Ochsenwerder. Ochsenwerder. Biberratte aus Pumpwerkbecken befreit. Einsatzleiter: „Eigentlich werden diese Tiere gejagt.“
Ein Nutria, das in das Becken des Pumpwerks am Reitdeich/Ochsenwerder Norderdeich geraten war und sich nicht aus eigener Kraft aus der Anlage befreien konnte, hielt gestern, Freitag, 8.30 Uhr, die Besatzungen von zwei Feuerwehren in Trab. Weil in der Alarmierung von einem Biber die Rede war, rückten zudem Pressefotografen und drei Kamerateams an.
Zuerst war die Berufsfeuerwehr der Technik- und Umweltschutzwache aus der Innenstadt angerückt. Wegen mangelnder Ortskenntnisse alarmierten die Feuerwehrleute auch die FF Neudorf. Vor Ort gingen die Meinungen über den tierischen Einsatz auseinander: Während die Berufsfeuerwehr noch die Tauchergruppe hinzuziehen wollte, wunderten sich die Neudorfer darüber, dass kein Jäger alarmiert wurde – und machten sich an die aufwendige Rettungsarbeit.
Mit einem Kescher versuchten die Feuerwehrleute, das Tier zu fangen. Doch der Nutria tauchte immer wieder ab und schwamm davon, versteckte sich hinter einer Leiter, die hinab in das mehrere Meter tief gelegene Becken führt. Am Ende stellte ein Mitarbeiter der inzwischen ebenfalls informierten Wasserwirtschaft des Bergedorfer Bezirksamtes die Pumpen an, so dass die Biberratte aus dem Becken in die Gose-Elbe gespült wurde – zumindest vermutlich. Denn das Tier war nicht mehr zu sehen.
Herzzerreißende Schreie
Der Nutria war schon mindestens zwei Tage in dem Becken gefangen gewesen. Anwohner berichteten, dass sie aufgrund seiner herzzerreißenden, an ein Kind erinnernden Schreie nicht schlafen konnten.
Der Einsatz dauerte zweieinhalb Stunden und band ein Dutzend Einsatzkräfte. Henning von Dratel, Gruppenleiter der FF Neudorf, äußerte vor laufender Kamera darüber seinen Unmut: „Eigentlich werden diese Tiere gejagt und getötet.“
Dies bestätigt Björn Marzahn, Sprecher der Behörde für Umwelt und Energie: „Nutrias dürfen und sollen in Hamburg verstärkt geschossen werden, um Schäden an den Deichen zu vermeiden.“ Von April 2018 bis April 2019 wurden in Hamburg 313 Biberratten erlegt. In Niedersachsen waren es mehr als 10.000. Dort ist eine Schwanzprämie in Höhe von 8 Euro ausgesetzt.
Als Eindringlinge eingestuft
Die Europäische Union stufte Nutrias 2014 als Eindringlinge ein. Die Tiere stammen aus Südamerika. Durch die Flucht von Pelztierfarmen und durch Auswilderung konnten sie sich auch in Europa und auf weiteren Kontinenten stark verbreiten. Nutrias können erhebliche Schäden anrichten, indem sie Deiche und Uferbereiche, auch von Gräben, unterhöhlen.
„Am Vier- und Marschländer Hauptdeich haben sie noch keine Schäden angerichtet“, sagt Deichvogt Peter Stoof. „Die Gräben, in denen sie sich bewegen, liegen zum Glück nicht nahe genug am Deich.“ Der Ent- und Bewässerungsverband Marsch- und Vierlande hat hingegen massive Probleme mit den Tieren.
Steigerung von 17 Prozent
Die Feuerwehren in den Vier- und Marschlanden haben nur wenige tierische Einsätze, berichten die Bereichsführer Karsten Dabelstein und Sebastian Struss. „In den Marschlanden sind es fünf bis zehn pro Jahr“, sagt Struss. In den Vierlanden sei die Zahl kaum doppelt so hoch, berichtet Dabelstein. Der Hamburger Trend ist ein anderer: 964 -mal rückte die Feuerwehr 2018 aus, um Möwen, Katzen, Pferde und andere Tiere zu retten - eine Steigerung von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr.