Altengamme/Camarillo. Philipp Mohr (21) absolviert ein Auslandssemester in den USA. Nicht nur Waldbrand, auch Amoklauf in der Nähe.
Ein halbes Jahr im Golden State der USA leben, touristische Hotspots wie das Death Valley oder Santa Monica besuchen und an der California State University Channel Islands (CSUCI) in Camarillo das Studentenleben genießen: Das waren Philipp Mohrs Pläne, als er im August nach Amerika aufbrach. Für ein Auslandssemester paukt der Sportjournalismus-Student aus Altengamme in den USA – und befindet sich plötzlich inmitten der schlimmsten Feuer-Katastrophe, die Kalifornien je erlebt hat. „Sonst nimmt man diese Meldungen nur beiläufig wahr, und nun ist man auf einmal mittendrin“, sagt der 21-Jährige.
Das Feuer mit mindestens 44 Todesopfern innerhalb von einer Woche hat an der Westküste Tausende Häuser zerstört und Hunderte Quadratkilometer Wald abgebrannt. Auch an der California State University forderte es schon am ersten Tag seinen Tribut: Für Philipp Mohr hatte der Unitag gegen 15 Uhr gerade erst begonnen. „Auf dem Hinweg sind uns schon große Rauchwolken hinter der Uni in den Bergen aufgefallen“, berichtet Mohr. Nur eine gute halbe Stunde später wurde der Campus evakuiert: „Die Luft, der Rauch und die Sicht. Das war schon heftig. Man konnte kaum atmen.“ Studenten, die auf dem Campus wohnen, trugen innerhalb kürzester Zeit sämtliche Sachen aus ihren Wohnungen. „Darunter Staubsauger und erstaunlich viele Goldfische“, erzählt Mohr.
Amoklauf am Abend vor dem Feuer
Dabei hatten die Stundenten an diesem Tag bereits eine weitere Tragödie zu verkraften: Am Abend zuvor war in einer Bar im benachbarten Ort Thousand Oaks ein 28-Jähriger Amok gelaufen und hatte 13 Menschen erschossen. Kommilitonen von Philipp Mohr verloren dabei gute Freunde, ein deutscher Bekannter verließ die Feier, kurz bevor der Schütze kam.
„Es kam alles auf einmal. Die Schießerei, Waldbrand, Evakuierung. Da wäre man schon lieber zu Hause in Altengamme gewesen und hätte das ganze aus sicherer Entfernung in den Nachrichten verfolgt“, sagt Mohr.
Von dem Haus in Oxnard, etwa 45 Kilometer von Malibu entfernt, wo er in einer Fünfer-WG wohnt, sind abends die Flammen in den Bergen zu sehen. An einem nahen Einkaufszentrum kann man Hubschrauber beobachten, die Wasser nachtanken und wieder Richtung Feuer fliegen.
Normalität inmitten des Feuers
Auch eine Woche später bleibt die Uni geschlossen. Es wird geraten, Türen und Fenster geschlossen zu halten und die eigene Wohnung nicht zu verlassen. Dennoch habe man gelernt, damit zu leben, so Philipp Mohr. „Es mag komisch klingen, aber die Normalität ist inzwischen wieder eingekehrt. Es brennt ein paar Kilometer weiter, aber für uns geht das Leben weiter“, sagt der Student, der zu Hause Ligamanager der Fußballer des SV Altengamme ist.
Für seine Familie, die in mehr als 9000 Kilometern Entfernung die Geschehnisse in der Nähe ihres Sprösslings verfolgt, sei die Situation nicht wirklich angenehm. „Aber ich versuche regelmäßig Entwarnung zu geben“, verspricht Philipp Mohr.
Heimatbesuch zu Weihnachten und Silvester
Bevor es im Januar zurück nach Hamburg geht, soll es in Kalifornien ein Wiedersehen geben: Über Weihnachten und Silvester haben seine Eltern und sein Bruder ihren Besuch angekündigt. „An Weihnachten gibt es also ein Stück Heimat“, sagt der 21-Jährige.