Allermöhe. Die Vorsitzende des Landfrauenverbands, Angela Becker, zieht Bilanz. Ihren Landfrauen bleibt sie an der Spitze erhalten - vorerst.

Als Angela Becker im März 2016 zur Vorsitzenden des Landfrauenverbandes Hamburg gewählt wurde, bekam die 56-Jährige eine weiße Orchidee geschenkt. Und das filigrane Pflänzchen blüht seitdem immer wieder auf. Vielleicht ein Zeichen, dass auch Angela Beckers Zeit als „oberste Landfrau“ noch nicht vorüber ist.

Dabei war die Powerfrau, die seit Kurzem in einer schnuckligen Wohnung am Kurfürstendeich heimisch ist, Anfang des Jahres überzeugt, nicht erneut für das Amt zu kandidieren. Zu schwer hatte sie der Verlust ihrer Eltern getroffen. Ihr Vater sowie ihre Mutter waren während ihrer vierjährigen Amtszeit gestorben, vorausgegangen waren eine intensive Pflege- und Besuchszeit.

Zwei Drittel der insgesamt 1400 Mitglieder aus dem Landgebiet

Doch dann kam die Corona-Pandemie. Und stellte plötzlich alles auf den Kopf. Die Delegiertenversammlung des Landfrauenverbandes, die eigentlich für Ende März geplant war, wurde abgesagt. Und für Angela Becker stand fest, dass sie ihre Landfrauen nun nicht einfach im Stich lassen würde. Schließlich hätte sich nun umso mehr gezeigt, dass der Sinn der Landfrauen hochaktuell ist: „Zusammenhalt und Unterstützung sind jetzt wichtiger als je zuvor“, sagt Angela Becker.

So müsste auch niemand ein Vorstandsamt scheuen: „Viele haben Angst vor der Verantwortung, scheuen das Organisieren, die Verpflichtung“, glaubt Angela Becker. Wenn man diese Aufgaben aber auf mehrere Schultern verteilt, müsse niemand Angst davor haben. Denn während die Landfrauen in den Vier- und Marschlanden weiterhin sehr stark vertreten sind – etwa zwei Drittel der insgesamt 1400 Mitglieder in Hamburg gehört einem der sechs Ortsvereine im Landgebiet an – droht einem 130-Mitglieder starken Ortsverein in Marmstorf das Aus, weil sich kein Vorstand findet.

Landfrauen sind anerkannter Gesprächspartner geworden

Angela Becker hofft, dort in den kommenden Monaten noch eine Lösung finden zu können. Spätestens im März 2021 soll die Delegiertenversammlung nachgeholt werden. „Viele tolle Erfahrungen und Erfolge“ wird die 56-Jährige dann in jedem Fall mitnehmen: Dazu zählt vor allem die gestiegene Präsenz der Landfrauen, ob bei Podiumsdiskussionen oder auch in den Medien. „Wir sind zu einem anerkannten Gesprächspartner geworden“, sagt Angela Becker.

Ebenso waren die Auslandsreisen – ob nach England, ins Baltikum oder die Provence – ein voller Erfolg. Nach Schweden ging es sogar mit zwei Reisebussen, weil sich 60 Teilnehmerinnen angemeldet hatten.

Besonders freut es Angela Becker, dass die Landfrauen das Thema Ernährung in alle Altersklassen gebracht haben: Ob durch Pflanzprojekte in Kindergärten bis hin zu gemeinsamen Kochrunden im Neuengammer Gemeindehaus, wo regelmäßig unter dem Namen „Tischlein deck Dich“ jüngere Essensgäste und auch viele Senioren an einem Tisch Platz nehmen.

Traum erfüllt: Ein ganzer Tag für die Landfrauen

Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Hamburg wurde die Qualifizierungsmaßnahme zur Büroagrarfachfrau ins Leben gerufen. Und bei den Planungstreffen zur Stärkung stets Franzbrötchen mit Leberwurst verdrückt, erinnert sich Angela Becker. Auch die Jungen Landfrauen wurden ins Leben gerufen. Ganz besonders stolz ist Angela Becker auf die Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag des Hamburger Landfrauenverbandes im vergangenen Jahr. Im Zollenspieker Fährhaus gab es einen Tag lang Podiumsdiskussionen, Gesang und Theater: „Ein ganzer Tag für die Landfrauen. Davon habe ich immer geträumt.“

Trotz all der Erfolge ist Angela Becker aber auch ein wenig desillusioniert: „Man geht mit viel Spaß und Herzblut an die Aufgabe und merkt, einen Verband zu führen, ist wie eine Firma zu leiten“, sagt Angela Becker, die als kaufmännische Leitung in einem Recycling-Unternehmen tätig ist und die Personalverantwortung für 50 Mitarbeiter hat.