Kirchwerder. Vögel brüten Nachwuchs aus. Dem Nabu in Hamburg werden jede Woche zerstörte Nester gemeldet.
Durch den Einsatz von Insektiziden ist der Bestand an Insekten deutlich gesunken. Dadurch finden Schwalben und andere Vögel immer weniger Nahrung. Deshalb gibt es auch immer weniger Schwalben. Doch nicht nur, dass der Mensch den Vögeln ihre wichtigste Nahrungsquelle nimmt – oft werden auch die Nester aus Lehm zerstört, die die Schwalben an senkrechten Wänden – etwa an den Fassaden von Gebäuden und an Dachrändern – mühevoll bauen. Denn viele Hauseigentümer ärgern sich über den Kot der Vögel, der die Fassaden verunreinigt.
Doch das Abschlagen von Schwalbennestern ist grundsätzlich verboten, betont Marco Sommerfeld, Referent für Vogelschutz beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu) in Hamburg. Der 47-Jährige verweist auf Paragraf 44 (Absatz 1, Nummer 3) des Bundesnaturschutzgesetzes. Dort heißt es: „Es ist verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“ Wer unbedingt ein Nest entfernen muss, benötigt daher eine Ausnahmegenehmigung.
Mehlschwalben sind besonders geschützt
Als Gebäudebrüter fallen Mehlschwalben – ebenso wie Rauchschwalben, Mauersegler, Dohle, Stare und Haussperlinge – in die Kategorie der besonders geschützten Arten. „Die Schwalben und Mauersegler fliegen Tausende Kilometer, kommen aus Afrika hierher, und werden dann vergrämt - das ist doch nicht in Ordnung“, sagt Sommerfeld. „Wiedergenutzte Vogelnester stehen generell unter Naturschutz.“
Schwalben kehren jährlich in ihre Nester zurück, sagt Sommerfeld, „immer Gegensatz zu Amseln und Rotkehlchen, die in Bäumen, Hecken, Büschen oder auch in Tiefgaragen immer wieder neue Nester bauen“. Vor allem Amseln und Rotkehlchen würden beim Bau ihrer Brutstätten gezielt die Nähe von Menschen suchen, Nester etwa auch an Balkonen und über Terrassen bauen: „Da trauen sich die Prädatoren nicht hin, ist der Nachwuchs vor Krähen und Katzen geschützt“, sagt der Vogel-Experte des Nabu.
Nester auch in touristischen Hotspots wie der Hafen-City
In Hamburg gebe es zahlreiche Mehlschwalbennester auch in touristischen Hotspots wie der Hafen-City und den Alsterarkaden. „Schwalben, die nun an ihren Nestern arbeiten wollen, haben es allerdings schwer“, sagt Sommerfeld. „Aufgrund der Trockenheit finden sie kaum Lehm.“ Schwalben seien standorttreu, betont Sommerfeld. „Wird ihr Nest abgeschlagen, bauen sie an derselben Stelle ein neues.“
Der Diplom-Landschaftsökologe bekomme in den Frühjahrs- und Sommermonaten, also in der Setz- und Brutzeit, „wöchentlich im Durchschnitt vier bis fünf Mitteilungen über abgeschlagene Schwalbennester oder über Gebäudebrüter, deren Brutplatz durch Sanierung gefährdet ist“. Er leite die Meldungen an die Staatliche Vogelschutzwarte der Umweltbehörde weiter. Werden die Verantwortlichen dann angesprochen, seien sie sich oft keiner Schuld bewusst. „Viele Verantwortliche kennen die gesetzlichen Bestimmungen nicht“, sagt der 47-Jährige. In den meisten Fällen seien die „Täter“ kooperativ. „Es gibt aber auch Ausnahmen.“
In der Regel reiche ein Brett
Um eine Verunreinigung der Fassade durch Schwalbenkot zu vermeiden, reiche es in der Regel, ein waagrechtes Brett unter dem Nest zu befestigen. Es sollte allerdings mindestens 50 Zentimeter unterhalb der Nester befestigt werden, damit Nesträuber die Gelege nicht erreichen können. Prophylaktisch könne auch das Aufstellen von Nistkästen Sinn machen. Sie sind unter anderem in Baumärkten erhältlich. Sommerfeld steht für weitere Fragen rund um Schwalbennester gern zur Verfügung. Er ist telefonisch unter der Nummer 040/ 697 08 90 erreichbar.
Sommerfeld beriet kürzlich die Leitung der Stadtteilschule Lohbrügge. Dort wurden 25 Nisthilfen für Vogelarten wie Hausrotschwanz, Mauersegler und Haussperling in das Mauerwerk eines neuen Klassenhauses eingebaut. „Auch an einer Schule kann mit dem Anbringen von Nistkästen wertvoller Lebensraum für Vögel und Fledermäuse geschaffen werden“, sagt der Experte. So werde mit einfachen Mitteln die biologische Vielfalt in der Stadt gefördert. Sommerfeld: „Mit der energetischen Sanierung des Gebäudebestands fallen derzeit in Hamburg flächendeckend Nischen und Hohlräume weg, die von Vögeln und Fledermäusen als Quartiere genutzt wurden.“