Es gibt massiven Widerstand gegen Neubau im Bereich der Grindelhochhäuser. Das Gesamtensemble steht unter Denkmalschutz.
Harvestehude. Zwischen Grindelhochhäusern und Gründerzeitvillen könnte man den grasbewachsenen Flachbau der ehemaligen Zentralwäscherei an der Brahmsallee leicht übersehen. Dabei ist er gerade im Fokus. Jetzt soll genau dort gebaut werden. Der Grundstückseigentümer plant, auf der Wiesenfläche, auf der auch die zum denkmalgeschützten Gesamtensemble der Grindelhochhäuser gehörende Wäscherei steht, ein Wohnhaus zu errichten. Da das aber aus Denkmalschutzgründen nicht so einfach geht, haben sich die Architekten etwas Ungewöhnliches einfallen lassen: Sie wollen das sechs Wohneinheiten umfassende Gebäude L-förmig um die Wäscherei herumbauen. Wie das aussehen könnte, wird in einer Visualisierung deutlich: Auf einen schmalen Sockel gesetzt, sollen die sechs Wohneinheiten des Neubaus über die Grünfläche und Teile der ehemaligen Zentralwäscherei ragen. In dem seit Jahren leer stehenden Gebäude soll nach einer Sanierung eine Kita einziehen, daneben ist ein Café geplant.
Doch Denkmalschützer sind empört. "Jeder Gebäudeabstand, jede Grünfläche, jeder Weg, jede Stützmauer ist ebenso Teil des Denkmals wie die Nebengebäude, von denen gerade die Zentralwäscherei mit ihrem Konzept des Unauffälligen - eingeschossig mit begrüntem Dach - als wertvoller Bestandteil zu nennen ist", sagt Dr. Geerd Dahms, Sachverständiger für Denkmalschutz. Auch die Nachbarn, besonders die Bewohner des angrenzenden Hauses sind wenig erfreut. Für sie geht es um mehr als den Denkmalschutz.
+++ Grindelhochhäuser - die ersten Giganten Hamburgs +++
An die Seitenwand des Hauses Brahmsallee 23 sollen der Sockel und die Rückwand des neuen Wohnhauses gesetzt werden. Abgesehen vom bevorstehenden Baulärm würde sich auch der Blick aus den Fenstern verändern. "Für viele Eigentümer würden sich die Lichtverhältnisse verschlechtern", sagt ein Anwohner.
Die Eigentümergemeinschaft hat jetzt Widerspruch gegen den Vorbescheid für die Baugenehmigung erhoben. Gero Tuttlewski von der Kanzlei Klemm und Partner vertritt die Eigentümergemeinschaft und sieht neben den denkmalschutzrechtlichen Bedenken auch weitere Fehler im Genehmigungsverfahren. "Der geltende Bebauungsplan lässt für das Wäschereigrundstück nur eine eingeschossige Bebauung zu, die etwa neun Meter Abstand zur Nachbarbebauung einzuhalten hat", erklärt Tuttlewski. Diese Vorgabe wurde mit einer "planungsrechtlichen Befreiung" umgangen. Eine Möglichkeit, die aber laut Tuttlewski nicht angewendet werden durfte.
Entstanden ist die Planung beim Ideenwettbewerb für Architekten, der von der P-S-A Grundstücksgesellschaft Brahmsallee 23a mbH & Co. KG gemeinsam mit dem Bezirksamt Eimsbüttel 2009 initiiert wurde. Das Gebäude der Zentralwäscherei sollte laut Ausschreibung "revitalisiert" werden, der erste Platz ging an einen Entwurf der Firma BN Architekten. Als "grundsätzlich problematisch" sieht Dahms bereits die Besetzung der Jury des Ideenwettbewerbs. Ein Jurymitglied war der Sachbearbeiter des Denkmalschutzamts, der später beim Antrag auf Baugenehmigung darüber entscheiden sollte, ob überhaupt gebaut werden darf.
Seitens des Denkmalschutzsamts versucht man den Ablauf zu erklären. "Die Zentralwäscherei war wegen des langjährigen Leerstands wirtschaftlich nicht mehr zumutbar. Möglicherweise hätte sie abgerissen werden müssen", sagt Kristina Sassenscheidt. Außerdem seien Ergebnisse aus Wettbewerben immer offen, deshalb sei dem Investor auch klar mitgeteilt worden, dass das Wettbewerbsergebnis unabhängig vom danach stattfindenden Genehmigungsverfahren sei. Das jetzt per Vorbescheid genehmigte Bauvorhaben beziehe die Wäscherei mit ein, so sei ein "größtmöglicher Denkmalschutz" gegeben.
Dabei war der Bau einer Zentralwäscherei für die Architekten der Grindelhochhäuser damals bereits ein Kompromiss. Eigentlich sollte die Fläche neben der Brahmsallee 23 im Sinne des Gesamtkonzepts frei bleiben. Das belegen die damaligen Planungen. Als notwendiger Kompromiss wurde ein möglichst unauffälliger Flachbau gewählt.
"Betroffen" von den Folgen der Bebauung wäre auch die Saga-GWG, ihr gehören mehrere Wohnungen in der Brahmsallee 23 sowie zehn der insgesamt zwölf Grindelhochhäuser. Doch dort will man sich nicht näher zu einem Widerspruch äußern. "Wir warten das Prüfungsergebnis des Bezirks im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens ab, dann entscheiden wir", so Michael Ahrens von der Saga-GWG.
Beim Bezirksamt betrachtet man die geplante Umgestaltung positiv. "Aus städtebaulicher Sicht zeigt der Entwurf einen überzeugenden Umgang mit dem noch vorhandenen gründerzeitlichen Bestand an der Brahmsallee, dem Ensemble der Grindelhochhäuser als auch einen sensiblen Umgang mit der denkmalgeschützten Zentralwäscherei", sagt Sprecherin Aileen Röpcke.
Auch aus dem Denkmalschutzamt gibt es eine positive Einschätzung des Vorhabens. "Der Entwurf war der Einzige, bei dem die als Teil des Gesamtensembles der Grindelhochhäuser denkmalgeschützte Wäscherei erhalten bleiben sollte", sagt Kristina Sassenscheidt vom Denkmalschutzamt. Es sei die denkmalverträglichste Lösung gewesen, auch für neuen Wohnraum. Sechs Wohneinheiten sollen entstehen.
Eine Erklärung, die der Sachverständige Dahms nicht nachvollziehen kann. "Der dominante Neubau wird gemeinsam mit etwa der Hälfte des historischen Baubestandes störend sichtbar und von den Grindelhochhäusern ablenken", sagt er. Aktuell läuft noch das Widerspruchsverfahren der Eigentümergemeinschaft. Rechtsanwalt Gero Tuttlewski will das Ergebnis abwarten, sagt aber: "Die Eigentümer werden weiterhin gegen das Vorhaben kämpfen."