Ochsenwerder. Ochsenwerder. Familienbetrieb Kaul schließt nach 125 Jahren. Zwei Jahre wurde vergeblich ein Nachfolger für die Bäckerei gesucht.
Heinrich Kaul, Urgroßvater der Brüder Wilfried (65) und Heinrich Kaul (69), gründete vor 125 Jahren die Bäckerei Heinrich Kaul am Ochsenwerder Elbdeich 347. Morgen, Sonntag, 8 bis 11 Uhr, öffnet der Traditionsbetrieb zum letzten Mal. Die Brüder wollen nach Jahrzehnten voller 70-Stunden-Wochen („doppelte Vollzeit“) nun kürzer treten. Einen Nachfolger gibt es nicht. „Wir haben zwei Jahre vergeblich gesucht“, sagt Heinrich Kaul.
Die Brüder Kaul – Heinrich ist Bäcker- und Wilfried ist Konditor-Meister – sind seit 30 Jahren Firmeninhaber. „Alle Vorfahren waren ebenfalls Bäckermeister und trugen den Vornamen Heinrich“, sagt Heinrich Kaul. Durch seinen Bruder Wilfried wurde der Konditoreibereich vor fast 50 Jahren deutlich ausgeweitet. „Damals hatte mein Mann im elterlichen Betrieb angefangen“, sagt Ehefrau Elke Kaul (63), „Mädchen für alles“, wie sie sagt. Sie seien alle „Allrounder“, die in allen Arbeitsbereichen mitwirken, fügt Heinrich Kaul hinzu.
Brötchen werden künftig zugekauft
Zu Beginn gab es in dem großen Haus auch eine Gaststätte. Die Eltern führten sie bis 1982 – und verlagerten sie dann in den Seepavillon am Warwischer Hinterdeich. Dort versorgen die Brüder, Elke Kaul und drei weitere Mitarbeiter nach wie vor Gäste mit Kaffee, Kuchen und auch warmen Speisen, die sie selbst zubereiten. „Die Brötchen werden wir allerdings künftig zukaufen“, sagt Heinrich Kaul. Etwa 100 Feiern pro Jahr werden dort ausgerichtet. „Wir würden auch gern an den Sonntagen regulär öffnen, aber wir finden kein geeignetes Servicepersonal“, sagt Wilfried Kaul.
Das Haus mit der etwa 600 Quadratmeter großen Backstube im Untergeschoss, dem Laden im Erdgeschoss und zwei Mietwohnungen im ersten Stockwerk ist verkauft, bis zum 1. Mai wird alles rausgeräumt. „Die Backstube ist bereits halb leer“, sagt Heinrich Kaul.
50 Leute entlassen
Das Personal (zehn Mitarbeiter) sei nun in Rente oder habe neue Anstellungen gefunden, berichten die Brüder. So wechselt etwa Bäckermeister Thomas Barfels (56), seit seiner Lehre in dem Familienbetrieb angestellt, zu Bäcker Bahn.
Um die Jahrtausendwende hatte die Firma rund 70 Mitarbeiter. „Damals haben wir drei Großkunden beliefert und zwei eigene Shops in Supermärkten betrieben“, sagt Wilfried Kaul. Doch Großabnehmer Edeka kündigte viele Verträge, auch den mit Kauls. „Daraufhin mussten wir 50 Leute entlassen. Das war keine schöne Zeit“, sagt der ältere Bruder.
Lieber denken die Kauls an ihre Kunden, vor allem Stammgäste: „Viele kennen wir seit Jahrzehnten. Hier haben ja ganze Generationen eingekauft“, sagt Elke Kaul. „Ein Klönschnack war fast immer drin.“ Und nun? Heinrich Kaul will erstmal so richtig ausschlafen „und in Ruhe frühstücken“.