Hamburg. Höchste Richter verpflichten Hamburg aber nicht zur uneingeschränkten Duldung. Sie kann den Umfang beschränken oder das Camp verlegen.

Das Bundesverfassungsgericht hat vorerst ein Protestcamp von Gegnern des G20-Gipfels im Stadtpark – wenn auch unter Auflagen – erlaubt. Auf der einen Seite müsse ein entsprechendes Camp weitgehend ermöglicht werden, entschieden die Richter. Auf der anderen Seite müssten eine nachhaltige Beschädigung des Stadtparks verhindert „und die diesbezüglichen Risiken für die öffentliche Hand möglichst gering gehalten werden“.

In dem Streit geht es um die von Gipfelgegnern geplante Zeltstadt für bis zu 10.000 Menschen in der Zeit vom 30. Juni bis zum 9. Juli. Ursprünglich hatte Hamburg das Camp auf der Grundlage der Grünanlagenordnung untersagt. Mit Blick auf diese Argumentation meinten die Verfassungsrichter, die Stadt könne den Umfang des Camps so begrenzen und mit Auflagen zu versehen, „dass eine nachhaltige Beeinträchtigung des Stadtparks durch langfristige Schäden hinreichend ausgeschlossen ist“.

Möglich sei auch ein anderer Ort für die Durchführung des geplanten Protestcamps. Dieser müsse aber „dem Anliegen des Antragstellers möglichst nahe“ kommen, heißt es in der Mitteilung der Karlsruher Richter. Allerdings dürften die Behörden die Errichtung von Zelten, „die ohne Bezug auf Akte der Meinungskundgabe allein der Beherbergung von Personen dienen sollen“, untersagen.

Richter schließen Verbot aus Sicherheitsgründen nicht aus

Die Frage, wie das Protestcamp unter dem Aspekt des Versammlungsrechts zu betrachten ist, spielte in der Entscheidung der Verfassungsrichter vom Mittwoch keine Rolle. Zwar halten es die Juristen für denkbar, dass das Camp eine Versammlung darstelle. Inwieweit diese die Sicherheit in Hamburg gefährde, wurde jedoch nicht geprüft, weil die Stadt das Camp nicht aus diesem Grund untersagt hatte. Das Verfassungsgericht schloss jedoch die Verlegung oder ein Verbot auch aus Sicherheitsgründen nicht völlig aus.

Bürgermeister Olaf Scholz sagte bei der Veranstaltung N-Klub in der Lawaetz-Stiftung: „Viele von denen, die demonstrieren wollen, verkneifen sich den Satz, gegen Gewalt zu sein. Es sind dieselben Sätze wie vor 40 Jahren, angeblich um den Widerstand nicht zu spalten. Das finde ich enttäuschend. Es wird keine Camps geben für Leute, die sich nicht von Gewalt absetzen."

Nach den Worten von SPD-Bürgerschaftsfraktionschef Andreas Dressel muss Hamburg jetzt prüfen, wie man mit dem Camp unter dem Aspekt des Versammlungsrechts umgehe. Jetzt greife die Allgemeinverfügung, was das Verbot des Camps wegen einer möglichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit beinhalte.

Boeddinghaus: "Klatsche für Verbotspolitik des Senats"

„Wir werden das Urteil auswerten und das weitere Vorgehen abwägen und intensiv diskutieren“, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anjes Tjarks. „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist eine echte Klatsche für die Verbots- und Eskalationspolitik des Senats. Und das war absehbar“, sagte Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus. Jetzt müsse der Senat endlich auf Kooperation umschalten und dürfe den Camps nicht neue Knüppel zwischen die Beine werfen.

„Wir sind froh, dass jetzt höchstrichterlich anerkannt ist, dass unser Camp eine politische Versammlung ist“, sagte ein Sprecher der Vorbereitungsgruppe des Protestcamps. Es sei bedauerlich, dass die Behörden „einen Spielraum für weitere Verbotsmaßnahmen“ hätten. Auf entsprechende Entscheidungen werde man reagieren.

Die Hamburger Polizei will auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein G20-Protestcamp im Stadtpark nicht dulden. Die bei der Polizei angesiedelte Versammlungsbehörde halte das Camp im Stadtpark unter versammlungsrechtlichen Aspekten weiterhin für unvertretbar und bereite eine entsprechende zeitnahe Einzelentscheidung vor.

Verwaltungsgericht verbietet Camp im Volkspark

Im Streit um ein G20-Protestcamp im Altonaer Volkspark haben die Organisatoren unterdessen eine juristische Niederlage erlitten. Die Stadt ist einstweilen nicht verpflichtet, das dort geplante Protestcamp zu dulden, entschied das Verwaltungsgericht ebenfalls am Mittwoch. In dem Beschluss heißt es, dass ein einstweiliger Rechtsschutzantrag des Veranstalters abgelehnt wurde. Dieser wollte die Stadt verpflichten, die Durchführung des Protestcamps zu dulden.

Zur Begründung führt das Gericht aus, dass die Veranstaltung bei einer Gesamtbetrachtung keine grundrechtlich geschützte Versammlung sei. Daher sei die Erteilung einer Genehmigung nach der Verordnung zum Schutz öffentlicher Grün- und Erholungsanlagen erforderlich, die nicht vorliege. Die Stadt hatte das für 3000 Gipfelgegner geplante Camp auf der großen Spielwiese des Parks mit der Begründung untersagt, dem Volkspark komme ein besonderer Schutzstatus zu.