Hamburg. Sergio de Simone war eines von 20 Kindern, das 1945 am Bullenhuser Damm ermordet wurde. Wir stellen mehrere dieser Kinder vor.
Sein Lächeln war hinreißend. Wenn Sergio de Simone lachte, dann strahlte er über das ganze Gesicht. Und dadurch wurde wohl auch Josef Mengele auf ihn aufmerksam. Der Mediziner, der von 1943 bis 1945 als Lagerarzt im KZ Auschwitz-Birkenau eingesetzt war, soll den kleinen italienischen Jungen gemocht haben, weil „er so lustig war“. Doch schon bald erstarb das Lächeln: Sergio de Simone wurde nur sieben Jahre alt – ermordet von den Nazis in der Schule am Bullenhuser Damm in Hamburg.
Er wollte seine Mama wiedersehen und fand in Hamburg den Tod
Anlässlich der Woche des Gedenkens in Bergedorf, in der es vom 29. Oktober bis 18. November ein Programm mit Diskussionen, Film, Musik, Lesungen und Vorträgen gibt, stellen wir in einer Serie mehrere Kinder vor, die am Bullenhuser Damm ermordet wurden. Denn „das Ausmaß dieser Verbrechen ist leichter begreifbar, wenn man Schicksale einzelner Opfer nachzeichnet“, heißt es im Katalog zur Wanderausstellung „Die Kinder vom Bullenhuser Damm“. Diese ist vom 1. November an in der Gretel-Bergmann-Schule (Margit-Zinke-Straße 7-11) zu sehen.
Im KZ arbeitete der kleine Junge als Läufer
Nach Auschwitz wurde Sergio de Simone im April 1944 gemeinsam mit seiner Mutter und sieben weiteren Familienmitgliedern, darunter seine Cousinen Alessandra (Andra) und Tatiana, von den Nazis aus Fiume in Norditalien deportiert. Im KZ arbeitete der kleine Junge als Läufer – bis eines Tages ein Mann zur Kinderbaracke kam und fragte, wer seine Mama wiedersehen möchte. Sergio trat vor und wurde mit anderen Kindern in das Konzentrationslager Neuengamme gebracht – sein Todesurteil.
Sergio de Simone war eines von insgesamt 20 jüdischen Kindern, die am 20. April 1945 am Bullenhuser Damm ermordet wurden. An den Kindern waren zuvor im KZ Neuengamme medizinische Versuche vorgenommen worden. Mit ihnen starben zwei französische Mediziner und zwei niederländische Krankenpfleger, ebenso sowjetische KZ-Häftlinge, deren Identität nicht ermittelt werden konnte.
Woche des Gedenkens in Bergedorf: Vorstellung der Kinder, die ermordet wurden
Sergios Cousinen und auch seine Mutter überlebten. In Italien traf sie ihren Mann wieder. Gemeinsam suchten sie nach ihrem Sohn – ohne Erfolg. Sergios Vater starb 1964, ohne etwas über das Schicksal seines Sohnes erfahren zu haben. Seine Mutter erfuhr 1983 von den Verbrechen am Bullenhuser Damm und nahm dort 1984 an einer Gedenkfeier teil. Sie wollte aber nicht glauben, dass er tot war und hoffte bis zu ihrem Tod, dass er noch lebte.
Ein Besuch der Ausstellung ist nach Absprache möglich per E-Mail an jette.jungblut@gretel-bergmann-schule.de. Begleitete Rundgänge durch Schüler der 10. Klasse gibt es am 2. und 9. November zwischen 8.30 und 13 Uhr. Anmeldung ebenfalls per E-Mail.