Kirchwerder. Kirchwerder. Die Heilmittelerbringer klagen über akuten Fachkräftemangel. Schuld daran sei unter anderem das Schulgeld, das Azubis zahlen.
Auf dem Hamburger Rathausmarkt demonstrieren morgen, 15.30 Uhr, Logopäden, Physio- und Ergotherapeuten für die Abschaffung des Schulgeldes in den Gesundheitsfachberufen. Denn Auszubildende der sogenannten Heilmittelerbringer müssen bis zu 20.000 Euro aus eigener Tasche zahlen, um ihren Wunschberuf erlernen zu können. Das schreckt viele junge Menschen ab. Zumal sie nach der Ausbildung kein hohes Gehalt erwartet und die berufslebenslange Fort- und Weiterbildung ebenfalls viel Geld kostet. Die Folge ist ein dramatischer Fachkräftemangel. Auch die Praxen in den Vier- und Marschlanden sind davon betroffen, berichtet Thomas Hahn, Physiotherapeut in Kirchwerder.
Hahn betreibt mit zwei Berufskollegen die Praxis „Krankengymnastik in Vierlanden“ am Süderquerweg 155. In der Praxis sind vier weitere Physiotherapeuten tätig, zwei Angestellte und zwei Freiberufler. „Aber unsere vier Behandlungsräume sind nur sehr selten alle gleichzeitig belegt“, sagt Hahn. Dabei gebe es trotz sieben großer Praxen in den Vier- und Marschlanden – die Zahl der Praxen habe sich innerhalb von fünf Jahren verdoppelt – genug Nachfrage nach Physiotherapeuten, im Gegenteil sogar: „Wir können den großen Bedarf nicht decken“, sagt der 46-Jährige.
Lange Wartezeiten die Regel
Ein bis zwei Wochen Wartezeit seien bei der Terminvergabe eher die Regel als die Ausnahme. „Doch die Rezepte der Ärzte sind nur 14 Tage gültig. Das ist schwer, umzusetzen.“ Oft gelinge es nicht, dann müssten neue Rezepte angefordert werden. „Das ist für die Patienten und für uns eine arbeitsintensive Angelegenheit“, klagt Hahn.
Auch wegen des bürokratischen Aufwands arbeiten die Physiotherapeuten vom Süderquerweg allesamt mehr, als sie eigentlich wollen, „die Überstunden häufen sich“. Hahn und seine Kollegen suchen händeringend Verstärkung, „mindestens eine 30-Stunden-Kraft“.
Nur ein Bewerber
Trotz intensiver Suche via Agentur für Arbeit, Jobbörsen und Stellenmärkten im Internet gab es nur einen Bewerber, berichtet Hahn. Wundern tut ihn dies nicht: „Es ist schwierig, als angestellter Physiotherapeut seine Familie zu ernähren.“ Das Problem habe auch die Politik erkannt, die Druck auf die Krankenkassen ausübe. „Seit Ende 2017 gab es drei deutliche Erhöhungen der Behandlungsvergütungen. Davon profitieren die Angestellten.“
Bei der morgigen Demo , zu der insgesamt 800 Teilnehmer erwartet werden, geht es wiederum um die Abschaffung des Schulgeldes. „Erste Bundesländer wie Schleswig-Holstein und Bayern finanzieren die Ausbildungskosten selbst, bis der Bund handelt“, sagt Linda Lücke, Hamburger Diplom-Lehrlogopädin.
Weitere Infos im Internet
www.therapeuten-am-limit.de