Hamburg. Traditionsrestaurant schließt im November. Denkmalschutz und Erbpachtrecht erschweren Suche nach Käufer. Kommt jetzt ein Hotel?

Es handelt sich um eine der bekanntesten Adressen im Hamburger Westen: In Sagebiels Fährhaus gehen die Lichter aus. Zumindest vorerst. Das Restaurant mit großem Namen und langer Tradition im Blankeneser Treppenviertel schließt Ende November. Das bestätigte Geschäftsführer Markus Chen dem Abendblatt. Seit 1990 führt die Familie Chen, die zeitweise bis zu fünf Chinarestaurants betrieb, als Pächter auch das Fährhaus mit deutsch-chinesischer Küche. Doch nun ist Schluss.

Das Personal hat bereits die Kündigung erhalten, einige Mitarbeiter konnten weitervermittelt werden. Die Kündigung hat auch Kellner-Unikat Horst Hoppe erhalten. Es ist das Ende einer sehr langen Arbeitszeit. Immerhin serviert die Kellner-Legende seit mehr als 50 Jahren Gästen im Fährhaus Speis und Trank. „Ich wollte ohnehin aufhören“, sagt Hoppe – im Alter von 79 Jahren verständlich.

Personal hat bereits die Kündigung erhalten

Wie es mit der Immobilie samt traumhafter Aussicht weitergehen soll, ist zurzeit noch offen. Laut Markus Chen laufen derzeit Verhandlungen mit mehreren Interessenten, innerhalb der kommenden Wochen soll es eine Entscheidung geben. Die Verhandlungen gestalten sich allerdings schwierig, weil das Fährhaus „als Paket“ schwer vermittelbar ist. Das Haus gehört der Familie Chen, das fast 3500 Quadratmeter große Grundstück hingegen den Nachfahren der Familie Sagebiel. Angeboten wird es als Erbpachtgrundstück, was es für Käufer weniger attraktiv macht. Derzeit wird das Gebäude trotz seiner langen Historie nicht als Denkmal gelistet. Laut Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde, werde sich das Denkmalschutzamt das Objekt jedoch demnächst noch einmal gründlich anschauen. Was das für das Gebäude und dann auch für einen neuen Pächter bedeutet, ist unklar.

Bisher ist das Haus noch nicht als Denkmal erkannt

Schon seit dem vergangenen Winter war das Fährhaus über einen Makler angeboten worden – für zunächst rund 3,5 Millionen Euro. Über den aktuell aufgerufenen Preis herrscht Stillschweigen, er soll aber deutlich niedriger sein. Laut Abendblatt-Informationen gibt es Interessenten, die das Haus zwar teilweise gastronomisch weiter nutzen wollen, aber mit angeschlossener Hotelnutzung. Auch von Eigentumswohnungen ist die Rede. Bei den aktuell laufenden Verhandlungen geht es offenbar auch darum, was vor Ort überhaupt realisierbar ist. Das Haus hat zwar eine exponierte Lage mit traumhaftem Blick in Richtung Altes Land. Es ist im Blankeneser Treppenviertel aber nur durch eine ruhige Anwohnerstraße erreichbar, und die nächsten Nachbarn wohnen nur wenige Meter entfernt. Zudem stehen an dem Gebäude einige Sanierungsarbeiten an.

Seit dem 19. Jahrhundert Nutzung als Gastwirtschaft

Offen ist, ob der traditionsreiche Name weitergeführt wird. Viele Blankeneser fürchten, dass eine über Jahrhunderte spielende Erfolgsgeschichte jetzt zu Ende gehen könnte. Ein „Königliches Fährhaus zu Blankenese“ hatte es schon seit Urzeiten oben auf dem Süllberg gegeben, seine Existenz lässt sich sogar bis ins neunte Jahrhundert nachweisen. Warum es nicht direkt an der Elbe gebaut wurde, ist unklar, vermutlich gab es strategische Gründe. Rund 120 Stufen führen von der Elbe hinauf zum Fährhaus – seit Jahrhunderten eine ganz schöne Kletterpartie für die Gäste. Angelegt wurde sie vom Begründer Wilhelm Anton Conrad Sagebiel. Ein verheerendes Feuer zerstörte 1826 einen Großteil des aus dem 14. Jahrhundert stammenden Fährhauses, das die dänische Obrigkeit aber rasch wieder aufbauen ließ. Aus dieser Zeit stammt auch das heutige Haupthaus, das allerdings in den vergangenen Jahren durch Anbauten immer wieder verändert wurde. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Gebäude dann fast nur noch als Gastwirtschaft genutzt.

Im Testament verfügt, dass der Name Sagebiel bleibt

Zunächst führte es der langjährige Fährpächter Peter Mohrmann, dessen Witwe 1868 an den aus Niedersachsen stammenden Unternehmer Wilhelm Anton Conrad Sagebiel verkaufte. Sa­gebiel gelang durch Fleiß und zukunftsweisende Investitionen die Umgestaltung von der eher einfachen Gastwirtschaft zum gutbürgerlichen Restaurant. Die Speisekarte wurde besser, Gartenfeste, Bälle und andere große Feiern gehörten bald zum Programm. An guten Tagen wurden alleine im Garten mehr als 1000 Gäste bewirtet – eine Zahl, von der Gastronomen heute nur noch träumen können.

Nach Sagebiels Tod im Jahr 1889 übernahm dessen Sohn A. C. Ludwig das Haus und führte den mittlerweile namhaften Betrieb, der offensiv mit seinem spektakulären Elbblick warb, erfolgreich weiter. Ihm ist es auch zu verdanken, dass das Haus bis heute den Namen Sagebiel trägt. Denn das ließ der einstige Besitzer kurz vor seinem Tod im Testament festhalten. Er wünschte sich, dass auf ewige Zeiten der Name Sagebiel mit dem Fährhaus verbunden bleibe. Es wird sich zeigen, ob dieser Wunsch auch im 21. Jahrhundert erfüllt werden kann.