Hamburg. Mit großen Ambitionen gestartet, verabschiedet sich das New Institute von seinem zentralen Programm, Wissenschaftler nach Hamburg einzuladen.
- Seit 2021 treffen sich in der Denkfabrik an Hamburgs Alster kluge Köpfe
- Sie leben und forschen am New Institute
- Doch nun verschickte die Einrichtung eine Mitteilung, die sich wie ein Abgesang liest
Es klang nach einem großen Wurf: An der Warburgstraße sollte eine Denkfabrik der Superlative entstehen. Dafür hatte der Initiator und Hamburger Unternehmer Erck Rickmers gleich neun klassizistische Villen erworben. Mit viel Kapital, Engagement und Akribie wurden die 6000 Quadratmeter unweit der Alster saniert. Seit 2021 treffen sich dort kluge Köpfe, sogenannte Fellows, zum Austausch, forschen und leben für ein Jahr in Hamburg, suchen nach Lösungen für die Probleme der Welt und spielen ihre Ideen in die Gesellschaft zurück. So die Idee.
Doch am Dienstagabend verschickte die Denkfabrik eine Pressemitteilung, die sich wie ein Abgesang las: „The New Institute wird ihr Fellowship-Programm zum Ende des kommenden akademischen Jahres im Sommer 2025 einstellen“, hieß es darin. Die gemeinnützige GmbH konnte ihre ambitionierten Ziele im Rahmen eines Fellowship-Programms „nur teilweise erreichen“.
Denkfabrik Hamburg: „Es sind zu wenig konkrete Ansätze entstanden“
Die schöne Idee – gescheitert? „Diese Programme sind einerseits zu kurz, um die Bearbeitung komplexer Fragestellungen zu ermöglichen“, sagt nun Britta Padberg, die Geschäftsführerin des Instituts, auf Abendblatt-Nachfrage. „Andererseits ist ein einjähriges Residenz-Programm für viele herausragende Wissenschaftler und erst recht für Praktiker zu lang, weil sie sich nicht so lange aus ihren aktuellen Positionen lösen können.“
Dabei sollten hier an der Außenalster die Grenzen von Wissenschaft und Umsetzung, Theorie und Praxis überwunden werden. „Auch wenn wichtige Forschung von unseren Fellows geleistet wurde, sind im Laufe der letzten vier Jahre zu wenig konkrete transsektorale Ansätze entstanden“, sagt Padberg. Das aber sollte das Neue am New Institute sein.
New Insitute: Im Herbst kommt noch ein großer Denker nach Hamburg
Ein weiteres Jahr bleibt noch – immerhin haben sich etwa mit dem japanischen Philosophen und Bestsellerautor Kohei Saito hochrangige Fellows angekündigt. Mit ihnen werden dann rund 140 Denker zum Abschluss des Forschungsjahres 2025 in Hamburg gewesen sein.
Die Erwartungen waren einst größer, der Beifall aus Politik und Medien laut. „Hamburg ist eine weltoffene Metropole, in der sich neue Entwicklungen und die Herausforderungen der Zukunft früher zeigen als anderswo. Dadurch sind wir auch früher in der Lage, Probleme zu erkennen und Lösungen zu entwickeln, um den gesellschaftlichen Wandel und das Leben der Menschen zu verbessern“, hatte Bürgermeister Peter Tschentscher erklärt. „Auf diesem Weg ist The New Institute ein wichtiger Partner und Ideengeber.“ Und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank freute sich auf „ein exzellentes Forschungsnetzwerk, das den internationalen Austausch zu aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen vorantreiben wird“. Das Institut könne eine „wichtige Brücke zwischen Forschung und Praxis einnehmen.“
Das New Institute und Hamburg – sie kamen kaum zusammen
Die Idee für einen Thinktank kam Erck Rickmers 2016 während eines Sabbaticals in Santa Barbara, 2018 kaufte er das Warburg-Ensemble. Gegründet wurde das Institut 2020, die eigentliche Arbeit in der Warburgstraße begann dann im Herbst 2021 - und wurde wie so viele ein Opfer von Corona.
