Der unterirdische Raum am Baumwall ist ein echter Publikumsmagnet. Das knapp sechs Quadratmeter große Zimmer wurde 1904 erbaut, später aus unbekannten Gründen aber zugemauert und vergessen.

Neustadt. 1904 entstand extra für Kaiser Wilhelm II. am Baumwall ein Siel-Einstieg und ein unterirdischer Umkleideraum, der später zugemauert wurde. Hans-Joachim Hoch und seine Kollegen von Hamburg Wasser hatten den Raum unlängst wiederentdeckt. Das Abendblatt berichtete im Januar darüber und gab jetzt ausgewählten Lesern die Möglichkeit, diesen historischen Raum einmal zu besuchen. Am Mittwoch standen 15 Abendblatt-Leser vor dem Sieleinstiegs-Häuschen. Unter 700 Interessenten, die sich nach dem Aufruf beim Abendblatt gemeldet hatten, war diese Gruppe ausgewählt worden.

Die Besucher zeigten sich sehr interessiert. Leser Matthias Bock, 38, hatte sich sofort angemeldet, als er die Nachricht in der Zeitung las. „Ich bin an allen unterirdischen Bauwerken interessiert“, sagt Bock. „Es ist ein Männerding, eine Sehnsucht nach dem Dunklen und Gefährlichen. Wilhelm II. hatte das Häuschen mit dem Ankleideraum bauen lassen, als die feierliche Eröffnungsfahrt für die Hamburger Kanalisation im Jahr 1904 bevorstand. Unterhalb der Hochwasseranlage am Baumwall wurde nun ein verschollenes Stück kaiserlicher Geschichte freigelegt. Seit 1904 dient das sandfarbene Einstiegshäuschen an der Straße Vorsetzen als Zugang zur Hamburger Kanalisation – es gilt als gesichert, dass der Einstieg für einen Besuch des „Reisekaisers“ Wilhelm II. in Hamburg erbaut wurde.

Ein Raum wurde später aus unbekannten Gründen zugemauert und vergessen. Knapp sechs Quadratmeter, schlauchartig, mit glasierten Fliesen verkleidet – das geheime Ankleidezimmer des Kaisers. Für eine Bootsfahrt durch die Siele, die offenbar aber nie stattgefunden hat. Nach der Entdeckung des Ankleidezimmers renovierte Hamburg Wasser den Raum für 28.000 Euro. Die Abendblatt-Leser sahen: Gleich unter der Treppe links ist das Ankleidezimmer, die kleinen, glasierten Originalfliesen an den Wänden hatte Hans-Joachim Hoch zum Teil im Alten Elbtunnel demontiert. Neben dem Zimmer ist der Einstieg der Siele. Abendblatt-Leser Rolf Meyer, 70, freute sich über diesen ungewöhnlichen Besuch. 30 Jahre lang hat er oben für die Hochbahn gearbeitet. „Ich habe mich immer gewundert, was hier unten passiert. Es ist toll, dass ich das jetzt sehen konnte.“

An diesem Sonnabend hat das Sieleinstiegs-Häuschen am Baumwall von 18 bis 22 Uhr in der Langen Nacht der Museen geöffnet