26-Jähriger soll zwei minderjährige Gymnasiastinnen der Sophie-Barat-Schule mit Drohungen und Gewalt gefügig gemacht haben. Eine 17-Jährige soll er vergewaltigt haben.

Hamburg. Die Mädchen waren blutjung, gerade 17 Jahre alt. Zwei bildhübsche und intelligente Gymnasiastinnen aus wohlhabendem Hause. Morgens gingen sie in die Privatschule, abends anschaffen.

Von Sommer 2012 bis Oktober 2013 soll ein 26-Jähriger ein Mädchen von der katholischen Sophie-Barat-Schule in Rotherbaum teils mit Gewalt zur Prostitution gezwungen haben, später dann auch die Freundin der Schülerin. Die jungen Frauen sollen sich unter anderem auf einer Internetplattform und in einem Bordell angeboten haben.

Schläge, Drohungen, Psychoterror: Es ist kaum zu fassen, was David M. den beiden Schülerinnen der renommierten Privatschule laut Anklage angetan haben soll. Durch Drohungen, die sich auch gegen ihre Familien richteten, zwang er demnach Luisa F. und Karolin D. (Namen geändert) zur Prostitution. Aus Angst lieferten die Mädchen aus das Geld der Freier bei ihm ab.

Der 26-Jährige muss sich seit vergangener Woche vor dem Landgericht unter Vorsitz von Richter Ulrich Weißmann verantworten. Am Mittwoch wurde der Prozess mit der Vernehmung von Luisa F. fortgesetzt – allerdings zum Schutz der Opfer hinter verschlossenen Türen, um ihnen eine peinliche Vernehmung in öffentlicher Hauptverhandlung zu ersparen.

Zwölf Straftaten wirft die Staatsanwaltschaft David M. vor. Angeklagt ist er unter anderem wegen Zuhälterei, Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung. Außerdem legt ihm die Anklagebehörde den Besitz kinderpornografischer Schriften und einen Verstoß gegen das Waffengesetz zur Last.

Laut Anklage war Luisa F. die Erste, die in die Fänge des nicht vorbestraften 26-jährigen Afrodeutschen geriet. Nach Abendblatt-Informationen lief die Anwerbung der Schülerin so ab: David M. lungerte immer wieder vor der Schule herum und lernte dort im Sommer 2012 Luisa F. kennen.

Auf dem Schulhof in Rotherbaum hatte sich offenbar die Legende verbreitet, der Mann könne Probleme jedweder Art lösen, insbesondere auch psychische Blockaden. Er selbst soll herumerzählt haben, dass er von einem indischen Guru ausgebildet worden sei. Nachdem Luisa F. Vertrauen gefasst hatte, setzte David M. sie zunehmend unter Druck. Am Ende fühlte sich die 17-Jährige, als habe sie jemand einer Hirnwäsche unterzogen.

Wohl nur so ist erklärbar, warum die als intelligent geltende, heute 19 Jahre alte Frau (Abiturnote: 1,2) dem Angeklagten jene grotesk anmutenden Storys abkaufte, die er fortan spann.

Für bare Münze nahm der Teenager offenbar die frei herbeifantasierte Geschichte einer Bedrohung durch die russische Mafia, an deren Spitze ein besonders brutaler und gewissenloser Bursche namens Ivan stehe. Nach und nach entstand so eine Drohkulisse: Beschaffe sie nicht genug Geld, bekäme sie es mit der russischen Mafia, mit Ivan, zu tun. Und die Gangster würden nicht davor zurückschrecken, ihre Angehörigen zu entführen oder gar umzubringen. Die ganze Angstmacherei basierte indes auf reiner Suggestion: Tatsächlich hatte keines der Mädchen „Ivan“ je zu Gesicht bekommen.

Über Luisa F. geriet im Mai 2013 auch ihre gleichaltrige Freundin Karolin an den mutmaßlichen Zuhälter – er soll sie mit der gleichen Masche gefügig gemacht haben. Auch ihr tischte er die Legende von einer angeblichen Bedrohung durch die russische Mafia auf. Weigere sie sich, stehe nicht nur ihr Leben, sondern auch das ihrer Familie auf dem Spiel. Der verbalen Einschüchterung ließ der 26-Jährige offenbar Taten folgen, mehrmals soll er sie schwer misshandelt haben.

Mal versetzte er ihr Faustschläge oder trätierte sie mit einem Gürtel oder einem Bambusstock. Dann soll er ihr einen Revolver mit gespanntem Hahn an den Kopf gehalten haben: Das stehe ihr bevor, wenn die russische Mafia ernst mache. Aus Angst hätten sich die Mädchen dann prostituiert. David M. soll sie dazu gebracht haben, sich im Internet-Sexportal „kaufmich.com“ anzubieten. Luisa soll sich zudem bei einem Escort-Service und in einem Niendorfer Bordell verkauft haben. Anderthalb Jahre soll Luisa für den 26-Jährigen angeschafft haben. Karolin D. hingegen konnte sich im Juni 2013 nach nur einem Monat von ihrem Ausbeuter befreien. Sie hatte sich ihrer Mutter anvertraut, die sofort Anzeige erstattete. Seit Oktober 2013 sitzt DavidM. in Untersuchungshaft.

Nach Abendblatt-Informationen sollen die Mädchen vom Sommer 2012 an rund 30.000 Euro durch die Prostitution erwirtschaftet haben. Mehr als 90Prozent der Summe soll David M. kassiert haben.

Laut „Bild“-Zeitung soll Luisa F. dem Zuhälter außerdem 100.000 Euro gegeben haben, die sie zu ihrem 18. Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Doch dann ging David M. zu weit: Als er Luisa anstiftete, bei ihren Großeltern weitere 400.000 Euro zu erbetteln, flog die Sache bei den Eltern auf. Ob die Mitschüler der beiden Gymnasiastinnen von ihrem Doppelleben wussten, ist bis heute unklar.

Neben diesen Fällen verhandelt das Landgericht zwei weitere Vorwürfe gegen David M. Demnach soll er im Oktober 2011 eine 17-Jährige geschlagen, gewürgt und vergewaltigt haben. Das Opfer tritt – wie auch Luisa F. und Karolin D. – als Nebenklägerin auf.

Außerdem entdeckte die Polizei in der Wohnung des Angeklagten Kinderpornos: 185 Bilder und zwei Videos. Ein frühes Geständnis ist vermutlich nicht zu erwarten, das Gericht hat Verhandlungstermine bis Mitte September angesetzt. Verteidiger Tim Burkert wollte den Fall auf Abendblatt-Anfrage für seinen Mandanten nicht kommentieren. Für Anfang Juni wird mit der Aussage von Karolin D. gerechnet.