Zudem gelang es nie, das Institut im Leben der Stadt zu verankern - öffentliche Veranstaltungen in den Räumen des Instituts gab es kaum, zugleich kam auch das New Institute in der öffentlichen Debatte weder an noch vor. „Wir müssen eine einfache, verständliche Sprache sprechen“, hatte der Gründungsdirektor Wilhelm Krull einst erklärt, der zuvor Generalsekretär der Volkswagenstiftung gewesen war. Das gelang nur selten. Die Publikationen erreichten nur wenige. Dabei gab es hochrangige Gäste und Denker, die als Fellows in Hamburg forschten.
New Institute Hamburg: Manches wurde angestoßen, dann aber nicht weiterverfolgt
Eine Kooperation mit der Stadt sollte den Weg zur grünen digitale Modellstadt vorantreiben und „digitale Demokratie, Datennutzung und Nachhaltigkeit“ ermöglichen. Von der im Juli 2022 gefeierten „Partnerschaft für die digitale Zukunft“ hat man seitdem nicht mehr viel gehört. Auch vom Helmut-Schmidt-Zukunftspreis, den das New Institute mit vergab, hat sich Rickmers schon wieder verabschiedet.
Zudem belasteten viele Personalwechsel. Das hochkarätige Team, das 2020 an den Start ging, löste sich bald auf: Die Autorin und Politökonomin Maja Göpel verließ das Institut schon nach wenigen Wochen, 2022 gingen Krull und der Geschäftsführer Christoph Gottschalk.
„Welcher Mäzen wird sich noch an so eine große Sache wagen?“
Manche Negativ-Schlagzeilen machten die Lage nicht besser. Die „FAZ“ ätzte: „In der Hamburger Warburgstraße steht eine leere Privatuniversität und wartet auf öffentlichkeitswirksame Gedanken“. Wegbegleiter beklagen heute, dass Rickmers am Ende „die Ernsthaftigkeit und das Durchhaltevermögen“ fehlte. „Vielleicht hätte er die Leute einfach mehr machen lassen sollen. Das New Institute war doch noch in der Start-up-Phase.“ Es sei das bittere Ende einer großen Idee: „Das Signal ist fatal. Welcher Mäzen wird sich noch an so eine große Sache wagen? Rickmers hat seiner Sache einen Bärendienst erwiesen.“
Die Erklärung vom Gründer klingt dann auch etwas desillusioniert: „Als einer von vielen Menschen, die sorgenvoll in die Zukunft blicken, habe ich versucht, mit The New Institute einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten“, sagt Erck Rickmers nun. „Dies ist mir nicht in dem Maße gelungen, wie ich es erhofft hatte. Ich bitte um Nachsicht dafür, dass wir die Erwartungen, die wir geweckt haben, nicht erfüllen konnten.“
New Institut: Unklar ist, wie es nach 2025 an der Warburgstraße weitergeht
Die große Frage ist nun, wie und ob es nach 2025 überhaupt an der Warburgstraße weitergeht. „Der Etat nachfolgender Jahre richtet sich nach unseren weiteren Plänen und Förderformaten“, hält sich Padberg bedeckt. Klar ist, dass das Personal in dieser Stärke nicht mehr benötigt wird: Bislang beschäftigt das Institut rund 30 Menschen, neben dem Direktorium zwei Bibliothekare, drei Köche und ein Team an der Rezeption.
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Und was wird aus den Immobilien, neun Villen an der Warburgstraße, deren Kauf allein 35 Millionen Euro gekostet haben soll? „Die Nutzung des Warburg Ensembles für das nächste Jahr ist klar. Wir erwarten rund 50 Fellows, teilweise mit Familien, und werden gut belegt sein“, sagt Padberg. Die Eigentümergesellschaft werde im Anschluss daran verschiedene neue Nutzungsmöglichkeiten prüfen. Schon heute erinnern die Räume an ein Boutique-Hotel. Padberg betont: „Ein Verkauf ist nicht geplant.“
Aber das schnelle Ende an der Warburgstraße war auch nicht geplant.