Altengamme. Der 58-Jährige ist Produktions- und Herstellungsleiter und sorgt dafür, dass aus Drehbüchern Fernsehfilme und -serien werden.

Holger Heinßen steht nicht gern im Mittelpunkt. Dabei gehört er zu den wichtigsten Menschen, wenn es um TV-Produktionen wie „Tatort“, „Traumschiff“ oder „Rote Rosen“ geht. Der 58-Jährige ist Produktions- und Herstellungsleiter und sorgt dafür, dass aus Drehbüchern Fernsehfilme und -serien werden. Seit 2016 lebt er mit seiner Familie in Altengamme.

Schon vor dreißig Jahren drehte Heinßen mit deutschen Fernsehstars: Inge Meisel, Götz George, Heinz Hönig, Jan Fedder, Til Schweiger oder Maria Furtwängler standen vor der Kamera, wenn er für Produktion oder Herstellung verantwortlich war. Heinßen ist immer froh, dass er selbst hinter der Kamera steht. Rampenlicht mag er nicht. Als Produktionsleiter betreut der Altengammer die Dreharbeiten, stellt das Team zusammen, verhandelt die Verträge, überwacht den Drehplan, gibt das Timing vor und ist wichtiger Ansprechpartner für das Team und die Schauspieler.

Von Anfang bis Ende verantwortlich

In seiner Funktion als Herstellungsleiter ist Heinßen für das Projekt von der ersten Idee bis zur Ausstrahlung verantwortlich. Aktuell ist allerdings auch er vom Drehstopp aller Produktionen betroffen. „Beim Dreh geht es nicht ohne Nähe und Berührung. Wenn man allein die Teams am Set sieht, die eng zusammenarbeiten oder die Maskenbildner, die den Schauspielern besonders nahe kommen. Auch Kussszenen mit Schutzmaske sind schwer vorstellbar“, sagt er.

Die Schauspieler würden unterschiedlich reagieren. „Der eine ist sensibler als der andere“, sagt Heinßen. „Bei uns herrscht jetzt Kurzarbeit, das gab es noch nie. Wir müssen erst mal lernen, wie das geht.“

Aktuell befindet sich der Produktionsleiter in den Vorbereitungen für eine neue Staffel der Serie „Morden im Norden“, doch der geplante Drehbeginn Ende Mai ist verschoben worden. Heinßens Produktionen werden vor allem im Norden realisiert.

Das „Traumschiff“ begleitet

Den 1000. „Tatort“ mit Maria Furtwängler und Axel Milberg hat der 58-Jährige mitproduziert, wie auch den ersten Krimifall der ARD-Reihe mit Til Schweiger im Jahr 2013. In den Vier- und Marschlanden drehte er vor drei Jahren eine „Tatort“-Folge mit Wotan Wilke Möhring. Das „Traumschiff“ begleitete er nach Australien, Neuseeland, Japan und Bali. In den Anfängen der Telenovela „Rote Rosen“ mischte er vier Jahre lang mit. Mehrere Filme aus der Feder von Dora Held hat er betreut.

„Am liebsten mag ich Herausforderungen wie bei dem Dreh mit Til Schweiger, wo es besonders viel Action gab und sehr spezielle Aufnahmen gewünscht waren. Der Dreh in Hamburg war anspruchsvoll, ganze Straßenzüge sperrten wir für die Aufnahmen.“

Zu den Höhepunkten seiner Laufbahn gehörte der historische Zweiteiler über Aenne Burda, ausgestrahlt im Jahr 2018. „Es hatte einen besonderen Reiz, das 20. Jahrhundert wieder aufleben zu lassen.“

Filmdreh auf altem Segler

Beim Segeln fing alles an. Eigentlich wollte Heinßen Lehrer werden. Dann unternahm er mit Freunden einen Segeltörn durch den Südatlantik und den Indischen Ozean. Danach war das Leben mit festem Boden unter den Füssen für ihn tabu, und so begleitete er auf einem 100 Jahre alten Segler einen Filmdreh. Das sollte sein Leben verändern.

Die Kontakte waren angebahnt, der Weg in die Fernsehbranche nahm seinen Lauf. Heinßen wurde Puppenbetreuer bei der Sesamstraße und absolvierte eine Ausbildung zum Aufnahmeleiter. „Alles verband sich, als ich mit Jan Fedder als Kapitän in der Karibik unter dem Wind drehen durfte. Und als dann Ende der 80er-Jahre die privaten Sender Fahrt aufnahmen, explodierte die Branche“, sagt der TV-Profi. Alle wollten drehen – und er war mittendrin.

Mit ihm Fernsehgucken kann schon mal anstrengend werden

Das Leben in Altengamme ist für Heinßen Entspannung. „Wir sind hier richtig gut angekommen. Durch unsere Tochter, die gerade in die Vor­schule gekommen ist, haben wir schnell Kontakt bekommen.“ Holger Heinßen wohnt mit zwei weiteren Familien in einem restaurierten Bauernhaus aus dem Jahr 1690.

Ob er selber Filme schaut? „Ja klar. Für meine Frau ist das anstrengend, da ich die Filme mit ganz anderen Augen sehe. Wie und wo wurde gedreht, wie sind welche Aufnahmen entstanden? Besonders interessant ist für mich der Abspann, denn ich möchte wissen, wer da mitgearbeitet hat.“

Inzwischen schaue er aber lieber die Mini-Serien, die auf Streamingportalen zu sehen sind. „Da ist noch mal ein neues Genre, eine völlig neue Erzählstruktur entstanden. Filme und Serien spiegeln eben auch den Zeitgeist wieder“, sagt Holger Heinßen.