Altengamme/Bordeaux. Als Junge spielte Peter Mohr am Deich der Elbe. Heute leitet seine Tochter ein Weingut in Bordeaux. Eine besondere Familiengeschichte.
Dass Peter Mohr (78) im Ruhestand gerne auf den südfranzösischen Atlantik schaut und dabei ein Glas Wein vom Château seiner Tochter genießt – das hat sich im Altengamme der späten 1940er-Jahre sicherlich niemand vorstellen können.
Mit acht Kindern im Bulli aus Südfrankreich nach Altengamme
Mutter, Vater, sechs bis acht Kinder und zwei Katzen in einem VW-Campingbus, so machte sich Familie Mohr jedes Jahr in den Sommerferien auf den Weg nach Norddeutschland. Zwei Tage brauchte man in den 1970er-Jahren von Südfrankreich nach Hamburg. Während viele Deutsche seit dem Wirtschaftswunder Urlaub in Südeuropa machten, fuhren die Mohrs zweimal im Jahr in die entgegengesetzte Richtung zu den Großeltern nach Altengamme. „Mit acht Kindern galt man damals in Deutschland als arm, fast schon asozial“, sagt Peter Mohr heute und lacht. Die Blicke der Nachbarn verrieten es: Wenn seine französische Frau und die blonden Kinder nacheinander aus dem VW-Bus ausstiegen, stand so manchem neben der Wiedersehensfreude auch Verwunderung und Mitleid ins Gesicht geschrieben.
Schon als Siebenjähriger wollte Peter Mohr Schiffbauer werden
Dabei war es für den „Hamburger Jung“ immer recht gut gelaufen: Die Deiche in den Vier- und Marschlanden waren als Kind sein Spielrevier, und schon mit sieben Jahren wollte er Schiffbauer werden. Die Schulferien verbrachte der kleine Peter in der Hamburger Schiffbau-Versuchsanstalt, wo sein Vater für die Buchhaltung verantwortlich war. Fasziniert beobachtete er dort stundenlang, wie in großen Becken an Schiffsmodellen deren Schwimmeigenschaften untersucht wurden.
Mit 16 Jahren wollte er seine Leidenschaft dann zum Beruf machen und begann eine Ausbildung in der Stülcken-Werft im Hamburger Hafen, anschließend folgte das Studium zum Schiffbauingenieur am Berliner Tor. Mit seinem Abschluss in der Tasche zog der junge Mann in die weite Welt hinaus – und landete für ein Praktikum bei einer kleinen Werft in Arcachon an der französischen Atlantikküste, nicht weit von Bordeaux entfernt.
Für Tochter Caroline wird mit dem Weingut ein Lebenstraum wahr
Bleiben wollte er dort ein Jahr – inzwischen sind es 57 Jahre geworden. Nur drei Monate nach dem Beginn des Praktikums war damals der technische Leiter der französischen Werft gestorben – und man war froh, dass der junge, gutausgebildete Ingenieur aus Hamburg die Stelle übernehmen konnte.
Auch privat machte Peter Mohr Tempo: Er verliebte sich in das Nachbarmädchen Minou, verlobte sich prompt, und nur ein halbes Jahr später wurde geheiratet. Auf der Hochzeit floss dann ein ganz besonderer Wein einer befreundeten Winzerfamilie: Die Perromats aus dem Ort Cérons, gleich neben Sauternes gelegen, waren für ihren fantastischen Süßwein bekannt, aber auch für ihre trockenen Weiß- und Rotweine.
Die beiden Familien verband seit eh und je eine enge Freundschaft, und sie sollte sich noch vertiefen: Auch die Perromats bekamen acht Kinder, und die gemeinsamen Treffen mit bis zu 16 Kindern liefen oft herrlich aus dem Ruder. Man traf sich am Strand von Arcachon oder am Weinberg in Cérons, ein Kindertraum zum Spielen. Und eigentlich wunderte es niemanden, als sich die junge Caroline Mohr Mitte der 1980er-Jahre in den Winzersohn Xavier Perromat verliebte.
