Neuengamme. Mikis Theodorakis’ Meisterwerk wird im Mai in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme aufgeführt. Der Kartenvorverkauf hat begonnen.

Ein besonderes Konzert an einem geschichtsträchtigen Ort erwartet die Besucher des „Canto General“. In dem gleichnamigen Gedichtzyklus des chilenischen Dichters und Nobelpreisträgers Pablo Neruda (1904-1973) geht es um den Kampf Lateinamerikas gegen den Kolonialismus. Der griechische Komponist Mikis Theodorakis (95) verarbeitete von 1970 bis 1981 Teile des umfangreichen, insgesamt 231 Gedichte umfassenden Werkes zu dem Oratorium „Canto General“ für zwei Solostimmen, gemischten Chor und Orchester. „Der große Gesang“, wie der Titel (wörtlich übersetzt: „‚Allgemeiner Gesang“) im Deutschen heißt, wird am 1. Mai im früheren Klinkerwerk des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme von mehr als 120 Musikern aufgeführt. Der Kartenvorverkauf hat begonnen.

Das Oratorium mit seinen Liedern über Freiheit und Menschlichkeit wird zum 75. Jahrestag des Kriegsendes aufgeführt mit besonderem Blick auf die Befreiung des Konzentrationslagers Neuengamme. Es singen der Konzertchor der SingAkademie Niedersachsen und die Solisten Markus Volpert und Katrin Auzinger. Zwei Klaviere und ein riesiges Schlagzeug mit sechs Spielern vereinen sich mit den Folklore-Instrumenten des russischen Ensembles Lukomorje. Es spielt unter anderem die Bouzouki (Schalenhalslaute), die Domra, eine Art kleiner Balalaika, oder das Bajan (Knopfakkordeon).

Rolf Becker rezitiert die Texte

Zwischen den einzelnen Nummern des Werkes, die auf Spanisch gesungen werden, rezitiert der Schauspieler Rolf Becker die Texte in einer deutschen Übersetzung.

Der „Canto General“ ästhetisiert den Schrecken nicht, sondern reflektiert ihn in angemessener Weise. Sowohl der Schriftsteller als auch der Komponist haben in ihren Heimatländern Chile und Griechenland politische Unfreiheit erlebt und persönliches Leid erlitten. Deswegen spiegelt ihr gemeinsames Meisterwerk „Canto General“ auf authentische Weise durch den Inhalt der bildreichen Sprache und die leidenschaftlichen musikalischen Klänge in künstlerischer Form die Sehnsucht des Menschen nach Freiheit, Menschlichkeit und Gerechtigkeit wider. Nerudas Lyrik ist große Dichtung von Weltrang und gleichzeitig politisch und von hoher gesellschaftspolitischer Relevanz – auch im Hinblick auf die aktuellen Gefährdungen Europas durch radikales rechtes Gedankengut.

Von Mikis Theodorakis autorisiert

Mikis Theodorakis höchstpersönlich hat diese Version des „Canto General“-Orchesters autorisiert und im Oktober 2010 live erlebt. Damals reiste die SingAkademie zum 85. Geburtstag des weltberühmten Komponisten, der auch mit seinen Soundtracks zu den Filmen „Z“, „Serpico“ und „Alexis Sorbas“ (Sirtaki) sehr erfolgreich war, nach Griechenland. In Derveni führten die Sänger und Musiker das Oratorium auf. Claus-Ulrich Heinke, Dirigent und Gründer des Orchesters, besuchte Theodorakis einige Monate vor der Aufführung sogar in dessen Wohnung in Athen, um mit ihm über das Projekt zu sprechen.

Im ehemaligen Klinkerwerk am Jean-Dolidier-Weg 75 werden mindestens 500 Stühle aufgestellt. Beginn des Konzertes am 1. Mai ist um 18 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf für 20 Euro zuzüglich Gebühren und ab 17 Uhr an der Abendkasse. Im Vorverkauf sind Karten per Mausklick auf www.eventim.de und unter Telefon 040/44 02 98 erhältlich.

Programm zum 75. Jahrestag des Kriegsendes

Zum 75. Jahrestag des Kriegsendes und der Befreiung des Konzentrationslagers werden von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme weitere Programmpunkte geplant.

Am 20. April wird der Kinder gedacht, die am Bullenhuser Damm in Rothenburgsort für medizinische Versuche missbraucht und ermordet wurden.

Vom 25. April bis zum 30. August wird im Foyer der Hauptausstellung in Neuengamme die Sonderausstellung „Überlebt! Und nun?“ gezeigt. Am 2. Mai gibt es am Jean-Dolidier-Weg 75 ein „Erzähl- und Begegnungscafé“ mit Überlebenden des Konzentrationslagers und seiner Außenlager.

Die große öffentliche Gedenkveranstaltung mit Überlebenden und ihren Angehörigen aus aller Welt beginnt am 3. Mai um 16.30 Uhr im Westflügel des ehemaligen Klinkerwerks und wird mit einer Kranzniederlegung am Internationalen Mahnmal fortgesetzt.