Nicht alle schimpfen über den Regen: In Hamburgs einzigem Schirmfachgeschäft steigt der Umsatz proportional zur Niederschlagsmenge.

Hamburg. Des einen Leid, der anderen Freud: Während in Hamburg überall über den verregneten Sommer lamentiert wird, freut sich Carola Vertein über den zweiten Regensommer in Folge. Denn zusammen mit Tochter Meike (24) und Cousin Lars Finger (26) betreibt die 45-jährige „Schirmherrin“ mitten im Zentrum, an der Rosenstraße, das einzige Schirmfachgeschäft der Stadt. Und da steigt der Umsatz fast schon proportional zur Niederschlagsmenge, wie Carola Vertein halb scherzend sagt. „Wobei ein Regenschauer Sonntagnacht uns natürlich weniger bringt als einer tagsüber unter der Woche.“

+++++Sonne, Regen, Gewitter – Bauernregeln sind universell+++++

+++++Sommer ist, wenn man trotzdem lacht+++++

Bei gutem Wetter interessiere sich kaum jemand für das Geschäft, dann gingen hier pro Tag in der Regel nur um die vier Schirme über den Ladentisch. „An Regentagen ist es locker mal das Zehnfache“, erzählt Verteit, die die Schirme in ihrer Werkstatt noch von Hand selbst baut. Nachdem schon der Sommer 2011 "ins Wasser gefallen" war, freut sich Vertein auch in diesem Sommer wieder über rege Nachfrage.

Das Schirmhandwerk hat in Carola Verteins Familie Tradition: „1876 hat mein Urururgroßvater angefangen, an einem kleinen Stand auf dem Hamburger Fischmarkt Schirme zu reparieren. Seitdem hat meine Familie immer vom Schirmhandwerk gelebt.“ Ihr Vater habe sogar mal einen Schirm für den Papst gebaut, erzählt Carola Vertein. Sie hat die Kunst des Schirmebauens bereits an ihre Tochter weitervermittelt, die die Familientradition wohl weiterführen wird: Schon jetzt fertigt und repariert die 24-Jährige in der Werkstatt im Laden Schirme aller Art. Und auch das Geschäft an der Rosenstraße 6 hat beinahe schon Tradition: "Dieses Jahr feiern wir hier unser 20-jähriges Bestehen", sagt Carola Vertein.

+++++Feuer verwüsten Südeuropa - Regen nervt im Norden+++++

Regenschirme, Sturmschirme, Sonnenschirme mit integriertem UV-Schutz, Bergsteigerschirme mit spezieller Rucksackhalterung, Stützschirme, teilweise mit in den Stab eingebauten Gehstock – es gibt kaum einen Schirm, den es hier nicht gibt. Auch Spezialanfertigungen sind kein Problem für Carola Vertein, die nicht verstehen kann, dass viele Menschen sich billige Regenschirme kaufen. „Es ist doch viel schöner, wenn man ein Exemplar hat, das gut verarbeitet ist und jahrelang hält“, meint sie. Bei ihr gibt es Schirme ab 29 Euro – mehr geht immer: „Vor kurzem habe ich einen für 900 Euro verkauft“, erzählt die 45-Jährige, „der war aus Krawattenseide und hatte einen Griff aus Silber.“

+++++Geduld gefordert: Alles wartet auf Sonne+++++

Ungefähr eine Stunde braucht Carola Vertein, um einen Schirm zu bauen. Mithilfe einer Schneidemaschine, verschiedenen Nähmaschinen und allerlei filigranem Werkzeug bringt sie Stoff, Griff und Gestänge zusammen. Auch die Reparatur kaputter Schirme gehört zum Tagesgeschäft, und auch hier hängt die Nachfrage stark vom Wetter ab. „Die meisten Aufträge haben wir natürlich, wenn es regnet und gleichzeitig stürmt“, berichtet die „Schirmherrin“, „dann kommen hier täglich um die 30 Leute vorbei, um ihren Schirm wieder auf Vordermann bringen zu lassen.“

Doch wer denkt, dass das Wetter für Carola Vertein gar nicht schlecht genug sein kann, der irrt: "Ideal ist im Grunde schönes Wetter mit Schauern", meint sie, "wenn es immerzu regnet, packen die Leute ja gleich zu Hause ihren Schirm ein ." Und schlechtes Wetter bedeuetet für Carola und Meike Vertein und Lars Finger zwar gutes Geschäft, aber auch weniger Freizeit: "Bei Regen haben wir länger geöffnet als sonst", erklärt die "Schirmherrin".