Die Internationale Gartenschau geht als finanzieller Misserfolg zu Ende. Doch die Wilhelmsburger gewinnen immerhin einen Inselpark hinzu.
Wilhelmsburg. Mit 15.000 Besuchern täglich rechneten die Betreiber der Internationalen Gartenschau (igs) in Hamburg – und verkalkulierten sich dabei gewaltig. Sogar an Spitzentagen wurde die anvisierte Zahl nur knapp überschritten. Rekord waren am 24. August 16.264 Besucher, am verregneten 21.Mai dagegen kamen nur 2291. Auch beim Interesse der Hamburger verrechneten sich die Veranstalter. Weit weniger als erwartet besuchten die Ausstellung im Süden ihrer Stadt.
„Die meisten Hamburger sehen Wilhelmsburg und die Veddel noch nicht als lohnendes Ausflugsziel an“, sagt Sascha Albertsen, Sprecher von Hamburg Tourismus. Darunter leide etwa auch das Auswandermuseum BallinStadt. Hamburg Tourismus war in den letzten drei Jahren für die Vermarktung der igs außerhalb der Metropolregion Hamburg zuständig. „Wir haben die Gartenschau bei Reiseveranstaltern und Reisejournalisten immer als Highlight von Hamburg vermarktet“, sagt Albertsen. Eine Besucheranalyse müsse nun zeigen, ob das Konzept erfolgreich war. Eines der wichtigsten Instrumente der Werbung, nämlich Mundpropaganda, sei bei der igs nicht zum Tragen gekommen. Rückmeldungen von Besuchern hätten gezeigt, dass „bei vielen der Funke nicht übergesprungen ist“, so Albertsen.
Roger Glossert vom Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg wiegelt ab. „Bei solchen Großausstellungen gibt es immer Besucher, die mit Teilen nicht zufrieden sind“, sagt er. Aus gärtnerischer Sicht habe es auf der igs genug Pflanzen gegeben. Für ihn ist eher die negative Berichterstattung der lokalen Presse Schuld am Misserfolg der Gartenschau. „Zwei Zeitungen haben die Gartenschau regelrecht runtergeschrieben“, sagt er.
Auch im Vorfeld der Gartenschau hatte es, gerade in Wilhelmsburg, viel Kritik gegeben. Dass Tausende Bäume gefällt und wertvolle Biotope vernichtet werden sollten, brachte viele Elbinsulaner auf die Palme. „Als lokalpatriotischem Wilhelmsburger und Kleingärtner ist mir bei den Berichten von Ökos und Linken die Hutschnur hochgegangen“, sagt etwa Mariusz Rejmanowski. Doch wie etliche seiner Mitbürger hat er seine Meinung mittlerweile revidiert. „Beim Spazierengehen über das igs-Gelände habe ich gemerkt, was für eine Idylle dort geschaffen wurde“, sagt der Vertreter einer polnischen Fluggesellschaft, der seit 1969 in Wilhelmsburg lebt. Plötzlich habe er entdeckt, dass es hier Wasser mit Uferbereichen gibt, von denen er vorher nie etwas geahnt habe. „Vieles, was früher zugewuchert war, wurde freigelegt“, sagt Rejmanowski. „Dadurch ist ein Hauch der Atmosphäre alter englischer Gärten in Wilhelmsburg angekommen.“
Zur angeprangerten Vernichtung von Biotopen ist der 55-Jährige, der sich zwar äußern, aber nicht fotografieren lassen möchte, ebenfalls zu einer anderen Ansicht gelangt. Der Haupteingang zur Gartenschau sei früher eine „Sackgasse voller Sperrmüll“ gewesen. „Was hier als Verlust eines Biotopes beklagt wurde, war lediglich der Verlust einer Monokultur aus Birken, Erlen und Brombeergestrüpp“, sagt Rejmanowski. Dagegen seien an anderer Stelle auf dem igs-Gelände Biotope mit weitaus größerer Vielfalt geschaffen worden.
Am Montag beginnt die Umgestaltung
Die Wilhelmsburgerin Ruth Lenz war anfangs ebenfalls eine strikte Gegnerin der igs. Jetzt bezeichnet sie sich als „versöhnt, aber noch nicht überzeugt“. Es bleibe abzuwarten, was von der Gartenschau für die Wilhelmsburger übrig bleibe. „Der Nutzen für uns stellt sich erst heraus, wenn der Park fertig ist“, sagt die Garten- und Landschaftsbauerin. Bereits ab Montag wird das Gartenschau-Gelände zum Wilhelmsburger Inselpark umgestaltet. Bis auf einige Bereiche ist das Areal dann wieder zugänglich für die Wilhelmsburger.
Das wird auch Zeit, findet Ruth Lenz. „Fast zwei Jahre konnten wir das Gelände nicht betreten“, sagt sie. Künftig wird es hier Grill- und Liegewiesen geben, einen Kiosk und einen Kanurundkurs. „Der Park ist hinterher vielfältig nutzbar“, sagt die Wilhelmsburgerin. „Schade nur, dass man während der Gartenschau noch nicht Boot fahren konnte.“ Ruth Lenz ist Mitarbeiterin der Elbe-Werkstätten und hofft, dass sich diese mit ihrer Gartengruppe für den neuen Inselpark engagieren können. „Es gibt die Überlegung, dass mehrere Träger der Stadt die Pflege des Parks anbieten“, sagt Ruth Lenz.
Für die Instandhaltung des Inselparks ist künftig der Bezirk Mitte zuständig. Die Kosten für das erste Jahr in Höhe von 1,9 Millionen Euro sind nach Auskunft einer Sprecherin im Haushalt bereits vorhanden.
Noch bis Sonntag hat die Gartenschau geöffnet. Das Finale wird am kommenden Wochenende kräftig gefeiert. Am Sonnabend gibt es von 20.30 Uhr bis 23Uhr auf der Hauptbühne Süd die Multimedia-Show „Colors of Nature“. Zu klassischen Melodien von Tschaikowsky oder Vivaldi wird jede Jahreszeit mit einem pompösen Feuerwerk in Szene gesetzt. In den beiden Blumenhallen laufen die Abschlussschauen „Goodbye Johnny“ und „Flussaufwärts, von der Elbe an die Havel“. Im Havelland wird die Bundesgartenschau 2015 stattfinden, daher wird die Zweite Bürgermeisterin Dorothee Stapelfeldt am Sonntag das „Staffelholz“ an die Oberbürgermeisterin der Stadt Brandenburg und andere Würdenträger der Region überreichen. Musikalisch sorgen an diesem Tag Stefan Gwildis & Band für Stimmung. Das Konzert beginnt am Sonntag um 18Uhr auf der Hauptbühne Süd.