Boden aus atlantischem Muschelkalk gibt Weinen den besonderen Kick
Auch hier folgten – wie in der Familie üblich – eine schnelle Hochzeit und viele Kinder. Und weil die beiden die Liebe zum Weinbau teilten, übernahmen sie das elterliche Weingut: „Château de Cérons“ ist damit seit dem 17. Jahrhundert durchgehend in Familienbesitz.
Wohlhabende Vorfahren der Perromats aus Bordeaux hatten sich das Château vor rund 350 Jahren als Sommersitz gebaut. Man wollte raus aus der Stadt, dorthin, wo der Wein so gut wuchs. Einen Landsitz zu haben galt schon damals als schick, doch dass auf den Böden aus atlantischem Muschelkalk die Weine einmal so gut wachsen sollten, wusste noch niemand.
Die feste Kalkschicht liegt in Cérons nur circa 80 Zentimeter unter der Bodenoberfläche und sorgt dafür, dass die Weine sehr lange Wurzeln entwickeln und viele Mineralien aus der Tiefe in die Pflanze ziehen. Die Süßweine sind deutlich weniger süß als bei den berühmten Nachbarn aus Sauternes. Salzige Noten und Aromen von Zitrusfrüchten geben den Cérons-Weinen den besonderen Kick.
Peter Mohr genießt seinen Ruhestand an der französischen Küste
„Unsere Böden hier sind stark vom nahen Atlantik geprägt“, sagt Caroline Perromat, geborene Mohr, „und auch die Winde des Ozeans sind wichtig für die langsame Reifung der Trauben, denn nur wenn es nachts immer wieder abkühlt, bildet sich nicht zu viel Zucker in der Pflanze“. Viel Geduld brauchen sie in Cérons, bis der Wein die richtige Reife hat. Doch Ausdauer und harte Arbeit lohnen sich: Die frischen, vielschichtigen und fruchtigen Weine haben schon viele Preise gewonnen und sind bei Weinkennern in aller Welt beliebt. Caroline Perromat kann stolz sein auf das besondere Terroir. Ihr Lebenstraum, mit ihrem Mann ein einzigartiges Château zu führen, geht in Erfüllung.
Vater Peter Mohr genießt heute seine Zeit als Rentner. Nur noch ab und zu berät er Schiffbauer in der Umgebung von Arcachon. Wenn er seine Tochter auf ihrem Weingut besucht, dann bekommt er von ihr ein Glas von seinem Lieblingswein eingeschenkt: ein Rotwein, der aus den Rebsorten Cabernet Sauvignon und Merlot gekeltert wird.
Vater und Tochter stoßen häufig an auf das Meer
Oft stoßen Vater und Tochter dann auf das Meer an, weil sie ja wissen, wie viel sie dem Meer verdanken. Ohne die Liebe zum Wasser wäre Peter Mohr wahrscheinlich nie in Frankreich gelandet. Caroline hätte es gar nicht gegeben. Und ein Wein vom Château de Cérons ohne die atlantischen Kalkböden und die Ozeanwinde – auch das ist unvorstellbar. Peter Mohr kommt nur noch einmal im Jahr in seine alte Heimat nach Hamburg. Die Weine seiner Tochter Caroline vom Château de Cérons findet man allerdings dauerhaft im hohen Norden.
Hier gibt es den Wein in Hamburg
Weine vom Château de Cérons bekommt man in Hamburg exklusiv bei „House of Wines“ in Poppenbüttel oder im Lager in Kaltenkirchen. Die Filiale am Poppenbüttler Weg 191 a ist geöffnet Montag bis Freitag 13 bis 19 Uhr; Sonnabend 10 bis 16 Uhr. Lagerverkauf an der Grashofstraße 5, Mittwoch bis Freitag 15 bis 18 Uhr, Sonnabend 10 bis 13 Uhr.
www.house-of-wines.com