Rissen. Naturschützer beklagen Zustände in Wittenbergen und fordern Abhilfe. Was wird aus Hamburgs schönstem Strand?

Es ist ein schönes Fleckchen Hamburger Erde. An der Elbe bei Wittenbergen mitten im Naturschutzgebiet lädt der Elbstrand zu Müßiggang und Wandern ein. Beim Blick auf den Leuchtturm schweifen die Gedanken in die Ferne – bis der Besucher auf den harten Boden der Realität zurückgeholt wird. Die erwartet ihn am Parkplatz in Form einer demonstrativ aufgestellten Dixi­toilette.

Was als provisorische Lösung gedacht war und nicht gerade ein Schmuckstück darstellt, hat sich als Dauerlösung etabliert. Denn seit nunmehr einem Jahr ist die Strandkiste dicht.

Seit Ende der Strandkiste gibt es kein Café mehr

In dem Café waren die öffentlichen Toiletten angesiedelt. Mit der Schließung ist die letzte Anlauf­station für Besucher fort, die gern auf mobile Notdurftvarianten verzichten würden. Zudem gibt es seither im gesamten Bereich keine Möglichkeit mehr, einen Kaffee zu trinken oder für eine kleine Pause am viel frequentierten Rad- und Fußweg einzukehren. Und das wird sich vorerst auch nicht ändern.

Naturschützer schlagen nun Alarm. Der Verein Naturschutzfreunde Wittenbergen zeichnet in einem Brief an Bezirksamtsleiterin Liane Melzer ein düsteres Bild, spricht von einem untragbaren Zustand und fordert endlich Abhilfe. Von Wildpinklern, wilden Goa- und Technopartys mit bis zu 500 Leuten, Lärmbelästigung, Vermüllung, Raubbau an der Natur und einer fehlenden Kontrollfunktion aufgrund des geschlossenen Cafés ist unter anderem da die Rede. Für den Verein ist die Lösung klar: Sie wünschen sich eine Gastronomie zurück als „Ordnungsfaktor“.

Doch eine Neueröffnung der Strandkiste ist ausgeschlossen. Wie das Bezirksamt Altona auf Abendblattanfrage erklärt, soll das sanierungsbedürftige Gebäude voraussichtlich noch in diesem Jahr abgerissen werden. „Eine Sanierung der öffentlichen WC-Anlage und eine Grundsanierung des Gebäudes sind wirtschaftlich nicht sinnvoll durchführbar“, sagt Martin Roehl als Sprecher der Altona Verwaltung. Als Alternative setzt der Bezirk auf privat betriebene öffentliche Toiletten, die in einem Neubau am Rissener Ufer unterkommen sollen. Dabei handelt es sich um das ehemalige Café Buchfink, das abgerissen und neu aufgebaut werden soll – allerdings gibt es diese Pläne seit Jahren, ohne dass sich sichtlich etwas tut.

Keine festen Toiletten, von Barrierefreiheit ganz zu schweigen und kein Café an einem Strandabschnitt, auf den sogar Touristenführer verweisen? „Das ist beschämend für eine Stadt wie Hamburg“, sagt Horst Bormann. Wenn man von Weltstadt spreche und von Olympia träume, dürfe man die kleinen Dinge nicht aus den Augen verlieren, kritisiert der Rissener. Bormann ist in mehrfacher Hinsicht in der Sache betroffen. Als Anwohner beobachtet er mit Sorge, wie sich die Situation negativ verändern würde. Gleichzeitig will er gern etwas dagegen tun und er könnte es sogar.

Investor kritisiert schleppendes Verfahren

Denn der Rissener besitzt genau das Grundstück, auf dem einst das Café Buchfink beheimatet war. Das wurde bereits 2012 geschlossen. „Seither versuche ich, etwas Neues zu machen. Aber es ist äußerst kompliziert“, berichtet Bormann. Denn mit den damaligen Pächtern ging die Konzession für den Betrieb der Gastronomie flöten. Den heutigen Standards und Ansprüchen ist das sanierungsbedürftige Gebäude nicht mehr gewachsen. Daher plante Bormann, wie er erklärt, eine umfangreiche Sanierung samt Anbau – bis ihm ein neuer Richtwert für Hochwasserschutz die Pläne über den Haufen warf. Da sich das besagte Grundstück im Überschwemmungsgebiet befindet und laut Bormann nun 80 Zentimeter mehr angesetzt wurden, bliebe ihm aus wirtschaftlichen Überlegungen nur der Abriss und Neubau.

Den hat er beantragt, zweimal schon. Immer wieder gab es Nachforderungen. So soll der zweigeschossige Bau – in dem keine Wohnungen, sondern allein der Gastronomiebetrieb vorgesehen ist – teilweise mit Lärchenholz versehen werden. Laut Bohrmann liegt nunmehr die dritte Bauvoranfrage seit März dieses Jahres im Bezirksamt Altona vor. „Der Bauantrag befindet sich noch in der behördlichen Abstimmung“, sagt Pressesprecher Roehl. Wie lange noch, vermag er nicht zu sagen. Das Problem: Ohne Bauvoranfrage kann Bormann auch keine Baugenehmigung beantragen, deren Bearbeitung noch einmal bis zu drei Monate dauern kann. „Wenn es nicht bald losgeht, wird das mit dem Bau auch in 2018 nichts“, fürchtet der Rissener.

Druck gibt’s nun auch von politischer Seite, zum Beispiel von Sozialdemokrat Hendrik Strate. Der Bezirkspolitiker aus Rissen und Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung will sich der Sache annehmen. Er fordert: „Ich erwarte, dass das Bezirksamt Altona schnellstmöglich eine Lösung hinbekommt. Der Zustand ist unhaltbar.“