Opposition gibt SPD-Senat für das Defizit in Höhe von 37 Millionen Euro bei der Internationalen Gartenschau in Wilhelmsburg die Schuld. Unterdessen haben die Arbeiten zur Umwandlung in den Inselpark begonnen.

Hamburg. Einen Tag, nachdem Bausenatorin Jutta Blankau (SPD) das 37-Millionen-Euro-Defizit der Internationalen Gartenschau (igs) bekannt gegeben hat, herrscht immer noch Unklarheit, wie genau es zu dem Minus gekommen ist und wer es zu verantworten hat. Die Aufregung hinter den Kulissen ist groß. In der Baubehörde und Senatskanzlei laufen Gespräche darüber, wie mit dem unangenehmen Thema umzugehen sei. Personelle Konsequenzen werden derzeit jedenfalls nicht erwogen.

Nach außen aber gibt sich Blankau auf die Frage der der Aufarbeitung wortkarg. „Es gibt mit Sicherheit eine Aufarbeitung der igs. Wie wir das machen und mit wem, überlegen wir uns in den nächsten Tagen.“ Wie berichtet sollen alle zehn Fachbehörden nun einspringen, um die igs-Schulden zu begleichen. Eine Abendblatt-Nachfrage bei jeder einzelnen Behörde, wie viel Geld sie aus welchem Bereich einsparen kann, wurde ebenfalls knapp beantwortet. Die Antwort von Senatssprecher Christoph Holstein, stellvertretend für alle Ressorts, lautete: „Wir werden uns mit der Frage des Defizit-Ausgleichs beschäftigen und eine Lösung finden.“ Soll heißen: Wir werden es bezahlen, und jede Behörde gibt das, was sie übrig hat. Einzelne Projekte oder Aufgaben der Behörden sollen dem Vernehmen nach nicht zusammengekürzt oder gestrichen werden.

Dennoch weht Blankau der Wind kräftig ins Gesicht. „Investitionsplanung und Bauplanung der igs waren von den Vorgängersenaten vorbereitet, Kostenrahmen und Zeitplan wurden eingehalten“, sagt Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. „Beim Marketing und den Eintrittspreisen waren Anfang 2011 allerdings noch keine Fakten geschaffen. Gerade hier wurden unter SPD-Führung grobe Fehler gemacht und Chancen verschenkt. Die Senatorin muss sich jetzt die Frage nach der eigenen Verantwortung für das Millionendefizit stellen.“ Und Kurt Duwe, Stadtentwicklungsexperte der FDP-Fraktion, forderte Senat auf, „zügig Klarheit zu schaffen, wie der Verlustausgleich finanziert“ werden soll. „Längst ist auch absehbar, dass die vorgesehenen Mittel des Bezirksamts Hamburg-Mitte für den weiteren Unterhalt des 'Wilhelmsburger Stadtparks' nicht genügen werden. Um keine verwilderten Grünbrachen zu hinterlassen, muss der Senat dem Bezirk dabei jetzt zur Seite stehen.“

Michael Otto-Abeken, Vizepräsident des Rechnungshofes, erneuert seine Kritik, dass nicht alle Kosten für die Gartenschau genannt worden seien. „Denn erst dann kann man die Entscheidung treffen, ob eine Veranstaltung letztlich den Haushalt belastet und ob sie einem das auch wert ist.“ Nachdem der Rechnungshof die Gartenschau, wie berichtet, bereits im Jahr 2011 geprüft hatte, wird es aller Voraussicht nach keine weitere Prüfung geben. Dennoch ist Otto-Abeken gespannt auf die Abschlussbilanz der Baubehörde. „Da werden wir genau draufschauen.“ Allein schon deshalb, um etwa zu sehen, wie sich die Monorail gerechnet hat oder wie hoch die Abschreibung für den Park nun sein wird. „Die kann bei einer Million Besuchern ja nicht so groß sein wie bei den kalkulierten 2,5 Millionen.“ Auch könne eine vollständige Bilanz sich nicht auf die Betriebskosten beschränken, sondern müsse alle Investitionskosten einbeziehen. Und dann betrage das Minus nicht 37 Millionen, sondern eher rund 80 Millionen Euro.

Wenn es eine Lehre aus dem Defizit gebe, dann hofft der Rechnungshof-Vize, dass die Stadt bei künftigen voraussichtlich defizitären Veranstaltungen genauer prüft, was für Hamburg an Nutzen herauskommt. „Wenn es schon kein monetärer ist, so muss genau gesagt werden, welchen anderweitigen Nutzen die Stadt davon hat.“ Zu oft sei der Ruf zu hören, eine Veranstaltung sei „einfach wichtig für Hamburg“. Dies reiche aus seiner Sicht nicht aus. Otto-Abeken sagt aber auch, dass das Minus der igs nicht allein dem jetzigen Senat anzulasten sei. „Der hat eine weitestgehend abgeschlossene Planung übernommen.“ Die igs einfach abzusagen, hätte auch keinen Sinn ergeben.

Unterdessen haben am Tag Eins nach der Gartenschau die Umgestaltungsmaßnahmen für den neuen Inselpark begonnen. Bäume wurden mit schwerem Gerät aus Hochbeeten ausgegraben, die Gastronomie abgebaut und Beete gerodet. Bis auf den West-Eingang, der erst am 1.November geöffnet wird, standen alle Tore offen. Scharenweise strömten neugierige Besucher auf das Gelände. Bei vielen trübte sich die Vorfreude schnell: Sie ärgerten sich, dass zahlreiche Blumen vernichtet wurden und ihnen teilweise Bauzäune den Weg versperrten.

Die ersten beiden Wochen sind nach Auskunft von igs-Geschäftsführer Heiner Baumgarten die arbeitsintensivsten der Umbauphase. Deshalb werde der Park bis zum 1.November nachts geschlossen. Es gibt jedoch schon Überlegungen, das dauerhaft beizubehalten. „Wir müssen klären, in welchem Umfang wir die Parkanlage mit ihrem hohen Ausstattungsniveau und den wertvollen Einrichtungen nachts öffnen“, sagt Andy Grote, Bezirksamtsleiter von Hamburg Mitte. Es gelte das Motto: so offen wie möglich, so geschlossen wie nötig. „Wir haben Geld für die Pflege, nicht aber für fortlaufende Reparaturen“, so Grote. 1,85 Millionen Euro seien im Haushalt für den Park eingestellt, davon müsse auch Personal bezahlt und ein Betriebshof angelegt werden.

Ein Lichtblick für die Parkbesucher: Ab sofort dürfen sie Hunde und Fahrräder mitnehmen.