Das erste Ratsherrn Pilsener wurde heute aus direkt aus den Lagertanks angezapft und verkostet. Frisch, kräftig und mit Zitrusnote.

Hamburg. Geburtstunde eines neuen, alten Hamburger Traditionsbieres: In der heimgekehrten Ratsherrn-Brauerei auf den Schanzenhöfen wurde heute "gezwickelt", also die erste Bier-Probe frisch aus den Lagertanks entnommen. Die Sorte, die hier fachmännisch von den Brauereifachleuten Thomas Kunst, Phillip Bollhorn und Nils Tillmann gebraut wurde, ist das "Ratsherrn Pilsener". Weitere Sorten wie ein Rotbier oder ein Pale Ale sollen in der Produktion folgen.

"Ich bin unheimlich glücklich", sagt Braumeister Thomas Kunst. "Als vor etwa vier Wochen hier in den neu eingebauten Kesseln das erste Mal angebraut wurde, war das schon ein hochemotionaler Moment für mich." Und jetzt, nach einiger Zeit Gärung und Lagerzeit ist die Probe des ersten Bieres aus den blitzenden Edelstahltanks die Belohnung für die Vorbereitungen der letzten zweieinhalb Jahre. "Das Bier schmeckt frisch, hat eine stark betonte Hopfennote und ein bisschen Gras, Zitrus und grüner Apfel dabei", befindet Bierkenner Kunst.

Auf den Markt kommen wird das Ratsherrn Pilsener aus Hamburg erstmalig im Juni. Bislang wird das Bier der Nordmann Gruppe in Stralsund gebraut. Ab Juli sollen die beiden Sorten Pale Ale und Rotbier im Handel erhältlich sein. Die neue mittelständische Brauerei im Schanzenviertel versteht sich als Teil der Crafts Beer Bewegung, die mit einer Zurückbesinnung auf altes Brauereihandwerk und Sortenvielfalt seit einigen Jahren vor allem in den USA Erfolge feiert.
"Wir haben uns damit auch einer langen Hamburger Tradition verschrieben. Denn vor etwa 140 Jahren war der Biermarkt in Hamburg sehr vielfältig und jedes Bier hatte seine individuelle Note. Davon haben wir uns inspirieren lassen", erklärt Ratsherrn-Marketingprofi Axel Ohm. Im März kommenden Jahres sollen in der Brauerei bereits rund acht Biersorten produziert werden.

Die können ab Sommer auch direkt auf dem denkmalgeschützten Gelände der Schanzenhöfe in einem eigenen Ratsherrn-Brauereigasthof verköstigt werden. Auf rund 120 Plätzen können Bierfreunde die Vielfalt der Craft Beer Produktion kennenlernen. Dazu bietet die Brauerei Treber-Brot aus einer hauseigenen Bäckerei und auf die Biersorten abgestimmte Speisen aus regionaler Produktion. In einer Minibrauerei-Anlage können Bierfreunde sich sogar an die Produktion eigener Biersorten wagen.
Bereits für September ist das erste größere Event auf den Schanzenhöfen geplant – dann treffen sich in der beim ersten deutschen "Craft-Beer-Festival" Hersteller aus dem In-und Ausland, um sich über die Bierherstellung auszutauschen.

Befürchtungen von Anwohnern, dass mit der Brauerei eine weitere Ballermannisierung ihres Viertels bevorsteht, mögen die Ratsherrn nicht teilen. "Wir denken, wir haben ein gemäßigtes Gastronomiekonzept", sagt Ohm, "wir wollen hier schließlich keine Touristenbusse vorfahren lassen."

Auch Geruchsbelastungen durch den Brauereibetrieb wurden bislang noch nicht beanstandet. "Beschwerden gab es noch keine. Ich glaube, es hat noch nicht einmal jemand bemerkt, dass wir bereits produzieren", sagt Thomas Kunst und lacht. "Die Emissionen der Brauerei sind extrem niedrig, denn wir arbeiten mit einem Rückgewinnungsverfahren, dadurch schlagen sich die Gärdämpfe nieder und gelangen nicht in die Luft."

Den laufenden Dialog mit den Anwohnern wollen die Ratsherrn in jedem Fall weiterhin pflegen. "Wir sehen uns als Teil des Viertels. Als Unternehmen, dass sich Nachhaltigkeit und regionaler Produktion verschreibt, wollen wir zum Beispiel gerne Urban-Gardening-Projekte in der Schanze unterstützen", erklärt Ohm.