Neuengamme. Neuengamme. Jörg Seemann (66) bricht manche Männerdomäne auf – Am Sonntag endet seine Regentschaft.

Die Vierländer Schützengesellschaft (VSG) proklamiert am kommenden Sonntag ab 18 Uhr ihren neuen König. Die Bekanntgabe des erfolgreichsten Schützen des rund 230 Mitglieder zählenden Vereins ist der Höhepunkt des Volks- und Schützenfestes auf dem Festplatz am Neuengammer Hausdeich 167. Wir sprachen mit dem scheidenden Stammschützenkönig Jörg Seemann (66) über seine Regentschaft.

Jörg Seemann legt großen Wert auf Tradition, „aber ich sehe das lockerer als andere“, betont der Noch-König des 427 Jahre alten Vereins. „Schließlich leben wir im 21. Jahrhundert, da gilt es, alte Strukturen aufzubrechen.“ Der 66-Jährige hat neben Karsten Sedlmair mit Ute Nözel auch einen weiblichen Adjutanten – für so manchen Kameraden ein Unding. Wie die Adjutanten bestimmt der König auch die Mitglieder seiner Reveille, der Gruppe zur Bewachung ihrer Majestät. Bisher waren es bei einem männlichen König immer Männer.

„Die Frauen packen kräftig mit an“

Jörg Seemann setzte sich auch hier über jahrhundertealte Traditionen hinweg und entschied sich für acht Frauen (und null Männer). „Bei der Bundeswehr sind doch auch Frauen“, sagt Seemann und schmunzelt. „Die Frauen packen bei uns im Verein kräftig mit an. Warum sollen sie sich dann nicht auch in meiner Reveille präsentieren dürfen?“ Er kenne die Frauen gut aus seiner Luftgewehrgruppe und aus seiner Rundenwettkampfgruppe, sagt der VSG-Rebell.

Die VSG-Frauen und Jörg Seemann sind sowieso ein spezielles Thema, berichtet der frühere Berufskraftfahrer: in seiner Wettkampfgruppe, einer von elf in der VSG, sei er der „Hahn im Korb“: Seit 30 Jahren ist er der einzige Mann in dem Team. Mit den sieben Frauen war „Der Siebenschläfer“, wie Seemanns Spitzname lautet, schon auf Ausflügen nach Mallorca und Sylt.

Jörg Seemann, der aus Curslack kommt und mit seiner Frau Helga (66) seit 35 Jahren in Reinbek lebt, trat 1971 in die VSG ein – und drei Jahre später wieder aus. „Damals musste ich auch sonnabends arbeiten. Weil ich deshalb nicht beim Umbau des Schießstands helfen konnte, gab es Genörgel.“

Sieben Jahre Trotz

Sieben Jahre war Seemann trotzig. Zu den Festen der VSG kam er trotzdem – „als Begleiter meiner Frau, die seit 1974 durchgehend Mitglied ist“. 1984 kehrte der Ehemann dann auch offiziell zu den Vierländer Schützen zurück. „Es hat mich immer wieder gezwickt.“ Zumal auch Seemanns Eltern und seine fünf Geschwister in dem Verein schossen.

„Ich wollte auch schon lange König werden. Das hatte nämlich bis auf meinen Schwager noch keiner aus der Familie geschafft.“

Neuen Fahnen und Wimpel

Heute ist die Familie auch durch Marcus Seemann (40), jüngstes der drei Kinder des Ehepaares, in der VSG vertreten. „Außerdem sind auch meine beiden Schwestern noch dabei.“ Der 66-Jährige engagiert sich seit 1990 auch im Vorstand, war unter anderem Jugendleiter und stellvertretender Vorsitzender, ist seit 1997 Sportleiter.

Pünktlich zum Schützenfest liegen neue Fahnen und Wimpel im typischen Grün-Weiß und mit Eichen-Logo vor. Bettina Wedemann bietet sie in ihrem Kaufhaus Vierlanden an (Neuengammer Hausdeich 260). Die Fahnen kosten – je nach Größe – 29 oder 49 Euro, für einen Wimpel werden 19 Euro fällig.