Ein neues Konzept sieht eine dreijährige Sanierung vor. Schüler, Handwerker und Studierende sollen dabei helfen, die Mutzenbacher Villa in eine Bildungsstätte umzuwandeln. Finanzbehörde ist skeptisch.

Niendorf Vernagelte Fenster, morsche Fußböden, Ameisenbefall. Die einst prächtige Gründerzeitvilla im Niendorfer Gehege schien ein klarer Fall für den Abrissbagger zu sein. Im Gegensatz zum Niendorfer Forsthaus oder so mancher nahe gelegenen Villa verwahrloste die sogenannte Mutzenbecher-Villa über Jahre. Weil das städtische Wohnungsbauunternehmen Saga den Backsteinbau weitgehend sich selbst überließ, ähnelte es zunehmend einem Geisterhaus. Geschätzte Sanierungskosten: 870.000 Euro.

Doch jetzt soll die mitten im Wald gelegene Villa – um 1900 von Albingia- und Hamburg-Mannheimer-Gründer Hermann Mutzenbecher als Sommerfrische in Auftrag gegeben – zum Lern- und Kulturhaus werden. Eine Stiftung will dem Haus neues Leben einhauchen, schon in drei Jahren könnte das sanierte Gebäude zu einem Ort der Bildung und Begegnung werden. In Kooperation mit der Stadtteilschule Niendorf soll das Haus gerettet werden. „Die Mutzenbecher-Villa ist Teil der Niendorfer Identität und wie geschaffen für pädagogische Projekte“, sagt Gerd Knop, einer der drei Initiatoren.

Fünf Bieter hatten sich vor einem Jahr im sogenannten Interessenbekundungsverfahren bei der Stadt um eine Nutzung der Villa bemüht. Wohnen und Gewerbe waren von vornherein ausgeschlossen worden, eine wald- und naturnahe Nutzung wurde verlangt. Übrig geblieben sind nun Gerd Knop, Reinhard Kahl und Andreas Reichel, die laut ihrem Konzept die Stiftung Mutzenbecher-Villa gründen wollen. Schüler aus Niendorf sollen das Haus unter fachlicher Anleitung von Handwerkern und Architekturstudenten der HafenCity-Universität denkmalgerecht sanieren. Die Idee folgt dem Hamburger Hauptschulmodell, bei dem lernschwache Schüler berufliche Praxis in Unternehmen sammeln und sich eine neue Perspektive erschließen. Für die Niendorfer Villa könnte dieses Prinzip die Wandlung vom Abrisskandidaten zum Hoffnungsträger bedeuten. Ziel ist eine neue naturnahe Begegnungsstätte. Seminare, Ausstellungen oder kreative Projektarbeit für Kinder seien denkbar.

Das Denkmalschutzamt nennt das Konzept, hinter dem auch die Vereine „Werte erleben“ und „Archiv der Zukunft“ stehen, „interessant“. Eimsbüttels Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) kann sich vorstellen, dass der Plan aufgeht. „Der Bezirk setzt sich jedenfalls für das Konzept ein. Allerdings muss die Finanzierung stehen. Wir können nichts dazugeben.“

Doch genau an diesem Punkt hakt es: Die Finanzbehörde als Immobilienverwalter der Stadt zweifelt noch am Finanzplan der Interessenten. Deshalb zögert die Behörde mit der sogenannten Anhandgabe der Villa, bei der ein Erbbaurecht von 50 Jahren gewährt wird. „Im Hinblick auf die Finanzierung hat das Konzept noch nicht überzeugt“, sagt Behördensprecher Björn Domroese. „Wir geben den Interessenten aber noch einmal ein halbes Jahr Zeit, den Finanzierungsplan zu überarbeiten.“

Wäre es nach der Finanzbehörde gegangen, wäre das Backsteinhaus längst abgerissen worden. Doch der Denkmalschutz sieht in dem Gebäude „ein gut erhaltenes Zeugnis“ der Stadtteilgeschichte, seit 2007 genießt es deshalb Denkmalstatus. Behilflich beim Schutz des Hauses war zudem der letzte Mieter der Villa, Marc Schlesinger. Er weigert sich seit Jahren auszuziehen und verhinderte so bislang einen Abbruch. Der Gebäudeerhalt wurde bei Bezirksversammlungen zum Politikum.

Seitdem wird ein Konzept gesucht, das einerseits den Erhalt sichert und andererseits dem Umfeld des Niendorfer Geheges mit seiner spärlichen Bebauung gerecht wird. Schon 1995 kündigte die Saga eine Instandsetzung an. Es blieb bei der Absichtserklärung. 2003 wurden von der Stadt Sanierungskosten in Höhe von knapp 600.000 Euro veranschlagt, ohne Finanzierungsplan. Andere Konzepte wie eine Kita oder ein Quartier für die Waldjugend gelangten nie zur Planungsreife. Jetzt könnte das aussichtsreiche Projekt „Bildungshaus“ den Durchbruch bringen. Zumal es sachkundige Unterstützung von der HafenCity-Universität erfährt. Der renommierte Architektur-Professor Jens Uwe Zipelius, unter anderem verantwortlich für die Rettung des S-Bahnhofs Rübenkamp, erarbeitete mit Studierenden eine Bauzustandsanalyse nebst Sanierungsplan. Befund: Der Substanz der Villa geht es erstaunlich gut. Zipelius ist sicher: „ Wenn sich die Finanzbehörde schnell für eine Anhandgabe entscheidet, könnte das Erdgeschoss bis Ende 2014 saniert sein.“

Bis zu zehn Schüler pro Jahr könnten während des Sanierungszeit handwerkliche Erfahrungen sammeln und auf eine Berufsausbildung hin arbeiten. „Lernen außerhalb der Schule“, nennt es Reinhard Kahl. „Für Schüler ohne Aussicht auf einen Abschluss ist das eine wichtige Form der Motivation.“ Neben der Stadtteilschule Niendorf und der Grundschule Vizelinstraße habe auch das Gymnasium Bondenwald Interesse an einer inhaltlichen Mitarbeit bekundet.

Vielleicht kehrt bald der Glanz vergangener Zeiten ins Niendorfer Gehege zurück.