Bezirk Mitte, Bayerische Hausbau und Initiative Esso-Häuser haben sich geeinigt: Bei der Neuplanung des Esso-Häuser-Areals auf St. Pauli wird es ein Beteiligungsverfahren geben. Startschuss ist Ende August.

Hamburg. Die Location war ungewöhnlich für das Thema, der Standort aber günstig: Direkt neben dem leeren Baugrund der ehemaligen Esso-Häuser, im Panoptikum, drängten sich Bezirksamtsleiter Andy Grote und die Mitglieder der Planbude auf einer schmalen Bühne neben Obama, Adenauer, Brandt in Wachs und im Angesicht von Karl Lagerfeld. Unter ihnen seien ja Visionäre gewesen, sagte Grote zur Begrüßung, und um Visionen für St. Pauli gehe es hier schließlich auch.

Was aus der Baustelle Esso-Häuser wird, habe für den ganzen Stadtteil große Bedeutung, sagte Grote. An dieser exponierten Stelle solle wieder eine "Verbindung von Wohnen, kleinteiligem Gewerbe und ein sozial gemischtes Milieu geschaffen werden wie es typisch für St. Pauli ist". Deshalb werde nicht einfach ein üblicher Planungsprozess durchgezogen, sondern der Bezirk wolle eine "neue Beteiligungskultur" schaffen: "Wir werden diejenigen fragen, die St. Pauli ausmachen und die hier leben", so Grote. "Wir wollen Veränderungen gestalten, ohne dass St. Pauli seine Identität verliert."

Der Bezirk habe dazueine Initiative aus dem Stadtteil beauftragt, die Planbude. "Ein ungewöhnlicher Schritt", räumte Grote ein, "aber wir trauen uns eine ernsthafte Kooperation zu."

Die Esso-Häuser seien "etwas Besonderes", erläuterte Bruno Hafke vom Bauamt des Bezirks. Die Architektur der neu entstehenden Gebäude sollten "kein Fremdkörper aus Stahl und Glas" sein, sondern "pauli-spezifisch". Und: "Wir wollen herausbekommen: Welche Elemente der alten EssoHäuser können wir übernehmen?" Planer, Künstler und Menschen im sozialen Raum müssten zusammenarbeiten.

In der Planbude, einem interdisziplinären Gremium, sind verschiedenartige Kompetenzen gebündelt. Mit Margit Czenki (Künstlerin, Dozentin, GWA), Sabine Stövesand (Professorin für Soziale Arbeit, HAW) und dem Künstler Christoph Schäfer sind drei Mitbegründer des Park Fiction vertreten. Architekt und Urbanist konzipiert Stadtteilentwicklung. Tina Röthig (GWA) hat die Bewohner und Gewerbetreibenden der Esso-Häuser bei allen Miet- und Umsetzungsfragen begleitet und wird deren Einbeziehung gewährleisten. Renee Tribble ist Stadtplanerin und Dozentin mit dem Schwerpunkt Städtebau und Quartiersplanung (HafenCiry Universität) nd erfahren in Beteiligungsverfahren. Studentin Lisa Marie Zander ist aktiv in der Initiative "St. Pauli selber machen".

Das Motto der Planbude beschrieb Christoph Schäfer mit "Knack den St. Pauli Code". Die meisten Neubauten der vergangenen 15 Jahre hätten auf St. Pauli ein Angstszenario erzeugt, sie entsprächen nicht der inneren Logik des Stadtteils. Hier dürfe es nicht so enden wie im Pariser Stadtteil Montmartre, der nach einer Änderung der Pariser Mietgesetze von alten Bewohnern entvölkert und zueinem Museum geworden sei. Deshalb komme es gerade auf die Einbeziehung jener St. Paulianer an, die sich sonst nicht in Stadtplanung einschalten und nicht zu Wort melden, betonte Sabine Stövesand. "Dafür müssen wir nicht nur Komm-, sondern auch Abhol-Strukturen finden." Vielleicht nicht ganz zufällig stand Stövesand vor der Wachsfigur von Willy Brandt: "Wir sollten mehr Demokratie wagen", sagte sie.

Wir kneten uns St. Pauli

Konkret: Auf dem Spielbudenplatz (Ecke Taubenstraße) werden zwei begehbare Container als ständiges Büro der Planbude eingerichtet. Dort sollen Pläne und Vorschläge nicht nur einsehbar sein, sondern es soll auch Möglichkeiten für eigene Entwürfe der Besucher geben,z.B. mit Hilfe von Zeichenmaterial, Knetmasse und Computern. "Die Container werden das Schaufenster des Beteiligungsprozesses", sagte Stövesand.

Die Bayerische Hausbau als Grundeigentümer war auf der Pressekonferenz nicht verrtreten. Sie sei aber eingebunden und mit dem Beteiligungsverfahren einverstanden, sagte Grote. In einem "Begleitausschuss" sollen Eigentümer, Kommunalpolitik, Institutionen und Vertreter des Stadtteils sich austauschen und über strittige Fragen verhandeln. Mit der Bayerischen Hausbau gebe es bereits Einigung über "ein paar Leitplanken", nämlich einen Gewerbekomplex zum Spielbudenplatz und einen 50 prozentigen Anteil von öffentlich geförderten (Sozial-)Wohnungen dahinter.

Mit einem Eröffnungsfest Ende August soll das Beteiligungsverfahren beginnen. Es sei auf sechs Monate ausgelegt, so Grote, und solle die Grundlagen für den städtebaulichen Wettbewerb schaffen, der Anfang 2015 starten soll. Mit eine Baubeginn rechnet Grote im Jahr 2017. Zur Zeit werde der Vertrag mit Planbude ausgehandelt. Die Kosten des Beteiligungsverfahren, laut Grote "ein höherer fünfstelliger Betrag", werden mit Mitteln der Behörde für Stadtplanung und Umwelt finanziert.