Bergedorf. Ruhestandsregelung bereitet immer mehr Bauern und Gärtnern Probleme – Politik will neue Wege einschlagen.
Immer weniger Nachwuchs übernimmt den Bauernhof oder Gartenbaubetrieb, wenn die Eltern in den Ruhestand gehen. Der jüngeren Generation ist die Betriebsführung oft zu risikoreich und zu arbeitsintensiv, zumal sich die Bedingungen für die Agrarwirtschaft erheblich verschlechtert haben. Internationale Konkurrenz, Flächenmangel, verschärfte Verordnungen und Verbraucher, die Bio-Produkte und und eine tierwohlgerechte Haltung fordern, aber an der Supermarktkasse wenig zahlen, bringen vor allem kleine und mittlere Betriebe in Schwierigkeiten. Immer mehr von ihnen schließen – und es kommen weniger regionale Produkte auf den Markt.
Die Fraktionen der SPD und der Grünen haben in der jüngsten Sitzung der Bürgerschaft einen Antrag mit dem Titel „Betriebsnachfolge in der Agrarwirtschaft“ eingebracht, der angenommen worden ist. Darin werden „neue, innovative Ansätze“ gefordert, ist die Rede von „außerbetrieblichen Nachfolgemodellen“. Es sei zu überlegen, ob Betriebe „nicht in anderen Kooperations- oder Gesellschaftsformen“ zusammengefasst werden können. Beratungsangebote und „Vortragsreihen“ sollen ausgebaut und geschaffen werden. Eine fachübergreifende Arbeitsgruppe sei bereits im Werden.
„Vergrößern oder von den anderen differenzieren“
„Erst bei einem Drittel der Hamburger Betriebe ist die Hofnachfolge geregelt“, sagt Gert Kekstadt, der jüngst mit Dirk Kienscherf (beide SPD) den Milchhof Reitbrook – seit 400 Jahren in Familienbesitz, etwa 180 Kühe – besuchte. „Die kleinen und mittleren Betriebe müssen sich vergrößern oder von den anderen differenzieren“, sagt Jan-Hendrik Langeloh. Sein Milchhof geht einen Sonderweg, verkauft Vorzugsmilch und Joghurts an Abonnenten. Die Menschen in der Innenstadt seien sich der Hofnachfolge-Problematik meist nicht bewusst, ebenso wenig die meisten Politiker in der Bürgerschaft, betonte Kienscherf.
Bauernpräsident Martin Lüdeke hält neue Wege ebenfalls für sinnvoll: „Wir müssen weg von der Altenteiler-Lösung. Inzwischen werde über zwei Drittel aller existierenden Hofübergabeverträge gerichtlich gestritten, betont Lüdeke (55), der selbst als Landwirt seinen Lebensunterhalt verdient. Er hat seinen Sohn zum Partner gemacht. „Er wird den Hof irgendwann ohne eine Altenteilsverpflichtung übernehmen.“ In anderen Ländern sei es üblich, dass die Kinder den Betrieb kaufen. Die Hofnachfolge müsse „weniger emotional und mehr als Geschäft“ betrachtet werden.
Über Ausgleichszahlungen nachdenken
Bernd Capeletti, agrarpolitischer Sprecher der Bergedorfer CDU, sieht in umweltfreundlichen, energiesparenden Technologien eine Möglichkeit, der Grünen Branche zu helfen: „Dafür sollten Fördermittel ausgegeben werden. Denn die hohen Kosten für das Beheizen der Gewächshäuser mit fossilen Energien lassen die Gärtner resignieren.“ Zumal ab 2021 pro Tonne Kohlendioxid 25 Euro (CO2-Abgabe) fällig werden. Paradoxerweise würden Blumen aus Afrika billig importiert, betont der CDU-Mann, „und die hinterlassen einen tiefen CO2-Fußabdruck“. Capeletti: „Wenn wir die heimischen Anbieter bei diesen ungleichen Voraussetzungen erhalten wollen, müssen wir über Ausgleichszahlungen für die heimische Wirtschaft nachdenken.“