draußen wirkt er ganz normal. Und gar nicht mehr verdreht oder verrückt. Das sind nur seine Häuser.