Schnelsen. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher weihte das Jahrhundertbauwerk ein. Für manchen Bürger geht ein Traum in Erfüllung.
Es war ein historischer Moment, schließlich reichen die Planungen viele Jahre zurück und der Protest der Anwohner noch viel länger: Am Wochenende wurde in Schnelsen die erste Röhre von insgesamt drei großen Lärmschutzdeckeln über der A7 eröffnet. Das erste Fahrzeug, das am frühen Sonnabendmorgen durch das tunnelartige Bauwerk rollte, war der Dienstwagen von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Er sprach von einem „Meilenstein“, der mit dieser Eröffnung gesetzt werde.
Der 550 Meter lange Lärmschutztunnel in Schnelsen, der im Zuge einer Fahrbahnverbreiterung gebaut wurde, ist tatsächlich Teil eines der wichtigsten Projekte in der Hamburger Verkehrs- und Stadtplanung: Im weiteren Verlauf der Autobahn bis zum Elbtunnel werden nun auch in Stellingen und Altona solche Lärmschutztunnel entstehen.
Durch die Autobahn zerschnittene Stadtteile sollen so wieder zusammenwachsen, weil auf den Betondeckeln neue Grünflächen und Kleingärten angelegt werden können. Zudem entsteht am Rande der Lärmschutztunnel Platz für rund 3000 neue Wohnungen.
“Ein Traum“, sagen die Anwohner
In Schnelsen wurde am Sonnabend allerdings zunächst nur der Verkehr Richtung Süden durch die neue Röhre geführt – wegen des starken Ferienverkehrs Richtung Dänemark ist die Gegenrichtung erst am Montagmorgen freigegeben worden.
Doch bereits am Sonnabend und Sonntag bekamen zumindest die Anwohner auf der südlichen Seite einen Vorgeschmack auf die neue Stille an der Autobahn. „Die Luft ist anders, es ist deutlich ruhiger, das ist eindeutig eine ganz andere Lebensqualität“, sagten beispielsweise Yvonne und Jürgen Holzapfel. 1975 – die Autobahn war gerade fertig geworden – waren sie dort mit Anfang 20 in eine Genossenschaftswohnung gezogen, um eine Familie zu gründen.
Der Lärm sei zunächst kein Problem gewesen, erzählen sie. Wichtiger war es seinerzeit, als junge Familie überhaupt eine Wohnung zu bekommen. Im Laufe der Jahre wurden Verkehr und Lärm aber immer intensiver. Im dritten Stockwerk, wo heute die erwachsene Tochter wohnt, sei es manchmal bei geschlossenem Fenster so laut gewesen, als sei es geöffnet. „Und nun ist dort schlagartig die Ruhe – ein Traum“, sagt Yvonne Holzapfel.
Das gilt wohl nicht nur für unmittelbare Anwohner: Sechs Kilometer Lärmschutzwände und Flüsterasphalt sollen zusätzlich dafür sorgen, dass auch die Menschen nördlich und südlich des Deckelumfeldes kaum etwas von der künftig sechsspurigen Autobahn mitbekommen.
Im Juli soll dazu in Schnelsen auch mit dem Bau einer zweiten Tunnelröhre begonnen werden – auf der Fläche, wo der Verkehr bisher rollte. Weiter südlich in Stellingen ist ein weiterer, 900 Meter langer Lärmschutztunnel bereits jetzt schon in Bau. Ein dritter, gut zwei Kilometer langer Tunnel soll in Altona entstehen. Wer dann im Jahr 2025 von Hannover über die A 7 nach Dänemark fährt, wird in Hamburg insgesamt sieben Kilometer Tunnelstrecke passieren, erst den Elbtunnel, dann die drei Lärmschutzdeckel.
Aber dank des Ausbaus auf acht Spuren bis zum Dreieck Hamburg-Nordwest und weiter nördlich auf sechs, sollen Autofahrer ohne Stau zügig vorankommen. Und wohl auch sicher: Das Baukonsortium Via Solutions Nord und die Verkehrsbehörde weisen dazu auf das Tempolimit von 60 km/h und die moderne Sicherheitstechnik in den Tunneln hin: Brandschutz mit Feuermeldeanlage, Rauchentlüftung und Löschwasservorrat sowie Notstromanlage und Notausgänge sind in der neuen Lärmschutzröhre eingebaut.
Tunnel könnte kurzfristig immer wieder gesperrt werden
Die Technik sei aber so komplex, dass die Betreiber noch mit Fehlalarmen und kurzfristigen Tunnelsperrungen in den nächsten Monaten rechnen. Eine Höhenkontrolle wie vor dem Elbtunnel gibt es hier allerdings nicht, die Tunnel sind von Anfang an höher geplant.
Am Wochenende blieben Fehlalarme aus. „Alles verlief zum Start reibungslos“, sagte Christian Merl, der Verkehrskoordinator für Hamburg und Schleswig-Holstein. Probleme hatte es indes zuvor beim Bau der Röhre in Schnelsen gegeben. Unter anderem mit dem Baugrund. Die Eröffnung erfolgte daher mit mehreren Monaten Verspätung. „Aber wir haben jetzt viel für die anderen Projekte gelernt, sodass es jetzt zügig vorangehen kann“, so Merl.
Die Kosten für den Ausbau der A 7 zwischen Hamburg und dem Dreieck Bordesholm südwestlich von Kiel belaufen sich auf rund zwei Milliarden Euro. Darin ist allerdings der Unterhalt für den Abschnitt zwischen dem Dreieck Hamburg-Nordwest und Bordesholm über 26 Jahre enthalten. Hamburg beteiligt sich an den Tunneln mit bis zu 200 Millionen Euro. Ein Großteil dieser Summe soll durch die Entwicklung und den Verkauf von Bauflächen neben dem Tunnel refinanziert werden.