Harvestehude. Rund um das Bezirksamt Eimsbüttel wird es fahrradfreundlicher. Alles über das neue Projekt in der alten Tankstelle.

Jahrelang hat sich die automobile Gesellschaft an dem kleinen, geschwungenen Gebäude abgearbeitet, hat in seinem Schatten geparkt, gezapft und geschraubt. Nun, mehr als 60 Jahre später, sind die Radfahrer dran. Sie bestimmen von nun an den Ton an der denkmalgeschützten Tankstelle vor den Grindelhochhäusern. Der schutzwürdige Flachbau ist nach aufwendiger und historisierender Sanierung zur gläsernen Fahrradmanufaktur geworden. Ein Gemeinschaftsprojekt von Denkmalverein, Kulturbehörde, Saga/GWG und dem neuen Pächter, dem Fahrradladen Two Wheels Good.

Fast drei Jahre Leerstand liegen hinter der als Baudenkmal eingestuftenTankstelle. Pläne als Elektrostation oder Eisladen scheiterten. Neuer Mieter ist nun Fabian Heine, der an der nahen Bismarckstraße bereits einen Laden für gehobene Radfahreransprüche betreibt. „Ich bin froh, dass wir einen attraktiven Standort gefunden haben“, sagte er bereits bei der Vertragsunterzeichnung. Der komplette Werkstattbereich ist nun an den Grindelberg gezogen. Man habe sich dabei bewusst für ein historisch wertvolles Gebäude entschieden. Dort soll der Wandel der urbanen Mobilität – weg vom Auto, hin zum Fahrrad – besonders gut zur Geltung kommen. Laut Saga als Eigentümerin gilt der Mietvertrag zunächst fünf Jahre. Es bestehe eine Verlängerungsoption um weitere fünf Jahre.

Bezirksamt Eimsbüttel plant mehr Stellplätze für Fahrräder

Passenderweise soll mittelfristig das komplette Umfeld der Grindelhochhäuser fahrradfreundlicher werden. Das Ziel sind vor allem mehr Abstellplätze. Laut Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke werde vor seinem Amt damit begonnen. Die Planungen sehen vor, die momentan 55 Parkplätze für Autos auf knapp 30 zu reduzieren. Stattdessen sollen etwa 100 Fahrradstellflächen und sechs Motorradparkplätze entstehen. Auch die Hochhäuser an der Oberstraße und der Brahmsallee werden bei der Umgestaltung einbezogen. In folgenden Bauabschnitten soll sich auch dort die Anzahl der Fahrradstellplätze deutlich erhöhen.

Der Flachbau am Grindelberg, 1952 gebaut, präsentiert sich nun wieder „als würdiges Entrée des denkmalgeschützten Hochhausensembles“, sagte Katrin Meyer von Denkmalschutzamt. Mit üppiger Fensterfront, Messingelementen im Innenraum und den original Bodenfliesen greift es die Ursprungselemente der 50er-Jahre auf. Alle Beteiligten attestierten dem neuen Pächter ein besonderes Geschick bei der Restaurierung, Altes und Neues fänden ausgewogen zusammen, die minimalistische Einrichtung unterstreiche den Charakter des Häuschens.

„I-Tüpfelchen der Sanierung“, sagte Denkmalschützerin Meyer, sei die Rekonstruktion des geschwungenen Dachs. Bevor es in seiner rundlichen Form zur alten Geltung kommen konnte, musste aber das alte Schutzdach abgerissen werden. Allein dieses Detail habe laut Jens Oliszewski, Saga-Geschäftsstellenleiter, etwa 22.000 Euro gekostet. Fast die Hälfte steuerte der Denkmalschutzverein bei, dessen Vorsitzender Helmuth Barth froh sei, dass die Tankstelle nun wieder in altem Glanz erstrahle. Vier weitere historische, denkmalgeschützte Tankstellen aus den 50er-Jahren gibt es in Hamburg. Neben der als Oldtimertreff beliebten Tankstelle am Billhorner Röhrendeich sei das Gebäude am Grindelberg aber erst die zweite, die saniert ist.

Die Sanierung mit dem Freilegen der Fenster wurde als gelungen gelobt

Laut Kulturbehörde hat die Tankstelle am Grindelberg eine komplexe Bedeutung: Als Teil des Ensembles sei sie ein Bestandteil dieser städtebaulich und baugeschichtlich herausragenden Leistung. Immerhin waren Wohnungen und Gemeinschaftseinrichtungen wie Wäscherei, Garage oder Tankstelle sowie öffentliche Einrichtungen und Ladengeschäfte in einer Anlage konzentriert worden. Zudem sei sie in zeittypischer Bauweise ein Zeugnis der Verkehrsgeschichte, das die zunehmende Automobilisierung nach dem Zweiten Weltkrieg veranschauliche.

Glücklicherweise habe der neue Pächter dieses Potenzial erkannt, sagte Helmuth Barth. Er wünsche sich, dass nun auch die übrigen drei unter Denkmalschutz stehenden Tankstellen an der Langenhorner Chaussee, der Bramfelder Chaussee und der Lessingstraße saniert werden. „Und mein besonderer Wunsch ist, dass auch die Tankstelle am Dammtorbahnhof hinzukommt.“ Derzeit werde ihre Schutzwürdigkeit untersucht.

Was es bedeutet, eine vermeintlich schnöde Tankstelle zu sanieren, konnte Jens Oliszewski berichten. Seinen Worten zufolge seien vom neuen Mieter der Grindeltankstelle viel Zeit, Arbeit und Geld investiert worden, um möglichst nah an die Ursprungsanmutung des Gebäudes zu gelangen. Die Arbeiten wurden in enger Abstimmung mit der Kulturbehörde und dem dazugehörigen Denkmalschutzamt verwirklich. Fortan sollen unterhalb des Eimsbütteler Bezirksamtes vor allem hochwertige Lastenfahrräder verkauft und sämtliche andere Räder repariert werden.