Hamburg. Niels D. war gerade erst aus dem Gefängnis entlassen worden, als er begann, Hollandräder zu stehlen – mit einer besonderen Methode.

Fahrraddiebe kommen in Hamburg meist ungeschoren davon. Die Aufklärungsquote beim Radklau liegt bei 3,3 Prozent (2017: 14.560 Taten). Mit der Festnahme von Niels D. gelang der Polizei jedoch ein Volltreffer. Ein halbes Jahr lang hatte der Mann aus dem niederländischen Groningen praktisch auf Bestellung mehr als ein Dutzend, nun ja, Hollandräder gestohlen. Seit Montag steht der 35-Jährige wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und Betrugs vor dem Schöffengericht. Ihm drohen bis zu vier Jahre Haft.

Niels D. war gerade erst wegen eines anderen Eigentumsdelikts aus dem Gefängnis entlassen worden, als er Ende 2017 erneut auf Beutezug ging. Sein Interesse weckten abgestellte Fahrräder, die sich „gut fotografieren ließen“, gesteht der Angeklagte – andere Kriterien spielten bei der Auswahl des Diebesgutes offenbar keine Rolle. Danach stellte er die Bilder bei Ebay-Kleinanzeigen ein. Erst wenn ein Nutzer der Plattform ernsthaftes Interesse bekundete, machte sich Niels D. mit dem Bolzenschneider ans Werk.

Niels D. gibt den Diebstahl von 16 Hollandrädern zu

Fast alle Hollandräder von Marken wie Gazelle, Batavus und Bocas knackte der 35-Jährige in Eimsbüttel, verhökerte sie zu Preisen zwischen 40 und 190 Euro. Fragten die Käufer nach, täuschte er sie über die Eigentumsverhältnisse. „Entweder sagte ich, es sei mein Rad oder das meiner Freundin, was ich in ihrem Namen verkaufen dürfe“, sagt Niels D. Mitte Juni flog die Sache auf. Nachdem Zeugen ihr Rad auf dem Portal wiedererkannt hatten, nahm ihn die Polizei bei einem Scheinkauf fest. Seither sitzt er in Haft.

Die von der Staatsanwaltschaft angeklagten 16 Fälle räumte Niels D. am Montag ein. Fragen zu weiteren Verdachtstaten werde ihr Mandant jedoch nicht beantworten, sagt seine Verteidigerin. In den meisten Fällen habe der 35-Jährige gar nicht zuschlagen können, weil die bereits im Internet angepriesenen Räder nicht mehr dort standen, wo er sie fotografiert hatte.

Der Hollandraddieb saß bereits zwei Mal in Haft

Niels D. – schütteres Haar, Brille, Vollbart – ist einschlägig vorbestraft, saß bereits zweimal wegen Eigentumsdelikten in Haft. Er sei 2015 nach Hamburg gekommen, um mit seiner Freundin eine Familie zu gründen. Die Beziehung sei jedoch in die Brüche gegangen, sein Soziologie-Studium habe er an den Nagel gehängt. Irgendwann seien seine Ersparnisse aufgebraucht gewesen, da sei er auf der Straße gelandet.

Nach seiner Haftentlassung Ende 2017 habe er dringend Geld benötigt für Essen, Trinken und die Übernachtung in einem Hostel. In der Vergangenheit habe er unter Depressionen und Angstzuständen gelitten, er leide noch immer unter einer Persönlichkeitsstörung. Seine psychische Krankheit habe aber nichts mit den Taten zu tun. „Das waren die Umstände, die ich selber kreiert habe“, sagt Niels D. Inzwischen habe er sich an die niederländische Botschaft gewandt – die habe ihm Hilfe und eine Bleibe im Norden der Niederlande zugesichert. Der Prozess wird fortgesetzt.