Billwerder. Neben der JVA Billwerder werden künftig auch Jugendliche ihre Haftstrafen absitzen. An den Plänen gibt es viel Kritik.
Neben der Justizvollzugsanstalt Billwerder am Dweerlandweg werden künftig auch jugendliche Straftäter ihre Strafen absitzen. Im Oktober 2019 brachte die Hamburgische Bürgerschaft das Projekt einstimmig auf den Weg.
Der Bau der neuen Jugendanstalt könnte im Sommer 2021 beginnen. Vorausgesetzt, der Flächennutzungsplan ist bis dahin geändert und das Bebauungsplan-Verfahren abgeschlossen. Dazu gehört auch die Beteiligung der Öffentlichkeit. Daher hatten Stadtentwicklungs- sowie Justizbehörde am Montagabend zur Plandiskussion ins Kulturheim am Mittleren Landweg eingeladen.
Neben zahlreichen Vertretern der Behörden und aus der Bergedorfer Politik war die Menge der interessierten Bürger allerdings überschaubar: Etwa 50 Stühle waren besetzt, zahlreiche blieben leer. Die Anwesenden hatten allerdings eine Menge zu sagen: Neben der Kritik am Standort wurden vor allem die Themen Verkehr, Sicherheit und Naturschutz thematisiert.
Standort
„Die ganze Stadt im Blick“. Mit diesem Slogan wirbt Bürgermeister Peter Tschentscher für die bevorstehende Bürgerschaftswahl. Die Bewohner von Billwerder können darüber nur lachen. Denn aus ihrer Sicht ist es Billwerder, das der Senat ganz besonders im Blick hat: Ob Gewerbegebiet Allermöhe, JVA Billwerder, Huckepackbahnhof, Flüchtlingsquartier im Gleisdreieck und Oberbillwerder – alles ist oder wird in direkter Umgebung entstehen. „Von Billwerder wird bald nichts mehr übrig sein“, sagt Peter Quaddel.
Verkehr
Die An- und Abfahrt zur Jugendanstalt – auch während der Bauphase – soll von Westen aus vom Unteren Landweg über Alten Landweg und Dweerlandweg erfolgen. Die Bewohner von Billwerder fürchten, dass trotzdem vom Mittleren Landweg aus und über landwirtschaftliche Wege gefahren wird. Vor allem in Kombination mit Oberbillwerder fürchten die Anwohner einen Verkehrskollaps. Laut der Planer soll es keine Probleme geben. Der Verkehr soll laut Prognosen problemlos nach Westen abfließen können und auch nicht mit Oberbillwerder kollidieren, da der Bau der Jugendanstalt dem Mega-Projekt in Oberbillwerder deutlich voraus ist.
Sicherheit
Bereits jetzt sei das subjektive Sicherheitsgefühl der Anwohner des Billwerder Billdeichs schlecht, werde von nächtlichen Hubschraubereinsätzen und Schüssen im Naturschutzgebiet Boberg berichtet, finden Landwirte auf den umliegenden Feldern der JVA Abschussrampen, mit denen Dinge über die Mauern zu den Gefängnisinsassen geschossen werden sollen. Bisher bietet die JVA Billwerder 772 Haftplätze für Männer und Frauen. in der Jugendanstalt soll es 200 Haftplätze im geschlossenen Vollzug, 20 Plätze im Jugendarrest und 18 Haftplätze im offenen Vollzug geben. „Ein offener Vollzug in der Nachbarschaft trägt nicht dazu bei, dass das Sicherheitsgefühl steigt“, meint Jan Diegelmann. Laut Projektplaner Maximillian Fink ist der offene Vollzug der letzte Schritt vor der Freiheit, wichtig für die Resozialisierung. Man würde mit hohen Sicherheitsvorkehrungen planen – auch während der Bauarbeiten. „Kein einziges Fahrzeug kann unangemeldet anfahren, jede Bewegung wird koordiniert.“
Naturschutz
Die Jugendanstalt soll auf gut sechs Hektar entstehen, die landwirtschaftlich als Acker- und Grünland genutzt werden. Dadurch würde nicht nur weiteres Grün versiegelt, sondern Landwirte auch die Grundlage zum Wirtschaften genommen, kritisieren die Anwohner. Volker Dinse von der Umweltbehörde gab an, mit Landwirten im Gespräch zu sein, um für Ersatz in Billwerder zu sorgen. Ein Ausgleich für die versiegelten Flächen werde auf Hahnöfersand, dem heutigen Standort der Jugendanstalt, geschaffen. Der Mutterboden soll abgetragen werden, Gräben außerhalb der neuen Gefängnismauern neu gezogen werden.
In den Jahren 2026 oder 2027 könnte die neue Anstalt in Betrieb gehen. Ihr „garantierter Maximalpreis“ soll bei 164 Millionen Euro liegen. Dabei sei allerdings bereits ein „Sicherheitspuffer“ von 24 Millionen eingeplant, so Projektleiter Maximillian Fink.