Hamburg. Zahl der Unfälle steigt deutlich. Abendblatt wertet Schwerpunkte aus: Szeneviertel und Innenstadt sind besonders betroffen.
Allein 3709 Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Radfahrern registrierte die Polizei im vergangenen Jahr. Doch sie sind längst nicht gleichmäßig über die Stadt verteilt. Geodaten der Polizei verraten, wo die Schwerpunkte liegen – und dass es im Stadtgebiet gravierende Unterschiede gibt.
In diesem Jahr dürften noch einige Unfallschwerpunkte hinzukommen. Denn die Zahl der Fahrradunfälle steigt. Bis Ende August hat die Polizei schon 3096 Verkehrsunfälle mit Fahrradbeteiligung aufgenommen. Das ist eine Steigerung von 22,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Bei den Unfällen kamen 2134 Fahrradfahrer zu Schaden. 1925 von ihnen wurden leicht verletzt. Es sind aber auch drei Tote zu beklagen. 206 Radfahrer wurden in diesem Jahr in den ersten acht Monaten schwer verletzt.
Mehrere Schwerpunkte liegen an der Alster
Die identifizierten Unfallschwerpunkte mit Beteiligung von Radfahrern liegen im Bereich An der Alster, entlang der Willy-Brandt- sowie der Ludwig-Erhard-Straße, an Verkehrsachsen in Altona wie der Stresemann- und Holstenstraße, aber auch im Zuge kleinerer Straßen im Bereich Eimsbüttel und rund um die Alster.
Dort kam es innerhalb eines Jahres auf einem kurzen Streckenabschnitt zu mindestens drei Verkehrsunfällen, bei denen Menschen verletzt wurden.
In der Schanzenstraße keine Unfälle ohne Beteiligung von Radfahrern
Es gibt aber auch Straßenzüge in Hamburg, auf denen die Polizei gar keine Verkehrsunfälle ohne Beteiligung von Fahrradfahrern registrierte. Ein Beispiel ist die Schanzenstraße. Dort kam es im vergangenen Jahr zu sieben Verkehrsunfällen mit Verletzten. In vier Fällen waren ein Radfahrer und ein Autofahrer beteiligt. In drei Fällen waren es ausschließlich Radfahrer, die in einen Unfall verwickelt waren.
Das gleiche gilt für die Eimsbüttler Chaussee zwischen Doormannsweg und Altonaer Straße. Inklusive der Einmündungsbereiche gab es dort innerhalb eines Jahres neun Verkehrsunfälle mit Verletzten. In allen Fällen waren Radfahrer, in keinem Fall etwa Fußgänger beteiligt.
Radfahrerhochburgen in der Statistik überrepräsentiert
Auf dem Straßenzug An der Alster und Kennedybrücke zählte die Polizei im vergangenen Jahr allein 20 Verkehrsunfälle mit Radfahrerbeteiligung, bei denen es Verletzte gab. Das ist etwa die Hälfte aller Verkehrsunfälle mit Verletzten, die dort im vergangenen Jahr registriert wurden. Die Strecke wird von Radlern viel genutzt.
Noch auffälliger ist die Bilanz an der Ludwig-Erhard-Straße. An 19 von 23 Verkehrsunfällen mit Verletzten im Jahr 2021 war mindestens ein Radfahrer beteiligt.
Jenseits der „Radfahrerhochburgen“ ändert sich das Bild schnell. Dort finden sich nur vereinzelt Straßenabschnitte, auf denen es zu einer Häufung von schwereren Unfällen mit Fahrradfahrern kam. Dazu gehören ein Abschnitt des Erdkampsweg in Fuhlsbüttel, ein Bereich der Saseler Chaussee im Bereich Stadtbahnstraße und ein Teil der Bargteheider Straße.
In Bergedorf fallen drei Straßenabschnitte auf, die durch schwerere Fahrradunfälle belastet sind. Auf der Elbinsel Wilhelmsburg ist es der Pollhorner Hauptdeich, auf es zu einer Häufung von Fahrradunfällen gekommen ist. Oftmals werden Kreuzungen oder Einmündungen zu Unfallschwerpunkten.
In Harburg kommt es nur selten zu Unfällen mit Fahrradfahrern
Lediglich ein Bezirk zeigt keine Streckenabschnitte mit einer auffälligen Häufung schwerer Unfälle mit Fahrradfahrern: Im gesamten Bezirk Harburg mit seinen 18 Stadtteilen, darunter Neugraben, Heimfeld und Eißendorf, gibt es keinen einzigen Bereich, der hoch belastet ist. Ob sich das in diesem Jahr ändern wird, ist allerdings noch offen.
Mit einer Steigerung der Fahrradunfälle von rund 47 Prozent in den ersten acht Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist im Bezirk Harburg derzeit die negativste Entwicklung zu verzeichnen. Allerdings liegen die absoluten Zahlen weit unter denen in klassischer Fahrradbezirken. In Harburg gab es in dem Zeitraum 183 Unfälle, an denen Fahrradfahrer beteiligt waren. In Eimsbüttel hingegen liegt die Zahl in den ersten acht Monaten mit 570 mehr als dreimal so hoch.
Auffällig ist, dass Radfahrer zumindest in den ersten acht Monaten des Jahres 2021 bei 52,3 Prozent der Unfälle die klaren Verursacher waren. In weiteren knapp zehn Prozent hatten sie zumindest eine Teilschuld an dem Unfall.
Jeder zweite Unfall wird durch den Radfahrer selbst verursacht
In diesem Jahr ist die Situation etwas besser geworden: Bis Ende August waren Radfahrer, die in Verkehrsunfälle verwickelt waren, zu 49,3 Prozent allein schuld. Bei weiteren zehn Prozent hatten sie auch in diesem Jahr zumindest eine Teilschuld an dem Unfall. In 153 Fällen war ein Radfahrer angetrunken.
Experten gehen davon aus, dass die Steigerung bei den Unfallzahlen mit Radfahrern auch mit dem warmen, trockenen Sommer zusammenhängt – so hatten mehr Menschen das Fahrrad genutzt. Allerdings bleibt ein Manko aller Statistiken: Gerade bei Verkehrsunfällen mit Fahrrädern gehen die Experten von einem hohen Dunkelfeld aus.