Hamburg. Verwaltung senkt Pflegestandard und erklärt 20 Hektar zu „Langgras“. Grünflächen werden statt zwölfmal nur noch zweimal pro Jahr gemäht.
Dem Bezirk Eimsbüttel ist seine Grünpflege über den Kopf gewachsen. Deshalb sind Teile der Alsterwiesen, der Moorweide und des Parks am Grindelberg kurzerhand zu „Langgraswiesen“ erklärt worden. Das heißt: Sie werden kaum noch gemäht und stehen für die „gewohnte Freizeitnutzung“ nur eingeschränkt zur Verfügung, wie das Bezirksamt schreibt. Sonst bis zu zwölfmal im Jahr gestutzte Wiesen sollen jetzt nur noch zweimal gemäht werden. Insgesamt betrifft das 16 Eimsbütteler Parkflächen mit einer Größe von rund 20 Hektar.
Als Grund gibt die Verwaltung einen Engpass im Fuhrpark und die außergewöhnlich starke Vegetation dieses Jahres an. Die Opposition in der Bezirkspolitik mag daran nicht glauben. „Offensichtlich will die Verwaltung ihren permanenten Personalfehlbestand durch Aufgabe der Grünflächenpflege ausgleichen“, moniert etwa Peter Gutzeit (Die Linke). Der Entschluss, Langgraswiesen an der Alster zu etablieren, habe ihn vor dem Hintergrund der jüngsten Äußerungen des Umweltsenators Jens Kerstan (Grüne) erstaunt, der sagte: „Zwar wird Hamburg durch den Wohnungsbau Grünflächen verlieren. Dafür werden die bestehenden Flächen aufgewertet, etwa durch bessere Pflege.“ Das Gegenteil sei nun der Fall, sagt Gutzeit: „Grünflächen werden vernichtet und bestehende verwahrlosen.“
Für CDU-Fraktionschef Rüdiger Kuhn kommt das „der Kapitulation wegen der dünnen Personaldecke und des veralteten Geräts“ gleich. Das zuständige Amt sei aufgrund des hohen Krankenstands und der schlechten Personalausstattung „nicht mehr handlungsfähig“. Auch der ehemalige Bundestagsabgeordnete und heutige FDP-Bezirkspolitiker Burkhardt Müller-Sönksen spart nicht mit Kritik: „Eimsbüttel lässt Hamburgs Vorzeigewiesen verkommen, nicht wachsen“, sagt er zu den neuen Langgraswiesen. Alstervorland und Moorweide seien das „Hamburger Lebensgefühl“ prägende Grünflächen.
Verantwortlich für die Grünpflege in den sieben Hamburger Bezirken sind die jeweiligen Fachämter Management des öffentlichen Raums. In Eimsbüttel betreut dieses Amt 26.000 Straßenbäume und 154 Parkanlagen mit einer Fläche von rund 180 Hektar. Dazu kommt das Niendorfer Gehege. Zurzeit, so die Verwaltung, sei das Amt „nicht in der Lage, den gewohnten Pflegestandard in der Unterhaltung der Grün- und Erholungsanlagen aufrechtzuerhalten“. Dabei sind solche Probleme nicht neu.
Schon 2014 hatte der Bezirk Altona Schwierigkeiten, seine Grünflächen zu pflegen. Bei einer detaillierten Kosten- und Leistungsrechnung ergaben sich 83 Cent Pflegekosten pro Quadratmeter.
Vergleichbar große Städte investierten dagegen 1,23 Euro pro Quadratmeter, die Stadt Karlsruhe sogar 2,20 Euro. Fast alle Vergleichsstädte hatten mehr Geld für die Grünpflege, als der Hamburger Senat seinen Bezirken zubilligt.
Union fordert bessere technische Ausstattung
Laut Eimsbütteler Bezirksamt handelt es sich bei den Langgraswiesen um vorläufige Regelungen, für die zwei Faktoren verantwortlich seien: viel Pflanzenwachstum und wenig Mähmaschinen. Amtssprecher Elmar Schleif: „Aufgrund hoher Regenmengen und warmer Temperaturen ist es zu keiner Wachstumspause gekommen.“ Zudem sei einer von zwei Rasenmähern drei Monate ausgefallen. „Motorschaden“, wie Schleif sagt. „Ein Leihgerät war nicht am Markt verfügbar. Dies führte zu der Verzögerung.“ Personalmangel habe keine Rolle gespielt, die Standardabsenkung der Grünflächenpflege sei trotzdem unausweichlich gewesen. „Der ökologische Wert und der Wert für das Stadtbild bleiben jedoch erhalten“, so Schleif.
Linken-Politiker Peter Gutzeit versteht nicht, wie in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen und Überschüsse dringende bezirkliche Verwaltungsaufgaben nicht mehr erledigt werden können. „Die Mangelverwaltung muss durch zügige Personaleinstellungen und nicht durch Personalabbau beseitigt werden.“
Für Müller-Sönksen kam die Misere nicht überraschend, denn für die Maschinen seien weder Wartungs- noch Instandsetzungskosten im Haushalt eingeplant. Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) wirft er vor, mit der dürftigen Mitteilung „Gras über die Sache wachsen lassen“ zu wollen. Die FDP beantrage mehr Geld für die Grünflächenpflege.
Die Union um Rüdiger Kuhn fordert einen besseren Stellenschlüssel im Fachamt und eine bessere technische Ausstattung. Daneben plädiert er für Grünpatenschaften, die in der Vergangenheit an Bürokratiehürden scheiterten.